Inhaltsverzeichnis zu Kommentare:

Vor Beginn der Berufsausbildung
Zwischen Vertragsabschluss und erstem Ausbildungstag (25. Februar 2015)

- Alles andere als schwer von Begriff
Ausbilderinnen und Ausbilder und ihre Begriffe (13. Januar 2015)

- Jahreswechsel 2014 zu 2015
Ein Jahr ohne Kommentare. (30. Dezember 2014)

- Jahreswechsel 2013 zu 2014
Jahre werden zur Belastung. (30. Dezember 2013)

- Weihnachten 2013
Was ist aus der Romantik des Festes der Liebe geworden?. (22. Dezember 2013)

Sprache im Beruf
Die Berufswelt ist mehrsprachig. (5. Dezember 2013)

- »Lesen, schreiben und rechnen wie Zehnjährige«
Deutschlands Erwachsene lesen und rechnen im internationalen Vergleich nur mittelmäßig. (14. Oktober 2013)

- »Tu felix Austria«
Was wir von Österreich lernen können. (25. September 2013)

- »Warum in die Ferne schweifen?«
Ein Auslandspraktikum mit Leonardo da Vinci. (28. August 2013)

- »Wer da sucht, der findet.«
Der Ausbildungsmarkt ist gespalten. (17. Mai 2013)

- Extrinsische Motivation
Tarifliche Ausbildungsvergütung 2012 kräftig gestiegen (10. Februar 2013)

- Weihnachten 2012
Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen (20. Dezember 2012)

- Jahr für Jahr das gleiche Spiel
Etwa jeder fünfte Auszubildende gibt seine Ausbildung vorzeitig auf. (12. Dezember 2012)

- »Von Zahlen und Figuren«
Zur jüngsten Ausgabe der OECD-Publikation „Bildung auf einen Blick“ (11. Oktober 2012)

- »Ohne Druck geht nichts!«
Zwang und Motivation auf dem Weg zum Erfolg? (31. August 2012)

- »Was gibt es Neues im Blätterwald?«
Wer nicht liest, wird schnell fachlich abgehängt (31. Juli 2012)

- Brücke oder Warteschleife?
Die Metaphorik des Übergangssystems (30. April 2012)

- »Input oder Output, das ist hier die Frage.«
Aussagefähigkeit und Verlässlichkeit von formalen Bildungsabschlüssen (13. April 2012)

- »Ein Gespenst geht um in Deutschland - der Fachkräftemangel«
Der Fachkräftemangel stellt die Wirtschaft vor große Herausforderungen (30. März 2012)

Einigung zum DQR. Siehe unter 18. Dezember 2011!
Die Diskussion um den Deutschen Qualifikationsrahmen ist vorerst abgeschlossen. (07. Februar 2012)

Dilettantismus oder Professionalität?
Methodenkompetenz unter Ausbilderinnen und Ausbildern (31. Januar 2012)

- Alle Jahre wieder.
Weihnachten unter Palmen. (24. Dezember 2011)

Wie gut wird, was lange währt?
Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR). (18. Dezember 2011)

- Jetzt suchen sie wieder.
Der Ausbildungsstellen-Markt gerät in Bewegung. (18. November 2011)

- Zum Ausbilden geboren.
Werden Ausbilder geboren oder gemacht – und wenn ja, von wem? (27. September 2011)

- Politik und Bürgernähe.
Was aus einer Petition geworden ist (12. Februar 2011)

- Alles hat ein Ende, auch die Prüfertätigkeit.
Zu meinem Abschied von der Ausbildereignungsprüfung (29. Januar 2011)

- Und wieder einmal: Gute Wünsche zum Jahreswechsel.
Was ich noch sagen wollte. (31. Dezember 2010)

- Was Assoziationen so anrichten können.
Bildungsgänge am Übergang von Schule zur Berufsausbildung (22. Oktober 2010)

- Geburtstage sind ab einem gewissen Alter Schicksalsschläge.
Was mein 80. Geburtstag bei mir auslöst (September 2010)

- Für die Berufsausbildung nicht geeignet – Jugendliche ohne Schulabschluss
Versagen die Schulen bei der Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung? (10. März 2010)

- Gute Wünsche zum Jahreswechsel.
Ein Jahr geht zu Ende, ein neues beginnt. (31. Dezember 2009)

- »Außer Spesen nichts gewesen!«
Manche Gipfel kreißen, gebären aber nicht einmal eine Maus. (23. Dezember 2009)

- Fortbildungsordnungen für Ausbilderinnen und Ausbilder
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat zwei Fortbildungsordnungen für Bildungspersonal in Betrieben erlassen. (03. September 2009)

- Nachdenkliches zum Schuljahresbeginn
Deutschland spart - am falschen Platz. (13. August 2009)

- »Wenn zwei dasselbe tun ...«
Kooperation und Konkurrenz in der beruflichen Bildung (03. Juli 2009)

- »Alter Wein in neuen Schläuchen!«
Was ist drin, wenn Ausbildungssituation drauf steht? (28. Juni 2009)

- »Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!«
Der Ausbildungsstellenmarkt leidet unter der Wirtschaftskrise. (18. Juni 2009)

- »Man kann gar nicht so viel essen, wie man ...«
Prämiengutscheine zeigen, was der Bundesregierung die Fortbildung der Arbeitnehmer wert ist. (23 April 2009)

- »Alte Herren am Fuße der Leiter!«
Auszubildende beginnen immer später mit der Ausbildung. (20 März 2009)

- »Im ganzen - haltet Euch an Worte!«
Wie die neue Ausbilder-Eignungsverordnung mit Wörtern spielt. (13. Februar 2009)

- »Zum Jubeln ist es noch zu früh!«
Am 29. Januar 2009 wurde im Bundesgesetzblatt eine neue Ausbilder-Eignungsverordnung veröffentlicht.(6. Februar 2009)

- »Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.«
Der alte Seneca und die Folgen (16. Januar 2009)

- Gute Wünsche zum Jahreswechsel.
Ein Jahr vergeht, ein neues beginnt. Wie wird es enden? (31. Dezember 2008)

- Vom Gehen und Kommen
Bleibt die Ausbildereignungsprüfung ausgesetzt - und wenn ja, wie lange? (08. Dezember 2008)

- Schaufensterveranstaltung oder Aufbruch?
Der Bildungsgipfel hinterlässt wenig Hoffnung. (23. Oktober 2008)

- »Parallelität der Ereignisse«
Wohin das Geld fließt, wenn es fließt! (16. Oktober 2008)

- »Fragender oder Bittsteller?«
Die Art der Antwort ist die Lösung des Rätsels! (10. Oktober 2008)

- »Quo Vadis Instructor?«
Wie soll es weitergehen Ausbilderin und Ausbilder? (05. August 2008)

- »Die Hoffnung stirbt zuletzt!«
Deutschlands Schulen nach dem Pisa-Schock (20. Juni 2008)

- Der Ausbildungsmarkt verlangt Grundsatzentscheidungen
Das Thema Berufsbildung ist auf der Tagesordnung der Politiker nach hinten gerutscht (22. Mai 2008)

- »So jung und doch schon Altbewerber«
Immer neue Fördermittel zur Auflösung der Warteschleife (12. April 2008)

- »Anrechnungsverordnungen R.I.P.«
Kann die Ausbildungszeit noch verkürzt werden? (14. März 2008)

- »Was hat's denn nun gebracht?«
Ergebnisse der Aussetzung der Ausbilder-Eignungsprüfung untersucht (04. März 2008)

- »Mit vollen Händen lasst uns geben!«
Kosten und Erträge der Berufsausbildung in den Unternehmen (20. Februar 2008)

- »Zwei Singles oder ein Paar?«
Wie dual ist das duale System der beruflichen Bildung? (20. Januar 2008)

- Flickschuster betreiben Flickwerk.
Vom Stolz der Einen und vom Elend der Anderen. (03. Januar 2008)

- Gute Wünsche für 2008
Ich habe mir längst abgewöhnt, Weihnachtskarten über die Welt zu streuen, aber zum Neuen Jahr habe ich etwas Passendes in der Literatur gefunden. (31. Dezember 2007)

- Nachdenkliches zum Jahreswechsel.
Wo der Markt und der Staat versagten. (31. Dezember 2007)

- Herbstgedanken.
Die Tage werden kürzer, auch ihre Zahl. (01. Oktober 2007)

- Nicht jeder Prozeß endet mit einem Urteil.
Bologna, Lissabon, Agora: Die zunehmende Bedeutung lebenslangen Lernens (11. September 2007)

- Was den Hochschulen recht ist, scheint den Unternehmen billig
Der Numerus Clausus auf dem Weg zur Ausbildung heißt Ausbildungsreife (27. August 2007)

- »Vom Sommerloch und anderen Löchern«
Fortbildung in Urlaub und Freizeit für Arbeitnehmer in Deutschland (07. August 2007)

- Das Lückentrilemma auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt
Das duale System der Berufsausbildung steckt in einer tiefen Krise. (11. Juni 2007)

- Von Erfolg und Misserfolg: Die Aussetzung der Ausbilder-Eignungsprüfung
Was wir jetzt schriftlich haben und aus erster Hand! (03. Mai 2007)

- Vom Europa der Vielfalt zur Einfalt Europa
Fünfzig Jahre Europäische Einheit und die Bildungsvielfalt (27. März 2007)

- Evaluation der Aussetzung der AEVO
Muss der Schaden erst bewiesen werden, den man hätte vermeiden können? (05. Januar 2007)

- Neujahrswünsche
Auf ins neue Jahr, auf nach 2007! Meine besten Wünsche begleiten Sie! (25. Dezember 2006)

- »Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe!«
Was (manche) Ausbilder selbst nicht können, Auszubildende aber können sollten. (5. Oktober 2006)

- »Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen!«
Die Bedeutung der Beurteilung von Auszubildenden für den Ausbildungserfolg. (2. Juli 2006)

- »Passt, wackelt und hat Luft!«
Freistellung volljähriger Auszubildenden für die Berufsschule. (11. Juni 2006)

- Ein Blick über den Tellerrand
Berufsbildung in anderen Industrieländern. (29. April 2006)

- » ... Laßt mich auch endlich Taten sehn!«
Bundesministerin Schavan setzt Innovationskreis für Berufliche Bildung ein. (09. April 2006)

- Wer fürchtet sich vorm EQF?
Der Europäische Qualifikationsrahmen und die berufliche Bildung in der Bundesrepublik Deutschland (20. März 2006)

- Jahreswechsel 2005/06
Nachdenkliches und gute Wünsche (18. Dezember 2005)

- Wiedersehen macht Freude oder aber nicht.
Von der Unzuverlässigkeit der Sprichwörter (31. Oktober 2005)

- Geburtstage sind die Punkte, die unsere Lebenslinie bilden
Dank für die vielen guten Wünsche zu meinem Geburtstag (13. September 2005)

- Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selber gefälscht habe.
Was hat Winston Churchill mit der Ausbildungsplatz-Lücke in Deutschland zu tun? (13. August 2005)

- Man soll dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden!
Wird eine Reduzierung der Ausbildungsvergütung die Berufsausbildung aufwerten? (03. August 2005)

- Auslaufmodell duale Berufsausbildung?
Die Berufsausbildung des Exportweltmeisters Deutschland ist ein Ladenhüter. (25. Juli 2005)

- Die Tragödie verkommt zur Farce
Auch in diesem Jahr droht ein Engpass auf dem Ausbildungsmarkt, bundesweit. (07. Juni 2005)

- Manches kann man lernen aber nicht lehren, z.B. Sozialkompetenz.
Sozialkompetenz – eine Tausend-Dollar-Note aus der Schatzkammer der idealistischen Pädagogik oder das Hartgeld, mit dem sich die Probleme in Ausbildung und Fortbildung kompetent, effektiv und effizient lösen lassen? (01. Mai 2005)

- Mit Worten lässt sich trefflich streiten.
Wie widersprüchlich Fachleute das Berufsprinzip im neuen BBiG sehen. (20. April 2005)

- Es kreißt der Berg und gebiert eine Maus.
Hoffnungen und Enttäuschungen: Gedanken zur Reform des Berufsbildungsgesetzes. (04. April 2005)

- Soll das Werk den Meister loben ....
Der Bundesrat hat dem Berufsbildungsreformgesetzt am 18. Februar 2005 zugestimmt. (01. März 2005)
Siehe auch "Berufsbildungsreformgesetz ante portas" und "Leitlinien und Eckwerte".

- Herbstgedanken
Mit den Blättern fällt auch die Hoffnung auf den Endspurt auf dem Ausbildungsmarkt. (8. November 2004)

- Glauben und beten
Regierung und Wirtschaftsverbände hoffen für den Ausbildungspakt auf den Endspurt. (7. September 2004)

- Ein Urteil lässt aufhorchen
Föderalismus und Berufsbildung (1. August 2004)

- Ein Mythos wird 30
Was wird aus den Schlüsselqualifikationen? (1. Juli 2004)

- Leitlinien und Eckwerte - Reform der Berufsausbildung
Vor der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (15. Juni 2004)

- Die jährliche Tragödie
Das Trauerspiel um die Ausbildungsplätze (15. Mai 2004)

- Nachdenkliches zur Zukunft (22. April 2004)


Kommentare

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25. Februar 2015

Vor Beginn der Berufsausbildung

Zwischen Vertragsabschluss und erstem Ausbildungstag

vor Beginn der Ausbildung
Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der übereinstimmenden Willenserklärung der Vertragspartner. Bevor die Ausbildung aber wirklich beginnt, also vor dem ersten Ausbildungstag, haben die Vertragspartner eine Reihe von formellen Verpflichtungen zu erfüllen:
• Der Ausbildende muss unverzüglich die wesentlichen Vertragsinhalte schriftlich niederlegen. Das geschieht in der regel auf dem Vertragsformular der zuständigen Stelle.
• Beide Parteien müssen den Berufsausbildungsvertrag unterschreiben. Vertragspartner sind der Ausbildende und der Auszubildende. Bei noch minderjährigen Auszubildenden müssen auch die Erziehungsberechtigten unterschreiben.
• Der Ausbildende muss je eine Ausfertigung des schriftlich niedergelegten und unterschriebenen Vertrages an den Auszubildenden und evtl. an dessen gesetzlichen Vertreter aushändigen.
• Der Ausbildende muss die Eintragung des Berufsausbildungsvertrages bei der zustündigen Stelle beantragen. Diese kann die Eintragung aus rechtlichen Gründen ablehnen, muss das aber gegenüber dem Ausbildenden begründen.
• Sofern der Auszubildende noch Jugendlicher ist, muss er spätestens zum Beginn der Ausbildung die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung nach § 32 JArbSchG vorlegen, sonst darf mit der Ausbildung auf keinen Fall begonnen werden.

Bereits vor dem ersten Ausbildungstag beginnt die Einführung des Auszubildenden in das Unternehmen - ein sehr sensible Prozess, von dessen Erfolg oft das Gelingen der gesamten Ausbildung abhängt.
Dazu habe ich eine Broschüre veröffentlicht, die ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle:
"Einführung der Auszubildenden in das Unternehmen"
Friedrich Kiehl Verlag, Herne 2011, 22 Seiten, € 4,90, ISBN 978-3-470-69951-6


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13. Januar 2015

Alles andere als schwer von Begriff

Ausbilderinnen und Ausbilder und ihre Fachbegriffe

Die da und dort entstandene Diskussion um mein Buch zur Prüfungsvorbereitung und die vier Handlungsfelder der AEVO überrascht mich so sehr, dass ich hier etwas klarstellen will.
Das Buch heißt "Die Ausbildereignungsprüfung" und trägt den Untertitel "Vorbereitung auf die schriftliche und praktische Prüfung". Sein Inhaltsverzeichnis lässt die vier Stufen nicht unmittelbar erkennen - und das ist auch Absicht. Der schriftliche Teil der Prüfung erfolgt schon seit rund 15 Jahren nicht mehr nach Handlungsfeldern geordnet, sondern nach Ausbildungssituationen quer über die Handlungsfelder. Dieser Intention, die genau so in §4 Abs.2 Satz 1 AEVO niedergelegt ist, folgt auch mein Buch zur Vorbereitung auf die Prüfung. Leserinnen und Leser finden dort also Fallstudien, Rollenspiele und Situationsaufgaben, von denen sich fast alle nicht einfach einem Handlungsfeld zuordnen lassen. Die Übungsaufgaben entsprechen in Form und Inhalt der Aufgabenstellung, wie sie in den überregionalen Aufgabensätzen des DIHT benutzt werden. Es wird eine Ausbildungssituation beschrieben und dazu werden Aufgaben zur Lösung gestellt.
Aufgaben nach den einzelnen Handlungsfeldern zu stellen, wäre gerechtfertigt, wenn es sich dabei um Erfolgssicherung in einem Lehrgang oder auch in einem Lehrbuch handelte. Das ist aber mein Buch zur Vorbereitung auf die Ausbildereignungsprüfung nicht, vielmehr baut es darauf auf. Ohne die vorherige Erfolgssicherung wäre die Vorbereitung auf die Prüfung gefährlich, man könnte sogar mit falschen Lernergebnissen schließlich in die Prüfung gehen.
Zur begrifflichen Klarheit: Erfolgssicherung besteht aus wiederholen, üben und anwenden der unterrichteten oder unterwiesenen Lerninhalte. Vorbereitung auf die Prüfung orientiert sich an Inhalt und Struktur der Prüfung und setzt die Lernerfolgssicherung voraus. Die Prüfung selbst ist dann die Lernerfolgskontrolle.
Sollten Sie sich jetzt noch immer mit meinem Buch auf die Ausbildereignungsprüfung vorbereiten wollen, wünsche ich Ihnen viel Erfolg dabei und für die Prüfung selbst natürlich auch.
Wenn wir nicht zulassen wollen, dass der Berufs- und Arbitspädagogik die Wissenschaftlichkeit abgesprochen wird, dann müssen wir uns vor allem an klare Begriffe halten.
Lassen Sie mich zur Unterstützung meines Anliegens wieder einmal das (ironische) Goethezitat aus Faust I, Studierzimmer, benutzen:

Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.



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30. Dezember 2014

Ein Jahr ohne Kommentare


Vor Jahreswechsel 2014 zu 2015
Als Leserinnen und Leser meiner website waren Sie lange Zeit gewohnt, einigermaßen regelmäßig Kommentare von mir zu lesen. 2014 habe ich nichts geschrieben. Dafür gab es zwei Gründe. Erstens hat mich der Tod meiner lieben Frau verstummen lassen und zweitens ist meine Gesundheit immer instabiler geworden."Ich bin nicht ganz gesund, aber Gott sei Dank, bin ich auch nicht wirklich krank", das habe ich mir mal irgendwo aufgeschrieben, finde aber die Quelle nicht mehr. Es trifft jedoch meinen Zustand ganz gut. Es sind die vielen kleinen Wehwehchen, die einem im Alter das Leben verleiden, nicht die wirklichen Krankheiten. Und da sind auch die Gänge zu den Ärzten, so viel verplemperte Zeit. Soweit es meine körperliche Verfassung erlaubt, werde ich mich im neuen Jahr (2015) wieder zu Wort melden.


Die Kerzen sind bald abgebrannt,
Die Kugeln schon vom Baum gerollt.
Was jetzt kommt, liegt doch auf der Hand,
Auch wenn ich selbst es nicht gewollt.

Ein Neues Jahr macht sich bereit,
Es hat den Fuß schon in der Tür.
Es bietet Schutz uns und Geleit,
Und Glück und Frieden für und für.

Auch wenn ich selber äußerst skeptisch bin,
Zu oft hat mich die Hoffnung schon betrogen,
Wünsch ich Euch allen da draußen zum Beginn,
Das Neue Jahr sei Euch zwölf Monde lang gewogen

Erwartet nicht zu viel vom Neuen Jahr,
Bleibt auf dem Boden mit den Füßen..
Lasst nicht betrügen euch - fürwahr,
Dann könnt 2016 als Glückskind Ihr begrüßen..


Ihnen, liebe Besucherinnen und Besucher meiner website, wünsche ich ein gutes Jahr 2015.
Mögen alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.
Adalbert Ruschel



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30. Dezember 2013

Jahre werden zur Belastung


Jahreswechsel 2013 zu 2014
Jede Sylvesternacht steht für einen Wechsel von Erinnerung zu Erwartung. In diesem Jahr überwältigen mich die Erinnerungen, die Erwartungen wollen nicht aufkommen. Nachdem wir mehr als fünfzig Jahre miteinander glücklich waren und sie vier Jahre gegen den Krebs gekämpft hatte, starb am 18. März 2013 meine liebe Frau. Seither ist nichts mehr so, wie es einmal war.

In memoriam Saddy

Die Welt ist arm geworden.
Ein leichter Himmel deckt Dich zu.
Du hast die Deine gefunden,
Ich suche noch nach Ruh'.

Ihnen, liebe Besucher meiner website, wünsche ich ein gutes Jahr 2014. Mögen alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.



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22. Dezember 2013

Was ist aus der Romantik des Festes der Liebe geworden?


Weihnachten
(Frei nach herrn von Eichendorff)

Markt und Straßen voll Gebimmel,
Jedes Haus ein Weihnachtsbaum,
Sinnend geh' ich durchs Gewimmel,
Aus ist's mit dem Kindleinstraum.

An die Fenster haben Händler
Sterne aus Staniol gepinnt,
Angespannt hofft jeder Ständler,
Dass der Umsatz Fahrt gewinnt.

Soll ich wandern aus den Mauern
Bis hinein ins freie Feld?
Packt mich dort das heil'ge Schauern
Von dem Eichendorff erzählt?

Kann die Sternlein nicht mehr sehen.
Glühwein gibt's statt Einsamkeit.
Lasst uns schnell nach Hause gehen,
Die Bescherung steht bereit.


Nachdenkliche und besinnliche Weihnachten 2013
wünsche ich allen Besuchern meiner web-site
Adalbert Ruschel



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5. Dezember 2013

Sprache im Beruf

Die Berufswelt ist mehrsprachig.

Wir wissen es natürlich alle, nämlich, dass jeder Beruf, dass jedes Fach in der Schule seine eigene Sprache hat. Aber denken wir auch immer daran? Natürlich nicht, warum auch? Die meisten Berufstätigen wechseln zwischen Alltags- und Berufssprache problemlos hin und her. Aber nicht alle. Und nicht nur Migranten haben damit ihre Schwierigkeiten. Jeder Mensch entwickelt früh seine sprachliche Variationsbreite. Da gibt es Ideolekte, Dialekte, Regiolekte, Soziolekte und nicht zuletzt Funktiolekte, das sind „sprachliche Großbereiche“, die unter anderem unterschiedliche Funktionen erfüllen, z.B. Zeichensprache, Wissenschaftssprache, Bildungssprache oder eben auch Berufssprache.
"Mehrsprachigkeit" ist also bereits ein Merkmal der Muttersprache.
Das Sprachbündel, das ein Mensch beherrscht, bestimmt seine Identität und damit seinen gesellschaftlichen und beruflichen Erfolg.
Unter "Mehrsprachlichkeit" verstehen wir inzwischen zweierlei:
1. das Nebeneinander verschiedener Sprachen in einem geografischen Raum,
2. die Fähigkeit eines Menschen, sich in mehreren Sprachen kompetent ausdrücken zu können.
Die Europäische Union zählt in ihrer Verwaltung 24 Amtssprachen. Hinzu kommen rund sechzig Regional- bzw. Minderheitensprachen. Nicht genug damit, leben hier Zuwanderer aus etwa 175 Nationen mit ihren Sprachen und Kulturen.
In fast allen EU-Staaten lernen inzwischen nahezu 100 Prozent aller Schülerinnen und Schüler Englisch als Zweitsprache. Bereits im März 2002 hat der Europäische Rat als Ziel formuliert, dass in der EU bis 2020 jedes Kind vom frühesten Alter neben der Muttersprache zwei weitere Sprachen lernen soll. Ein ehrgeiziges Ziel. Wie sieht es damit in Deutschland aus?
Wir wenden viel Geld und Mühen auf, um Schüler - in der Regel ab der fünften Klasse - mehrsprachlich zu bilden. Gleichzeitig unterdrücken wir aber die mehrsprachlichen Ressourcen, welche Migrantenkinder bereits in den Kindergarten mitbringen. Mehrsprachlichkeit sollte in unseren Kindergärten, Schulen und im Berufsleben aus den bereits bestehenden Wurzeln gefördert und nicht erst als Aufgabe systematischen Fremdsprachenunterrichts gesehen werden. Dieser Aufgabe werden sich auch Ausbilderinnen und Ausbilder in den Betrieben stellen müssen. Vielleicht nicht alle, aber immer mehr.


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14. Oktober 2013

»Lesen, schreiben und rechnen wie Zehnjährige«

Deutschlands Erwachsene lesen und rechnen im internationalen Vergleich nur mittelmäßig.

Die verschiedenen PISA-Studien zu Kenntnissen und Fertigkeiten deutscher Jugendlicher haben im "Land der Dichter und Denker" einen gewaltigen Schock ausgelöst und emsige Geschäftigkeit, sogar "Bildungsgipfel"! Jahre sind ins Land gegangen, kleine Erfolge hier und da erzielt worden, aber am Grundübel hat sich seither nichts verändert, zumindest nichts ins Positive.
Jetzt untersuchte die OECD PIAAC-Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) erstmals die Lese-, Rechen- und Problemlösekompetenzen der 16- bis 65-Jährigen in 24 Industrieländern.
Und siehe da: Mit den Basiskompetenzen ist es in Deutschland auch bei diesem Bevölkerungsteil nicht gut bestellt. 17,5 % der Erwachsenen können demnach bestenfalls auf dem Niveau von Zehnjährigen lesen und Texte verstehen. Auch der viel zitierte Rechenmeister Adam Riese muss sich im Grab umdrehen, denn sogar in den alltäglich gebrauchten Rechenkenntnissen schneiden die deutschen Erwachsenen kaum besser ab. 18,5 % der getesteten Bevölkerung in Deutschland schaffen nicht mehr als einfaches Zählen und Sortieren.
Was ist denn los mit uns Deutschen?
Gerne wird immer wieder auf die "Problemgruppen" in unserem Land hingewiesen, die den Leistungsschnitt im weltweiten Vergleich heftig nach unten ziehen. Wer aber geglaubt hat, unser Ungleichheit förderndes Schulsystem würde auf der anderen Seite Spitzenleistungen hervor bringen, muss sich von der neuen Studie eines Besseren belehren lassen: Auch in den oberen Leistungsgruppen schließt unser Land nicht gut ab.
Nicht nur Gewerkschaften kritisieren das Ergebnis der Studie als Beleg für fehlende Chancengleichheit. Es ist unübersehbar, dass Deutschland auseinander driftet, nicht nur im Bildungsbereich. Der dürfte sogar zu dieser Entwicklung erheblich beitragen. Georg Escher machte sich in den Nürnberger Nachrichten Sorgen um die "Temperatur" dieser Gesellschaft und kommt zu dem Ergebnis: "In Deutschland wird es kälter." Ich werde ihm da nicht widersprechen.


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25 September 2013

»Tu felix Austria!«

Was wir von Österreich lernen können.

Der Übergang von der Schule in das Berufslebven gelingt in Deutschland inzwischen etwas besser als in früheren Jahren, doch bei weitem noch nicht gut genug. Die Korrelation von Ausbildungsplatznachfrage und -angebot hat sich zugunsten der Nachfrage entwickelt. Die Zahl der jungen Leute in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ist von 418.000 im Jahre 2005 auf gut 267.000 im vergangenen Jahr gesunken. Während es also so scheint, als hätte in Deutschland kaum mehr jemand ein Problem beim Berufseinstieg, werben Fachleute weiter für die Reform des so genannten Übergangssystems, denn der erhoffte Übergang von einer "Maßnahme" in eine reguläre Ausbildung gelingt eher selten. Fachleute sprechen inzwischen bereits von "zwei Welten" mit wenig Berührungspunkten. Die Abstimmung zwischen den diversen Teilen funktioniert nicht ausreichend. Was uns fehlt, wäre ein grpßer Wurf, eine bundesweite Vereinheitlichung des Übergangssystems.
Unser Nachbarland Österreich ist uns bei vergleichbarem dualen System bereits einen großen Schritt voraus, hat bereits zum großen Wurf angesetzt. Dort gibt es für Jugendliche eine Ausbildungsgarantie. Für den Übergang spielt die "Überbetriebliche Berufsausbildung" in Kooperation mit Praxisbetrieben eine große Rolle. Auf diesem Weg finden die jugendlichen entweder doch noch einen Weg in die Regelausbildung oder die ÜBA selbst führt sie zum Berufsabschluss. Noch beteiligen sich die Unternehmen nicht an den Kosten der ÜBA, aber auch die Österreicher beginnen den Fachkräftemangel zu spüren.


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28. August 2013

»Warum in die Ferne schweifen?«

Ein Auslandspraktikum mit Leonardo da Vinci

Johann Wolfgang Goethe hat heute Geburtstag. Die leicht abgeänderte Frage aus seinem Vierzeiler „Erinnerung“ passt aber nicht nur heute, wenn es um die Berufsausbildung in Deutschland geht, auch wenn der Dichter sicher daran nicht gedacht hat. Für unsere Auszubildenden von heute wäre die Frage auch schnell und leicht zu beantworten: Erfahrungen im Ausland sind in der Zeit der Globalisierung gar nicht hoch genug einzuschätzen. Dennoch sammeln nur etwa 4 Prozent aller Auszubildenden eines Jahrganges Erfahrungen im Ausland. Zwischen 2008 und 2013 hat sich der Anteil zwar verdoppelt, ist aber immer noch verhältnismäßig niedrig. Haben die Unternehmen noch nicht erkannt, wie wichtig Auslandserfahrung auch für sie selbst sind? Dass diejenigen Betriebe, die ihren Auszubildenden ein Auslandspraktikum ermöglichen, damit gute Erfahrungen gemacht haben, zeigt jetzt eine Befragung der WSF Wirtschafts- und Sozialforschung bei 189 Unternehmen. Diese schätzen vor allem die persönliche Entwicklung der Auslandspraktikanten positiv ein, in erster Linie deren Selbstständigkeit und Engagement. Auch mehr als 80 Prozent der befragten Auszubildenden und Berufsfachschüler mit Auslandserfahrung gaben als persönlichen Gewinn mehr Selbstbewusstsein und bessere Menschenkenntnis an.
Bevor Unternehmensvertreter über die mit den Auslandsaufenthalten verbundenen Kosten jammern sollten, sei ihnen empfohlen, sich das Leonardo da Vinci Förderprogramm der EU anzusehen, mit dem allen Auszubildenden bei einem berufsqualifizierenden Auslandspraktikum zwischen zwei Wochen und neun Monaten geholfen wird, nicht nur finanziell. In Deutschland ist dafür die Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung zuständig (www.na-bibb.de). Davon können nicht nur Großbetriebe profitieren. Gerade das Handwerk sollte sich an den Jahrhunderte überdauernden Brauch der Wanderschaft erinnern. Das war doch auch nicht Schikane, sondern diente dem Erfahrungszuwachs bei den Gesellen und nicht zuletzt auch dem Austausch von Ideen und Geschick.
Wilhelm Busch hat Goethes Frage auf seine hintersinnige Art in „Plisch und Plum“ beantwortet: „ Warum soll ich nicht beim Gehen, spricht er, in die Ferne sehen? Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso.“




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17. Mai 2013

»Wer da suchet, der findet«

Der Ausbildungsmarkt ist gespalten.

Die Krise am Ausbildungsmarkt zeigt einmal mehr, wie unterschiedlich die Folgen für Unternehmen sein können: Die Wirtschaft ruft immer lauter nach Auszubildenden und klagt gleichzeitig über viele unbesetzte Ausbildungsplätze. Das immer noch vorhandene Problem der so genannten Altbewerber wird gerne verschwiegen. Der gerade vom Kabinett verabschiedete Berufsbildungsbericht 2013 prognostiziert, dass die Zahl der Schulabgänger mit und ohne Studienberechtigung im Westen der BRD von gut 780 000 im Jahr 2014 auf unter 600 000 im Jahr 2024 sinken wird. Auch im Osten wird die Zahl der Ausbildungsplatz-Bewerber deutlich abnehmen, auf etwa 110 000. Das ist weniger als die Hälfte als noch im Jahr 2000. Gleichzeitig wies die Bundesbildungsministerin darauf hin, dass bereits im Jahr 2012 mehr als 33 000 angebotene Ausbildungsplätze in der BRD nicht besetzt werden konnten, deutlich mehr als in den Vorjahren, Tendenz steigend. Parallel dazu gibt es immer noch viel zu viele Jugendliche, denen der unmittelbare Übergang von der Schule in die Berufsausbildung nicht gelingt. Laut BIBB waren das 2012 immerhin wieder über 5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Ausbildungsplatz-Nachfrager nimmt von Jahr zu Jahr deutlich ab. Zur gleichen Zeit bilden aber auch immer weniger Unternehmen aus. Von den etwa 2,1 Millionen ausbildungsgeeigneten Unternehmen waren das im Jahr 2012 mal gerade noch 468 000. Auch hier: Tendenz fallend.
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland ist gekennzeichnet von Ungleichheiten in regionaler, berufsfachlicher, branchen- und personenbezogener Hinsicht. Auch mit Blick auf die äußerst unterschiedliche Situation in den alten und neuen Bundesländern kann ohne Bedenken von einen gespaltenen Ausbildungsmarkt in Deutschland gesprochen werden. Das wäre vielleicht nicht weiter schlimm, riefen die Unternehmerverbände nicht gleichzeitig immer lauter nach zusätzlichen Fachkräften. Gewiss, man jammert hier auf hohem Niveau. Dennoch, dass Nachwuchsproblem in der deutschen Wirtschaft muss gelöst werden. Mit der wohlfeilen Forderung "Inder statt Kinder" wird das nicht geschehen. Die Unternehmen sind aufgefordert, ihrer Selbstverpflichtung nachzukommen und auf die Bundesbildungsministerin zu hören, die im Zusammenhang mit den Jugendlichen in den Übergangsmaßnahmen feststellt: "Auch diese Jugendlichen werden gebraucht, um den Fachkräftenachwuchs in Deutschland langfristig zu sichern." Die Hoffnung auf Matthäus Kapitel 7 Satz 8 (siehe Überschrift) wird nicht ausreichen.



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10. Februar 2013

Extrinsische Motivation

Tarifliche Ausbildungsvergütung 2012 kräftig gestiegen

Die Tatsache, dass Auszubildende knapper werden, schlägt sich offensichtlich auch in der Ausbildungsvergütung nieder. Noch nie in diesem Jahrhundert sind sie stärker gestiegen als 2012, nämlich um 4,1% im Westen der BRD und sogar um 5% im Osten.
Im Westen erhalten Auszubildende im Durchschnitt 737 Euro, im Osten 674, das sind immer noch nur 91% der Westvergütung.
Aber nicht nur zwischen West und Ost gibt es Unterschiede, auch zwischen den Ausbildungsberufen ist das der Fall und zwar nicht unerhebliche. Über die Lädergrenzen hinweg lagen die Maurer im Westen mit 968 EURO monatlich im Durchschnitt an der Spitze der Tabelle, die Friseure und Friseurinnen im Osten mit 269 EURO am Ende.
Auch zwischen den Ausbildungsbereichen gab es 2012 in West- und Ostdeutschland deutliche Unterschiede in der Vergütung. In Industrie und Handel waren die Ausbildungsvergütungen überdurchschnittlich hoch (im Westen 813 EURO, im Osten 730 EURO), im Handwerk dagegen unterdurchschnittlich (im Westen 606 EURO, im Osten 504 EURO).
Ermittelt wurden für die Statistik die durchschnittlichen Vergütungen für 184 Berufe in West- und 149 Berufe in Ostdeutschland. In diesen Berufen werden 88 % der Auszubildenden ausgebildet.
Es wird interessant bleiben zu beobachten, wie weit die Wirtschaft bereit sein wird, im Wettbewerb um die Auszubildenden die Vergütung zu erhöhen. Wie weit wird die gegenseitige Konkurrenz gehen?
Sind sich die Verantwortlichen der Tatsache bewusst, dass derart extrinsische Motivationsanreize bestenfalls kurzfristig Erfolg versprechen? Em Ende werden diejenigen Unternehmen gewinnen, die nach intrinsischen Stellschrauben suchen und sich damit um die Zufriedenheit ihrer Auszubildenden bemühen.Vielleicht mal wieder Frederick Herzbergs Motivationstheorie lesen!

Die Zahlen der BIBB-Untersuchung finden Sie unter www.bibb.de/ausbildungsverguetungen-2012



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20. Dezember 2012

Weihnachten und Neujahr vor der Tür


Jesus ist für alle Kreatur auf die Erde gekommen,
den Aischgründer Spiegelkarpfen,
die polnische Gans,
den kanadischen Turkey,
den bretonischen Hummer und
die Nordmanntanne
einmal ausgenommen.

Nachdenkliche Weihnachten und
ein nachhaltiges Jahr 2013
wünschen

Renate (Saddy) und Adalbert Ruschel



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12. Dezember 2012

Jahr für Jahr das gleiche Spiel

Etwa jeder fünfte Auszubildende gibt seine Ausbildung vorzeitig auf.

Mit schöner Regelmäßigkeit klagen zum Jahresende verschiedene Institutionen darüber, dass wieder einmal viele Auszubildende ihre Ausbildung vorzeitig abgebrochen haben. Die Ursache für das frühe Ende sind vielfältig, das Ergebnis für alle Seiten unbefriedigend. Jugendliche müssen sich aufs Neue um einen Ausbildungsplatz oder um eine schulische Bildungsmöglichkeit bemühen, Betrieben bleiben unbesetzte Ausbildungsplätze und manchmal auch hohe Kosten. Diese variieren von Ausbildungsberuf zu Ausbildungsberuf und sind abhängig vom Zeitpunkt des Abbruches.
Niemand kann mit dieser Entwicklung zufrieden sein. Die Betriebe müssen bereits bei den Beschaffungs- und Auswahlverfahren vorsichtig sein und sich während der Ausbildung darum bemühen, Abbruchursachen rechtzeitig zu erkennen und gegen zu steuern.
Unter "Texte zum Herunterladen" habe ich einen Text zur Thematik abgelegt, den ich meinen Lesern zur Aufmerksamkeit empfehle.



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11. Oktober 2012

Von Zahlen und Figuren

Zur jüngsten Ausgabe der OECD-Publikation „Bildung auf einen Blick“

Mathematik (aus dem Griechischen: mathematike techne‚ „zum Lernen gehörend“) ist die Wissenschaft, welche aus der Untersuchung von Figuren und dem Rechnen mit Zahlen entstand. So weit, so gut! „Was hat das mit beruflicher Bildung zu tun?“, werden Sie vielleicht fragen. „Ja“, werde ich gegenfragen, „haben Sie denn den neuen OECD-Bericht: ‚Bildung auf einen Blick’ nicht gelesen?“ Die Lektüre lohnt sich, auch für Aktive aus der beruflichen Bildung.
In der Studie wird den Deutschen bescheinigt, dass 22 Prozent ihres Nachwuchses nicht einmal das Bildungsniveau ihrer Eltern erreicht. Und damit nicht genug: Nur 20 Prozent der jungen Menschen in unserem Land schaffen einen höheren Abschluss als ihre Eltern. Wer hätte das gedacht, im Auf und Ab des Bildungsniveaus sind wir auf der Verliererstraße!
Die zuständige Ministerin findet das nicht besorgniserregend und preist unverdrossen die Vorzüge des dualen Systems der beruflichen Bildung. Dabei scheint sie und ihre Mitstreiter schon vergessen zu haben, welche Probleme die demografische Entwicklung einerseits und die Konjunkturschwankungen andererseits dem System bereitet haben. Und schon wieder gibt es konservative Bildungspolitiker, die eine Akademikerschwemme für Deutschland befürchten und vor dem Taxi fahrenden Dr. Arbeitslos warnen.
Gewiss haben die OECD-Experten auch die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland gelobt, die im Vergleich zum Durchschnitt der Studie (15,8%) doch so erfreulich niedrig, eben nur zwölf Prozent betrage. Wer aber hinter den Zahlen die Figuren sucht, der findet auch ohne Taschenrechner leicht heraus, dass es sich dabei immerhin um fast 1,7 Millionen junge Menschen handelt – und das ist dann doch erschreckend.
Eine deutschsprachige Zusammenfassung der OECD-Studie findet sich unter:

http://www.oecd.org/berlin/publikationen/bildungaufeinenblick2012.htm



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31. August 2012

»Ohne Druck geht nichts!«

Zwang und Motivation auf dem Weg zum Erfolg

Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurden Lehrer – und manchmal auch Hochschullehrer – mit einer Rute in der Hand abgebildet. Diese war so etwas wie ihr Zunftzeichen. Lehrer hießen Schulmeister und waren Zuchtmeister. Der Gebrauch einer Rute war nichts Ungewöhnliches, Eltern prügelten auch und Lehrherren ebenfalls. Körperliche Strafen entsprachen den Erziehungsvorstellungen der Zeit. „Wer nicht hören will, muss fühlen!“, war die gängige Erziehungsmaxime.
Die Zeiten haben sich geändert, mit ihnen auch die Druckmittel. In der kaum angezweifelten Leistungsgesellschaft unserer Tage wurde aus der Zuchtrute die Leistungsnote, die – selbst wenn das gerne bestritten wird – auch als Mittel zur Disziplinierung herhalten muss.
Daraus ergibt sich die Frage, ob Druck und Zwang zur Schule gehören wie die Klingel zur Pause und zum Stundenwechsel. Können Schülerinnen und Schüler nicht ohne jeglichen, wenn auch noch so sublimen Druck beim Lernen auskommen? Nicht wenige Lehrerinnen und Lehrer glauben, dass ohne Druck für die Schule nicht gelernt wird. Andere haben für sich die Motivation entdeckt und versuchen mit großer Hingabe, extrinsisch motivierte Schüler in intrinsisch motivierte umzuwandeln und merken gar nicht, dass auch dazu Druck eingesetzt wird.
Fatalisten unter den Eltern, Erziehern, Lehrern und Ausbildern führen ins Feld, dass es Kinder, Schüler und Auszubildende gibt, denen die Schule völlig gleichgültig ist und die auch mit dem Hinweis auf eine lebenswichtige Abschlussprüfung nicht zu beeindrucken sind – und ehrlich, wer wagt dem zu widersprechen?
Das soll aber die engagierten, die pflichtbewussten und selbstmotivierten Erzieher nicht davon abhalten, alles zu geben, nicht aufzugeben, ihr Berufsethos einzubringen und so möglichst vielen Kindern und Jugendlichen zu helfen, sich zu erfolgreichen und verlässlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft zu entwickeln. Ja, sich zu entwickeln!
Dass es immer einen Rest von Fällen gibt, bei denen wir mit unserem Latein am Ende sind, sollten wir auch zu akzeptieren lernen. In solchen trostlosen Fällen ist Therapie angesagt, von Fachleuten. Eltern, Lehrer und Ausbilder sind das in der Regel nicht.



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31. Juli 2012

Was gibt es Neues im Blätterwald?

Wer nicht liest, wird schnell fachlich abgehängt

Das Wort Zeitung war ursprünglich der Begriff für eine beliebige Nachricht; die Bedeutung hat sich vom 18. ins 19. Jahrhunderts geändert. Von Shakespeare bis Schiller finden wir das Wort noch in seiner alten Bedeutung. Heute versteht man darunter ein periodisch erscheinendes Druckerzeugnis mit aktuellem und schnelllebigen Inhalt. Oft ist die Zeitung von heute morgen schon überholt. Bei den Zeitschriften ist das schon ganz anders, insbesondere bei den Fachzeitschriften. In Deutschland existiert kaum eine nennenswerte Berufsgruppe, die nicht ihre eigene Zeitschrift herausgibt. So existiert auch für Ausbilderinnen und Ausbilder rein quantitativ ein vielfältiges Angebot an Fachzeitschriften.
Gemessen an der großen Zahl der in den Betrieben tätigen Ausbilder, sind die Auflagen der direkt an der Zielgruppe orientierten Publikationen außerordentlich niedrig. Das deutet darauf hin, dass die Zielgruppe der Ausbilder damit kaum erreicht wird. Rechtliche, soziologische oder pädagogische Probleme aus der Ausbilderpraxis werden kaum oder nur sehr unzureichend behandelt. Eine Vertiefung der Kenntnisse über Methoden und Medien wird so gut wie nirgendwo geleistet. In keiner der betrachteten Zeitschriften ist der Versuch zu erkennen, das Problem der Branchenvielfalt in der beruflichen Bildung zu lösen. Die Möglichkeit, exemplarische Beiträge aus der Ausbildungspraxis zu publizieren und damit für möglich viele Bereiche nutzbar zu machen, wird ebenfalls nicht genutzt.
Vergleicht man das beruflich geprägte Interesse der Ausbilderinnen und Ausbilder mit dem Themenangebot der meisten Zeitschriften, ist eine Diskrepanz zwischen beiden Seiten nicht zu übersehen. Offenbar gehen die "Ausbilder"-zeitschriften nur unzureichend auf die Bedürfnisse des Ausbildungspersonals ein. Dieses findet denn auch eher relevante Informationen im Homepageangebot des Internets (siehe dazu unter Links!).
Wer immer sich über das Zeitschriftenangebot näher informieren will, findet Porträts einzelner Blätter, auf meiner Seite "Zeitschriften für Ausbilder", auch die Ausbilderinnen, auch wenn sie im Titel nicht ausdrücklich erwähnt sind.



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30. April 2012

Brücke oder Warteschleife?

Die Metaphorik des Übergangssystems

Unser Bildungssystem, auch das berufliche, ist gekennzeichnet von Übergängen. Dort gilt es, tiefe Gräben zu überwinden, an Brücken ist nicht gedacht. Die Übertritte in weiterführende Schulen, aber auch die Schwellen von der Schule zur Ausbildung bzw. von der Ausbildung in das Erwerbsleben machen den Betroffenen in der Regel Schwierigkeiten. Für keine Gruppe gilt das mehr als für benachteiligte Jugendliche an der ersten Schwelle, dem Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Jahr für Jahr findet in Deutschland eine große Zahl Jugendlicher nach dem Schulabschluss keinen Ausbildungsplatz. 2008, im letzten Jahr der Ausbildungsplatzkrise, fand rund eine halbe Million junger – und nicht mehr ganz so junger – Ausbildungsplatzsucher kein passendes oder überhaupt kein Angebot. Sie wurden in aller Regel aufgefangen von den Einrichtungen des sogenannten Übergangssystems. Ziel dieser Einrichtungen ist es, den Betroffenen den Übergang in ein reguläres Ausbildungsverhältnis zu erleichtern. Zum Übergangssystem gehören schulische Einrichtungen und verschiedene Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit oder anderer Anbieter für Jugendliche ohne Schulabschluss oder solche, die nach ihrem Schulabschluss keinen Ausbildungsplatz finden. Hämische Zeitgenossen sprechen deshalb auch von „Warteschleifen“ oder einem System „zwischen Baum und Borke“.
Der Begriff „Übergangssystem“ bezeichnet ein Segment des deutschen Berufsbildungssystems, das weder der dualen noch der vollschulischen Berufsausbildung zugerechnet wird. Es stellt sich damit die Frage, ob es überhaupt dem Berufsausbildungssystem angehört, oder nicht doch nur eine Reparatureinrichtung des allgemeinen Schulsystems ist.
Zur individuellen Unterstützung „förderungsbedürftiger“ Jugendlicher beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine berufliche Ausbildung hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01. April 2012 „Berufseinstiegsbegleitung“ flächendeckend eingeführt. (Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt / EinglVerbG vom 20. Dezember 2011)
Bevor die Berufseinstiegsbegleitung verbindlich eingeführt wurde, haben Wissenschaftler deren Tauglichkeit in Projekten untersucht. Die Ergebnisse dieser Modellversuche sind in Büchern und Heften niedergelegt. Siehe dazu unter Bücher für Ausbilder.



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13. April 2012

»Input oder Output, das ist hier die Frage.«

Aussagefähigkeit und Verlässlichkeit von formalen Bildungsabschlüssen.

Wenn kleine und mittlere Unternehmen im Wettbewerb um gut qualifizierte Auszubildende mithalten wollen, müssen sie ihre gesamte Personalarbeit neu, nämlich strategisch ausrichten. Das reicht dann von der Marktforschung über die Anwerbung, Auswahl, Einarbeitung bis zur Fortbildung und Bindung an das Unternehmen. Dazu gehört auch, rechtzeitig am Ball zu sein und nicht zu warten, bis sich interessierte Bewerber aktiv melden. Hier ist der Markt gekippt. Wer gut qualifizierte Auszubildende haben möchte, muss sich schon sehr früh auf dem Markt umsehen, muss sich um Kontakte zu Schulen, Vereinen, Jugendgruppen und Familien kümmern, muss für eine positive Corparate-Identity sorgen und gute Nachbarschaft pflegen.
Wer heute beobachtet, dass die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen abnimmt, darf nicht damit rechnen, dass die Qualität der Bewerber zunimmt. Jahr für Jahr erleben die Verantwortlichen in den Unternehmen die Diskrepanz zwischen Zeugnisnoten und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Schulabgänger in Deutschland. Formale Bildungsabschlüsse haben offensichtlich ihre Aussagefähigkeit und Verlässlichkeit längst eingebüßt, wenn sie diese jemals hatten.
Es ist ein traurig stimmender Erfahrungswert, dass in Deutschland etwa 15% der Schulabgänger zu der sogenannten Gruppe der Risikoschüler gehören, unabhängig von der Entwicklung des Ausbildungsplatzmarktes. Die Ursache dafür dürfte sein, dass es im deutschen Schulsystem immer noch an einem kontinuierlichen und systematischen Qualitätsmanagement fehlt. Noch immer wird bei uns die Qualität des Bildungssystems am Input gemessen, an finanziellen Ressourcen, Stellenplänen, Dienstvorschriften und Lehrplänen. In der internationalen Bildungsforschung gilt es dagegen als gesichert, dass ein outputorientiertes Qualitätsmanagement, Schulleistungen, Schulaufstieg und Schulabschlüsse das größere Leistungspotential erschließen lassen. Die EU geht mit ihrem Europäischen Qualitätsrahmen (EQR) diesen Weg denn auch konsequent und zukunftsorientiert.



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30. März 2012

»Ein Gespenst geht um in Deutschland - der Fachkräftemangel«

Der Fachkräftemangel stellt die Wirtschaft vor große Herausforderungen.

Die unvermindert starke Nachfrage beschert vielen deutschen Unternehmen unangenehme Begleiterscheinungen: hohe Überstundenpools, Prozessstörungen, Auftragsablehnung, Standortverlagerung. Die meisten Betriebe reagieren darauf u.a. mit Fortbildung ihrer Mitarbeiter. Das ist schon mal nicht schlecht, führt aber zu teilweise hohen Kosten. Hochgerechnet auf alle 27,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigen, haben die Unternehmen 2010 rund 28,6 Milliarden EURO in die Fortbildung gesteckt, wie das Institut der deutschen Wirtschaft erhoben hat. (www.iwkoeln.de/trends)
Der sich abzeichnende Fachkräftemangel findet sich aber nicht nur bei Ingenieuren und Technikern. Er wird am deutlichsten auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl der Ausbildungsplatzbewerber geht Jahr für Jahr zurück. Jährlich bleiben etwa 20.000 offiziell gemeldete Ausbildungsstellen unbesetzt. Inzwischen merkt es auch der letzte Ausbildungsverantwortliche, dass die Konzentration auf Schulabgänger mit Abitur und mittlerer Reife nicht mehr durchzuhalten ist. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben auch schon damit begonnen, schwächere Auszubildende einzustellen und mit Nachhilfe, Stützunterricht und ausbildungsbegleitenden Hilfen auf einen anerkannten Berufsausbildungsabschluss vorzubereiten. Auch die Bundesagentur für Arbeit verstärkt ihre Anstrengungen in diese Richtung.
Die Frage, warum unser Schulsystem immer noch viel zuviel unterqualifizierte Abgänger hervorbringt, bleit weiter unbeantwortet. Es gehört zu den nicht erklärbaren Phänomenen unserer Republik, dass quer über alle konjunkturellen Entwicklungen hinweg in jedem Jahr etwa 15% der Schulabgänger diese ohne ordentlichen Abschluss verlassen. Das kann leicht zur sozialen Sprengbombe werden.



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07. Februar 2012

Einigung zum DQR. Siehe unter 18. Dezember 2011!

Die Diskussion um den Deutschen Qualifikationsrahmen ist vorerst abgeschlossen.

Spitzenvertreter von Bund, Ländern und Sozialpartnern haben sich am 31. Januar 2012 auf einen Kompromiss bezüglich der Einführung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) verständigt. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat der Einigung bisher noch nicht zugestimmt. Streitpunkt ist die Positionierung des Abiturs im DQR. Allgemeinbildende Schulabschlüsse sollen deshalb dem Rahmen noch nicht zugeordnet werden. Da die gegenseitige Anerkennung von Schulabschlüssen im europäischen und internationalen Rahmen durch völkerrechtliche Staatsverträge geregelt sei, entständen damit für Schülerinnen und Schüler keinerlei Benachteiligungen, meinte Frau Schawan, die Bundesbildungsministerin.
Die zweijährige berufliche Erstausbildungen soll auf Niveau 3 und drei- und dreieinhalbjährige Erstausbildungen auf Niveau 4 des DQR eingestuft werden. Die Abschlüsse Bachelor und Meister und die diesem vergleichbaren Abschlüsse der gewerblichen und kaufmännischen Fortbildung werden auf Niveau 6 verortet.
"Nach meiner persönlichen Einschätzung wird die Entscheidung, Meister und Techniker dem gleichen Niveau zuzuordnen wie den Bachelor die größte bildungspolitische Wirkung haben. Denn damit wird deutlich: In Deutschland hat jeder die Chance zum Aufstieg, über den akademischen Weg genauso wie über den Weg der beruflichen Bildung", betonte Schavan.
Auf die Einordnung des Abiturs werden wir demnach noch warten müssen, wir bleiben gespannt!



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31. Januar 2012

Dilettantismus oder Professionalität?

Methodenkompetenz unter Ausbilderinnen und Ausbildern.

Wer sich in der pädagogischen Literatur umsieht, wird bemerken, dass im Bereich der Ausbildungsmethodik in den letzten 20 Jahren eine stürmische Entwicklung stattgefunden hat, insbesondere für die betriebliche Ausbildung. Die Anstöße dazu kamen aus verschiedenen Richtungen, der Schulpädagogik, der Medientechnik, der Erwachsenenbildung und der Hochschuldidaktik. Harald Meier hat 1995 in seinem „Handwörterbuch der Aus- und Weiterbildung“ sage und schreibe 425 Methoden und Konzepte des betrieblichen Lernens vorgestellt. Für die geplagten Schulpädagogen bietet Günther Gugel sogar 1000 neue Methoden an, von den alten ganz zu schweigen. Selbst wenn sich bei der Lektüre eine große Zahl dieser Methoden nur als mehr oder weniger leichte Variationen herausstellen, bleibt doch immer noch eine erstaunliche Vielfalt übrig. Es würde den Rahmen dieser website sprengen, wollte ich alle Veröffentlichungen vorstellen, die inzwischen zur Methodik der beruflichen Bildung erschienen sind. Soweit zur Literatur.
Wann immer man mit Auszubildenden oder angehenden Ausbildern darüber spricht, zeigt sich dagegen die Praxis der betrieblichen Ausbildung eher als methodische Einöde. Dominant sind nach wie vor die Beistellmethode, die man nur mit einigen Skrupeln als Methode bezeichnen kann, und die unverwüstliche Vier-Stufen-Methode, die den Namen Methode auch nur mit Einschränkungen verdient. Die meistens in viel zu geringer Stundenzahl durchgeführten Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Ausbilder-Eignungsprüfung geben der Entwicklung von Methodenkompetenz wenig oder gar keinen Raum. Das ist das Textbuch zum Trauerspiel mit dem Titel „Methodenkompetenz für das Ausbildungspersonal“.
Wer als praktizierender Ausbilder über die beiden oben erwähnten Methoden hinaus will, muss sehen, wo er sich das theoretische Rüstzeug her holt. Unter „Bücher für Ausbilder“ habe ich einige Rezensionen zum Thema abgelegt und unter „Texte zum Herunterladen“ finden Sie eine Literaturliste mit weiteren Hinweisen.
Doch über wissenschaftliches Theoriewissen hinaus sind Unterweisungserfahrungen notwendig, die mit Hilfe von Reflektion eigenen methodischen Handelns erworben werden. Methodenkompetenz fällt niemand in den Schoß. Sie muss mühsam erworben werden. Profitieren davon werden Ausbilderinnen und Ausbilder selbst, ihre Auszubildenden und nicht zuletzt das gesamte Duale System der Berufsbildung.



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24. Dezember 2011

»Alle Jahre wieder«

Prolog zum Krippenspiel

Alle sind sie hier versammelt:
Der Stern erstrahlt in seidigem Glanz,.
die Engel jubilieren im himmlischen Tanz.
Hirten und Schafe erwarten ein Wunder,
eine Palme schaut geduldig auf alle herunter.
Ochs und Esel, wie sie so sind,
hoffen auf Mutter, Vater und Kind.
Auf die Protagonisten aber muss man lange warten.
Sie sind wohl in eine Kontrolle der Fatach geraten.

Trotzdem:
Allen Besuchern Frohe Weihnachten!



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18. Dezember 2011

Wie gut wird, was lange währt?

Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR).

„Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“, sagt das Sprichwort, wenn jemand aus dem Streit anderer einen Nutzen zieht. Wenn alle streiten, ist am Ende jeder der Dumme.
Im Rahmen der Zuordnung von Qualifikationen im DQR haben sich Bundesregierung, Wirtschaftsministerkonferenz, Sozialpartner und Wirtschaftsorganisationen fachlich durch die Matrix des DQR begründet positioniert: Qualifikationen der Allgemeinbildung und der beruflichen Erstausbildung sollen demnach in der achtstufigen Abschlussskala den Niveaus 1 bis 4, die der beruflichen Weiterbildung und der akademischen Bildung den Niveaus 5 bis 8 zugeordnet werden. Diese Zuordnung steht im Einklang mit europäischen Entwicklungen.
So weit, so gut. Weit gefehlt. Bildungspolitik in Deutschland ohne ideologische Streiterei geht nicht. Die KMK hat nun in ihrer Plenarsitzung am 20./21. Oktober 2011 einstimmig den Beschluss gefasst, die allgemeine Hochschulreife (AHR) und die fachgebundene Hochschulreife (FgbHR) dem Niveau 5 des DQR zuzuordnen. Die berufliche Bildung soll offensichtlich zudem weitgehend niedriger bewertet werden als die Hochschulreifen. Die sonst fast immer untereinander streitenden Mitglieder der KMK widersetzen sich damit bewusst der Position aller anderen am Erarbeitungsprozess beteiligten Akteure.
Man darf, ja man muss sich fragen, was hier los ist. Kurios wird der KMK-Beschluss erst recht dann, wenn man berücksichtigt, dass Jahr für Jahr Tausende Abiturienten eine berufliche Ausbildung beginnen, also sich selbst in dem Modell der Mehrheit um eine Stufe zurück begeben. Nach der Vorstellung der KMK wären das sogar zwei Stufen. Soll dieser Weg etwa verhindert werden? Was aber dann mit den jungen Leuten, die eine der doppelqualifizierenden Ausbildungen beginnen wollen?
Die alten Gräben scheinen wieder aufgerissen. Dass der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) den Zuordnungsvorschlag der KMK als absolut inakzeptabel, weder inhaltlich unterlegt noch nachvollziehbar begründet erklärt, wundert angesichts der alten Frontlinien hie Allgemeinbildung, dort Berufsbildung, kaum noch jemand.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des jetzt schon bestehenden Fachkräftemangels sieht der Hauptausschuss in dem Beschluss der KMK eine alarmierende Vorstellung. „Es besteht die Gefahr, dass sich immer weniger junge Menschen mit allgemeiner Hochschulreife für eine berufliche Ausbildung entscheiden, wenn ihnen suggeriert wird, dass ihr Schulabschluss höherwertiger ist als ein Berufsabschluss“. (HA des BIBB)
Immerhin ist auch die KMK bereit, Abschlüsse der beruflichen Fortbildung dem Bachelor auf Stufe 6 gleichzusetzen. Da werden sich viele Meister, Fachwirte, Techniker, Berufspädagogen und andere freuen.



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18. November 2011

Jetzt suchen sie wieder

Der Ausbildungsstellen-Markt gerät in Bewegung.

Es ist wie gestern: Am Ausbildungsstellen-Markt wird gesucht. Nur waren es früher die Jugendlichen, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz waren, so sind es heute die Unternehmen, die nach geeigneten Auszubildenden suchen müssen. Der Wettbewerb läft bereits, und er wird in den nächsten Jahren richtig heftig werden.
Seit 2007 ist die Zahl der Ausbildungsplatzbewerber um rund 200.000 zurück gegangen. Das ist ein Viertel der früheren Nachfrage. Auch in diesem Jahr werden am Ende 70.000 bis 80.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt worden sein. Nicht nur die demografische Entwicklung macht sich auf dem Ausbildungsmarkt bemerkbar, sondern auch der Trend zu höheren Schulabschlüssen und damit zum Studium. Das böse Wort von Leerstellen statt Lehrstellen macht bereits die Runde.
In der Übergangsphase zeigt sich ein subtiles Ungleichgewicht: Große Unternehmen mit begehrten Ausbildungsberufen gehen noch in einer Bewerberflut unter, während kleine Unternehmen Schwierigkeiten haben, Bewerber zu erreichen. Probleme bereitet den Stellenanbietern auch die nach wie vor große Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Unternehmen und Bewerbern. Die Wunschkandidaten zur Besetzung der Ausbildungsplätze werden immer seltener zu finden sein. Die meisten Unternehmen werden ihre Lehrstellen nur dann besetzen können, wenn sie bereit sind, auch leistungsschwächere Bewerber einzustellen. Das wird dazu führen, dass noch mehr Betriebe bereit sein müssen, Mittel und Wege zu finden, derart schwachen Auszubildenden den Weg zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu ermöglichen, Nachhilfe oder Stützunterricht zu geben bzw. ausbildungsbegleitende Hilfen einzusetzen. Ausbilden wird für viele Betriebe teurer werden als bisher.
Ausbildende werden sich auf Jahre hinaus wieder intensiv um Auszubildende bemühen und ihr Einstellungsverhalten der Entwicklung anpassen müssen. Die Beschaffung von Auszubildenden wird rationaler und rationeller gestaltet werden müssen. Warten auf Bewerbungen wird nicht mehr ausreichen. Zur Einstimmung auf das aktuelle Thema habe ich im Kiehl-Verlag eine kleine Schrift

Recruitingwege für Auszubildende


veröffentlicht, die Sie für € 4,90 hier herunterladen können:
http://www.kiehl.de/produkte/kiehl_w...t_1254809.aspx"



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27. September 2011

»Zum Ausbilden geboren«

Werden Ausbilder geboren oder gemacht – und wenn ja, von wem?

Lange Zeit hindurch – und bei vielen Menschen immer noch – herrschte in Wissenschaft und Praxis die Meinung vor, zum Ausbilder sei man geboren oder eben nicht. „entweder man hat es, oder man hat es nicht“, das galt als gesichert.
Viele Generationen von Eltern, Lehrern und Lehrherren glaubten fest daran: Wer fachlich gut ist, wer sein Metier versteht und beherrscht, der kann es auch unterrichten, der kann es auch lehren. Das führte bei vielen Menschen zu der irrigen Vorstellung vom „geborenen Erzieher“. Allgemeine, angeborene Persönlichkeitsmerkmale, so glaubte man, machen den Erfolg von lehren und unterweisen aus. Frühere Forschungen zu Bedingungen des Lehr- und Ausbildungserfolges waren demnach auch ganz auf die Persönlichkeit des Lehrenden gerichtet, in der Familie, in der Schule, in der Lehre und in der Hochschule. Vor allem in der Forschung nach den Ursachen des Unterrichtserfolges von Lehrern hat man bereits vor längerer Zeit damit begonnen, diesen auf bestimmte Charaktermerkmale zurückzuführen. Inzwischen gibt es zwar Checklisten mit zahlreichen Merkmalen eines „guten“ Lehrers, aber alle diese Kennzeichen waren schließlich auch für andere Berufe spezifisch. Auch die Vorstellung, dass bestimmte Bündelungen solcher Merkmale den „geborenen“ Lehrer ergeben würden, führte nicht weiter. Zwar zeigte die Forschung, dass allgemeine Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion, Empathie, Ambiquitätstoleranz, Vorbildbewusstsein und Gewissenhaftigkeit in einem gewissen Zusammenhang mit verschiedenen Bewährungskriterien des Lehrerberufes wie Ausbildungsergebnis, Belastungsfähigkeit und Berufszufriedenheit stehen, dass diese Zusammenhänge aber nur schwach ausgeprägt sind und nur wenig Rückschlüsse auf den Unterrichtserfolg zulassen. Also nichts ist da mit "angeboren". Lernen muss man sein Metier, lernen!
Das empirisch gut bestätigte Angebots-Nutzungs-Modell der Wirkweise des Unterrichts von Andreas Helmke zeigt, dass sich Persönlichkeitsmerkmale in einem bestimmten Lehrangebot niederschlagen müssen, das wiederum von Lernenden genutzt werden muss, damit es bei diesen zu messbaren Wirkungen kommt. .(Helmke, A. (2010). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Kallmeyer-Verlag Berlin 3. Aufl. 2011) Das altbekannte didaktische Dreieck von Lernendem, Lehrendem und Lerngegenstand feiert fröhliche Urständ. Es fällt auf, dass besonders folgende Merkmale der Lehrer- bzw. Ausbilderpersönlichkeit für den Lernerfolg von Schülern und Auszubildenden relevant sind:
- Berufliches Wissen und Expertenstatus,
- Persönliches Engagement (emotionale Ansteckung),
- Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen, Selbstsicherheit,
- Reflexionsfähigkeit.
Langzeitstudien zeigen auch, wie viel am Lehrerverhalten eingeschliffene Routine, langjährige Gewohnheit, impliziten Theorien und unreflektierte Gewissheiten zu verdanken ist. Will jemand im Ernst behaupten, dass Ausbilder anders ticken? Gegen die genannten Fehlentwicklungen helfen nur Beobachtung, Bewusstmachung, Fortbildung, Gedankenaustausch und Öffentlichkeit.
Nachlässige, schlampige, uninteressierte Ausbilderinnen und Ausbilder bewirken nachlässige, schlampige und uninteressierte Auszubildende.



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12. Februar 2011

»Politik und Bürgernähe.«

Was aus einer Petition geworden ist.

Die so genannte "dritte Ausbildungsplatzkrise" dauert nun bereits seit 1995 an. Alle Vereinbarungen zwischen Wirtschaft und Politik sowie Notprogramme der Regierungen blieben bisher weitgehend wirkungslos. Bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends waren weit über eine Millionen Jugendliche unter 29 Jahren ohne Berufsausbildung - und es wurden immer mehr.
Eine deswegen zunächst von vielen Landesschülervertretungen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Jahr 2006 begründete Initiative zur Verankerung des Rechts auf Ausbildung im Grundgesetz führte nach vielen Demonstrationen und anderweitigen Aktionen im Mai 2008 schließlich zu einer Petition mit 72.554 Unterschriften in den Deutschen Bundestag, mit der die Regierenden aufgeforderte wurden, endlich tätig zu werden und gegen die immer größer werdenden Nöte von immer mehr Jugendlichen im Lande statt mit Lippenbekenntnissen und Notprogrammen endlich ein auswahlfähiges Ausbildungsplatzangebot herzustellen.
Die Petition lautete: „Mit meiner Unterschrift fordere ich den Bundestag auf, einen Rechtsanspruch auf eine berufliche Ausbildung im Grundgesetz zu verankern.“ Über zwei Jahre geschah nichts. Dann, am 30.September 2010, befasste sich sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Petition. Am 24.10.2010 erhalten die Petenten mit Datum 13.10.2010 die Beschlussempfehlung per Post zugestellt. Darin heißt es: „Vor diesem Hintergrund sieht der Petitionsausschuss die gemeinsamen Anstrengungen von Bundesregierung und Wirtschaft im Ausbildungspakt als erfolgreich an; Anlass für parlamentarische Initiativen im Sinne der Petition besteht daher nicht. Der Petitionsausschuss empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen.“ Das Petitionsbündnis ging mit der Absage Mitte Dezember 2010 an die Öffentlichkeit und schlussfolgerte:
"Der Spielraum, das Bündnisziel, ein soziales Grundrecht durchzusetzen, scheint in der marktwirtschaftlichen Verfasstheit der BRD möglicherweise zu eng zu sein. Insofern wird es auch darauf ankommen, die gesellschaftlichen Verhältnisse insgesamt dahingehend zu verändern, dass das, was in jeder vernünftig organisierten Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit wäre, umfassende Bildung und Ausbildung für alle, baldmöglichst Wirklichkeit wird."
Allein am 30. September 2010 fehlten wieder 126.000 Ausbildungsplätze! Fast jeder zweite Bewerber wartet inzwischen mindesten ein Jahr auf einen Ausbildungsplatz. über 400.000 Jugendliche befinden sich im so genannten Übergangssystem (s. weiter unten!), also in einer "Warteschleife" auf einen Ausbildungsplatz. Nur 23 Prozent der Betriebe bilden überhaupt noch aus, obwohl alle Betriebe ausgebildete Fachkräfte nutzen wollen.
Wer aber hofft, dass die Krise bald beendet sein wird und alle Probleme damit überwunden, der sei gewarnt: Die nächste Krise kommt bestimmt!



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29. Januar 2011

»Alles hat ein Ende, auch die Prüfertätigkeit.«

Zu meinem Abschied von der Ausbildereignungsprüfung

Schon während der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts habe ich mich für die Professionalisierung der betrieblichen Ausbilder engagiert, habe demonstriert, diskutiert und publiziert. Das BBiG und die AEVO habe ich entsprechend jubelnd begrüßt.
Nach jetzt fast vierzig Jahren als Prüfer und Ausschussvorsitzender für die Ausbildereignungsprüfung, zeitweise sogar in mehreren Kammern, habe ich jetzt wie ein verzweifelter Boxer "das Handtuch geworfen". Der entscheidende Grund dafür war, dass wir uns in den Ausschüssen bei der Beurteilung - vor allem der Präsentation - manchmal fast die Köpfe eingeschlagen haben. Soviel - bis zu persönlichen Anfeindungen gehende - Auseinandersetzungen habe ich in früheren Zeiten nicht erlebt. Und das, obwohl die IHK-Nürnberg den Prüfungsteilnehmern vor der Prüfung in einem Informationsblatt Beurteilungskriterien für die Präsentation bzw. praktische Durchführung einer Ausbildungssituation vorgab.
Was haben wir aber davon, wenn wir wissen, dass "Visualisierung (Medieneinsatz als angemessene Unterstützung zum 'Be-Greifen')" ein Beurteilungskriterium ist, wir uns aber nicht einigen können, was "angemessen" ist oder nicht?
Auch bei der Beurteilung der bei uns früher fast ausschließlich praktizierten Durchführung einer "Ausbildungseinheit" gab es gelegentlich Kontroversen über die Bewertung einzelner Kriterien oder gar der gesamten "Unterweisung", die aber schon lange nicht mehr die Heftigkeit der heutigen Auseinandersetzungen hatten. Schließlich hatte die immer wieder praktizierte neue Durchmischung der Ausschüsse dazu geführt, dass sich die Vorstellungen über die Zeit angeglichen haben.
Meiner Meinung nach liegt das Problem aber darin, dass die praktische Prüfung nicht nur beurteilt, sondern auch noch mit Hilfe eines 100-Punkte-Schemas bewertet werden muss. Die Verordnung schreibt das nicht vor! Es würde ausreichen, die Prüflinge danach zu bewerten, ob der PA sie für geeignet hält, Auszubildende im Rahmen der betrieblichen Ausbildung erfolgreich und altersgemäß auszubilden oder nicht. Wie sich eine Ausbilderin oder ein Ausbilder später entwickelt, ob er überhaupt jemals ausbilden wird oder mit welchem Engagement er das tun wird, steht für uns doch so wie so in den Sternen.
Ich verstehe sehr wohl, dass sich einige Prüferinnen und Prüfer eine verbindliche Festlegung und Veröffentlichung von Kriterien zur Beurteilung bzw. Bewertung der Präsentation bzw. praktischen Durchführung einer Ausbildungssituation wünschen, verspreche mir aber selbst nichts davon.
Die Wortklauber und -verdreher und die Paragrafenreiter werden sich freuen, die Nachdenklichen, die Wahrheit auch hinter den Wörtern Suchenden werden kapitulieren. Wem ist damit wirklich geholfen?
Auch die in den verschiedenen Gesetzes- und Verordnungsänderungen seit 1969 mit den vorauseilenden Niveauabsenkungen macht die Prüfertätigkeit immer deprimierender und lästiger.
Die wahre Ursache für die in der Öffentlichkeit zum Ausdruck kommende Verärgerung scheint mir jedoch darin zu liegen, dass die Verknüpfung von hoheitlichen Aufgaben (prüfen) und geschäftlichem Interesse als Lehrgangsanbieter bei den Kammern zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Und so meldet sich dann der alte Murphy hin und wieder aus dem Off.



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31. Dezember 2010

»Den Besuchern meiner website wünsche ich für 2011 alles Gute,
Erfolg im Beruf und Wohlbefinden im Privaten,
Glück und Gesundheit seien auch dabei!
Darüber hinaus stets mindestens einen Cent im Geldbeutel.«

Ausgerechnet
auf unserem berühmten Christkindlesmarkt
hat mir ein Engelein gezeigt,
was es von der Menschen Weihnachtsrummel hält.



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22. Oktober 2010

»Was Assoziationen so anrichten können!«

Bildungsgänge am Übergang von Schule zur Berufsausbildung

Auf der diesjährigen Buchmesse bekam ich ein Buch in die Hand, dessen Titel „Fegefeuer“ meine Assoziationen Purzelbäume schlagen ließ. Das Fegefeuer (lat.: purgatorium), ist nach der römisch-katholischen Lehre ein Prozess der Läuterung, in dem die Seele eines Verstorbenen auf den Himmel vorbereitet wird. Es erhielt seinen offiziellen Segen von Papst Gregor dem Großen (540 – 604). Da die katholische Kirche davon ausgeht, dass „nichts Unreines in den Himmel kommen kann“, ist die Vorstellung eines Ortes oder eines Prozesses der Läuterung entstanden, der „Fegefeuer“ genannt wird. Und genau das weckte bei mir Assoziationen mit einem Phänomen unseres berufliches Bildungswesens, das wir gewohnt sind, dual zu nennen, was aber längst nicht mehr korrekt ist. Zwischen die Lernorte Schule und Betrieb hat sich schon lange ein dritter angesiedelt, dessen Sinn und Zweck nur darin besteht, Jugendliche und junge Erwachsene, deren Qualifikationsniveau den Aufstieg in den Ausbildungshimmel noch nicht rechtfertigt, so weit zu läutern, dass es dafür endlich reicht. Ich rede vom Übergangssystem oder der vorberuflichen Bildung. Längst haben die Übergangsmaßnahmen aber den Charakter der Vorbereitung verlassen und sind zur Warteschleife für Pechvögel und Unglücksraben geworden – ohne gesicherte Aussicht auf Erfolg. Beide, Fegefeuer und Übergangsmaßnahmen sind zeitlich befristet, können aber ganz schön lange dauern.
Und einen wichtigen Unterschied sollten wir nicht übersehen: Während das Fegefeuer nach kirchlicher Lehrmeinung am Ende immer in den Himmel führt, mag es auch noch so lange dauern, ist der Weg vom Übergangssystem in die reguläre berufliche Bildung keineswegs gesichert. Eine derartige Heilsgarantie bietet das Übergangssystem nämlich nicht. Vierzig Jahre nach Einführung der Notlösung „Übergang“ haben die Instrumente ihren Charakter als kurzfristig notwendige Interventionsmittel längst verloren und sind zu einem etablierten und obendrein kostspieligen Bestandteil unseres Bildungssystems geworden. Im Auf und Ab der Konjunktur schwankt das Übergangssystem wie das Rohr im Wind. Seine heutige Aufgabe ist weniger der Ausgleich mangelnder Qualifikation, sondern viel mehr die Nivellierung konjunktureller Schwankungen. Nimmt man noch hinzu, dass mit Hilfe des Übergangssystems auch noch die sozio-strukturell bedingten Selektionsprozesse des Bildungssystems reguliert werden sollen, dann kann man verstehen, wenn Dieter Münk das Übergangssystem als „Kollateralschaden des dualen Systems“ bezeichnet. Es mag viele Verteidiger des Berufsprinzips in unserem System beruflicher Bildung erstaunen, wenn Münk gerade darin das Scheitern der Übergangsmaßnahmen begründet sieht.
Interessierte Leser finden den anregenden und nachdenklich machenden Aufsatz von Dieter Münk in Nr. 5/2010 der Zeitschrift BWP des Bundesinstituts für Berufsbildung, Er kann auch von der website des Instituts gegen einen kleinen Betrag heruntergeladen werden.
Wenn Sie noch mehr über BvB, BVJ, BGJ, BFS, EQ usw. und deren Entwicklung und Bedeutung für Berufs- und Arbeitspädagogik wissen wollen, dann empfehle ich nachdrücklich die Lektüre von
Ursula Beicht: Verbesserung der Ausbildungschancen oder sinnlose Warteschleife? Zur Bedeutung und Wirksamkeit von Bildungsgängen am Übergang Schule – Berufsausbildung
BIBB REPORT, 3. Jahrgang, Heft 11, Oktober 2009
Herausgeber: Bundesinstitut für Berufsbildung . Dort kostenlos herunter zu laden.
Lassen Sie mich am Ende meiner Gedanken die Assoziation vom Anfang noch einmal aufgreifen und dafür Papst Johannes Paul II zitieren: "Der Mensch kann sich nicht noch einmal neu entscheiden. Er kann im Fegfeuer nicht nachholen, was er einst auf Erden versäumt hat." Ob es den vielen Jugendlichen, die im Übergangssystem stecken, gelingen wird, nachzuholen, was sie – verschuldet oder unverschuldet – versäumt haben, muss angesichts der Tatsache, dass zur Zeit etwa 50% der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss und 75 % der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss sich in einer der diversen Übergangsmaßnahmen befinden, bezweifelt werden.

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September 2010

Geburtstage sind ab einem gewissen Alter Schicksalsschläge.

 

Kostümwechsel

 

Ich bin 80 (in Worten: achtzig) Jahre alt geworden und fühle mich wie im Alten Testament:
Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und wenn's köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen. (Prediger 1.3)
Wenn Menschen in die Jahre kommen, geschieht es immer häufiger, dass es ihnen Schwierigkeiten bereitet, sich abends daran zu erinnern, was sie morgens gegessen haben oder gar ob sie überhaupt etwas gegessen haben. Offenbar als eine Art Ausgleich aktiviert Mutter Natur gleichzeitig das Langzeitgedächtnis. Plötzlich erinnert man sich glasklar an Zeiten, die fünfzig und mehr Jahre zurückliegen und längst vergessen schienen.
Damit nicht genug, denn mit den Erfahrungen und den daraus gezogenen Lehren geht ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis einher, als müsse man allen anderen beweisen, dass man sich doch noch an manches erinnert. Das verlangt der Stolz des Alters. Beides zusammen addiert sich zur oft und gern beschworenen "Weisheit des Alters", deren Schicksal ist bekanntlich, dass diejenigen, die es angeht, in der Regel gar nichts davon hören wollen, worauf seltsamerweise das Ende der Welt trotzdem ausbleibt.

      Erkenntnisse mit achtzig:
      • Mehr Erinnerungen als Erwartungen
      • Nicht an hundert denken, sondern an 81
      • Nicht mehr verlangen, sondern danken
      • Mehr auf den Weg achten als auf das Ziel
      • Dem eigenen Gedächtnis misstrauen
      • Das Unabwendbare gelassen erwarten

Allen Gratulanten danke ich dafür, dass sie sich an mich erinnert und mich ihrer guten Wünsche für würdig erachtet haben.



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10. März 2010

»Für die Berufsausbildung nicht geeignet – Jugendliche ohne Schulabschluss«

Versagen die Schulen bei der Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung?

Die Bundesregierung sei besorgt über die mangelnde Ausbildungsreife vieler Jugendlicher, kann man den Massenmedien dieser Tage entnehmen. In der Tat ist das eine verheerende Erkenntnis, die sich nun schon seit langem Jahr für Jahr vorhersagbar ergibt: Viel zu vielen Schulabgängern fehlen grundlegende Fähigkeiten zur Aufnahme einer Berufsausbildung. Neu ist, dass der Übergang vom Ausbildungsplatzmangel zum Bewerbermangel nahtlos erfolgt ist. Die bittere Konsequenz: Schon heute finden Unternehmen keinen geeigneten Nachwuchs mehr, andererseits stehen immer noch viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz und ohne Vermittlungschance auf der Straße oder versuchen in berufsvorbereitenden Einrichtungen ihre Chancen zu verbessern. Damit nicht genug, etwa jeder fünfte Ausbildungsvertrag wird vorzeitig gelöst.
Als Hauptursache für die Misere werden mangelndes Leistungsvermögen und unzureichende schulische Qualifikation genannt. Unstrittig kommen solche Jugendliche in den meisten Fällen aus problematischen sozialen Milieus. Dennoch darf die Politik und darf auch die Gesellschaft nicht hinnehmen, dass sich Armut schicksalhaft fortpflanzt.
Selbst wenn die Bundesbildungsministerin im Entwurf des Berufsbildungsberichtes 2010 die Zahl von 47,3 Prozent aller Schulabgänger, die nicht reif für eine Berufsausbildung sind, gerne schönreden will, diese Quote ist einer „Bildungsrepublik“ unwürdig. Da hilft es auch nicht, wenn die Ministerin gebetsmühlenartig darauf hinweist, dass in dieser Zahl auch Schulabgänger früherer Jahre versteckt seien. So leicht dürfen sich Politikerinnen und Politiker nicht aus der Verantwortung stehlen.
Vielleicht erscheint es Ihnen zu radikal, aber ich sage:

»Wer heute Geld für Bildung ausgibt, spart später bei Hartz IV!«

 

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31. Dezember 2009

»Den Besuchern meiner Webseite wünsche ich für 2010 alles Gute,
Erfolg im Beruf und Wohlbefinden im Privaten,
Glück und Gesundheit seien auch dabei!«

Ein Jahr geht zu Ende.
Nichts ist mehr so, wie es an seinem Anfang war.
Alles hat sich gewandelt.
Keiner ist dort, wo er hin wollte.
Weshalb freuen wir uns dennoch auf
ein neues Jahr?



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23. Dezember 2009

»Außer Spesen nichts gewesen!«

Manche Gipfel kreißen, gebären aber nicht einmal eine Maus.

Vierzehn Monate liegen zwischen den „Bildungsgipfeln“ von Dresden 2008 und Berlin 2009. Die Bilanz ist eine Bankrotterklärung, Schon der von Merkel und Schawan einst vollmundig gewählte Begriff Bildungsgipfel wird – wo immer möglich – vermieden. In Berlin war von einem „routinemäßigen Gespräch“ die Rede, bei dem auch über das Ziel des Dresdener „Qualifizierungsgipfels“ gesprochen werden sollte. Siehe auch unter 23. Oktober 2008! Das Ergebnis von Berlin nahm etwas von dem des Kopenhagener Klimagipfels vorweg: Die theatralischen Ankündigungen und der finanzielle Aufwand für die Veranstaltungen wurden durch die Ergebnisse nicht einmal im Ansatz gerechtfertigt.
Die gleichen Zahlenspiegeleien hier und dort.
In Dresden waren hohe Erwartungen geweckt worden. Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder hatten bis zu 60 Milliarden Euro Mehrausgaben pro Jahr für Bildung und Forschung in Aussicht gestellt. „Bildung muss oberste Priorität haben“, wurde gebetsmühlenartig herunter geleiert. Und Frau Schawan vergisst selten in ihren Reden zu erwähnen: „Das duale System ist das Flaggschiff unseres Bildungssystems!“ Aber auch für die Damen und Herren unserer Regierungen gilt das der Bibel entlehnte Sprichwort: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“
Und da sieht es trüb aus. Auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sollten bis 2015 die Ausgaben für Bildung und Forschung steigen, bis zu 60 Milliarden Euro pro Jahr waren im Gespräch. Geblieben sind statistische Tricksereien – und sowohl der Bund als auch die Länder machen sich nicht einmal die Mühe das zu verbergen. Das Schönreden geht sogar so weit, dass die Pensionskosten für Lehrer und Professoren, das Kindergeld für Volljährige und Weiterbildungskosten für Hartz-IV-Empfänger den Bildungsetats zugerechnet werden. Warum nicht auch das Kindergeld für Schulkinder, sind die Mütter doch die Nachhilfelehrer der Nation. Und weil wegen der Wirtschaftskrise das BIP schrumpft, können die Bundesländer plötzlich sogar strahlend vermelden: Ziel so gut wie erreicht! Wenn das nicht an Volksverdummung grenzt, was dann.
Merke: Wer einen Gipfel bezwingen will, sollte vorher seine Ausrüstung gründlich untersuchen.

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03. September 2009

Fortbildungsordnungen für Ausbilderinnen und Ausbilder

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat zwei Fortbildungsordnungen für Bildungspersonal in Betrieben erlassen.

Frau Schavan, die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat zwei Fortbildungsordnungen nach § 53 Abs. 1 BBiG bzw. § 42 HWO erlassen, mit denen die bisherigen Kammerregelungen abgelöst worden sind. Für diese gelten aber Übergangsregelungen bis zum 31.12.2013!!!
Die neu geregelten Fortbildungsabschlüsse lauten:
1. Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge / Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagogin
2. Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Berufspädagoge / Geprüfte Berufspädagogin.
Beide Verordnungen sind im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit rechtsgültig. (BGBl I Nr. 56 vom 26. August 2009, Seite 2927ff) Ihr Wortlaut kann im Internet unter www.bundesgesetzblatt.de herunter geladen werden.
Die Teilnahme an der Prüfung zu 2 setzt u.a. die erfolgreiche Ablegung der Prüfung zu 1 voraus.
Das ist der Einstieg. Es ist zu erwarten, dass das bibb dazu Rahmenpläne für Vorbereitungslehrgänge erarbeiten und veröffentlichen wird. Wer bis dahin einen solchen Lehrgang anbietet, wird wohl einige Fantasie aufbringen müssen, die vorgegebenen Rahmen mit Inhalten zu füllen. Auffallend ist auf den ersten Blick, dass inhaltliche Teile sich in beiden Verordnungen wiederfinden, die dann wohl in der Ausgestaltung taxonomisch differenziert werden müssen.
Die hier und da oft zitierte "Durchlässigkeit" zum Hochschulstudium ist und kann auch in diesen Verordnungen nicht geregelt werden. Sie gehört in die Hochschulgesetzgebung und diese ist weitgehend Ländersache bzw. Angelegenheit der Hochschulautonomie. Welche Beschäftigungsmöglichkeiten die so Geprüften in der Wirtschaft finden werden, steht noch in den Sternen. Wir dürfen gespannt sein.

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13. August 2009

Nachdenkliches zum Schuljahresbeginn

Deutschland spart - am falschen Platz.

"Was", werden Sie sich fragen, "Was hat die Zahl auf der Schultüte verloren?"
Soviel Prozent des Bruttosozialproduktes geben wir in Deutschland jährlich für Bildung aus.
"Oh!"
werden Sie sagen und weiter frühstücken.

Zum Vergleich: Dänemark 7,7 : Schweden und Portugal 7,1 : Vereinigtes Königreich 6,1 : Frankreich 6,0
Von den alten EU-Ländern gibt nur Griechenland (2,3) weniger für Bildung aus als wir.

Da vermag ich den alten Stoßseufzer nicht zu unterdrücken: "Armes Deutschland!"

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03. Juli 2009

»Wenn zwei dasselbe tun ...«

Kooperation und Konkurrenz in der beruflichen Bildung

Da ist die neue Ausbilder-Eignungsverordnung gerade mal ein paar Wochen alt und noch gar nicht in Kraft, schon geschieht das Unglaubliche:
Zwei Institutionen, die eigentlich zur Zusammenarbeit verpflichtet sein sollten und von denen mindestens die eine bei der anderen formal mitwirkt, veröffentlichen fast gleichzeitig einen jeweils eigenen und vom anderen durchaus verschiedenen Rahmenplan für die Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Ausbilder-Eignungsprüfung.
Wer bisher noch nicht wusste, wie Berufsbildung in der BRD funktioniert, der hat es jetzt schriftlich: chaotisch!
Im Juni 2009 veröffentlicht der DIHK Publikationen Service seinen Rahmenplan, am 3. Juli 2009 das BIBB den seinen. Dass beide nicht am gleichen Tag erschienen, ist offenbar nur der Tatsache geschuldet, dass im BIBB der Hauptausschuss den Entwurf formal beschließen muss.
Wenn Sie beide Pläne nebeneinander legen, werden Sie kaum glauben wollen, dass beide vorgeben, sich auf die AEVO von 2009 zu beziehen. Formal und inhaltlich könnten die Unterschiede kaum größer sein. Es wird sicher noch viel über die Verschiedenheit zu diskutieren sein. Zunächst aber frage ich mich, wer wird denn nun welchen Rahmenplan benutzen?
Wird in den IHK-Lehrgängen der Plan des DIHK benutzt und bei anderen Bildungsträgern der des BIBB?
Wie werden sich die Prüfungsausschüsse bei den Kammern auf die Tatsache einstellen, dass Prüflinge nicht nur aus verschiedenen Lehrgängen kommen, sondern auch nach verschiedenen Rahmenplänen mit unterschiedlichen Stundenvorgaben unterrichtet wurden?
Sprechen wir einmal wenigstens kurz und nur als Einstieg in eine umfangreichere Diskussion, die ich erwarte, über die Unterschiede
a) zum alten Rahmenplan:
Dessen Handlungs- und Situationsorientierung wurde aufgegeben. Der Rahmenplan des BIBB macht eine Kehrtwendung zurück zur Lernzielorientierung, der des DIHK sucht sein Glück noch weiter hinten in der Gestaltung alter Lehrpläne und formuliert Lerninhalte. Der alte RP enthielt methodische Hinweise und regte an, die Methoden mit Hilfe der Methoden zu erlernen, handlungsorientiert eben. Er stellte den Lernenden und seine Aktivität in den Mittelpunkt, die neuen Pläne sind dozentenorientiert. So kann man auf jeden Fall schon mal die erforderliche Stundenzahl reduzieren. Es ist zu befürchten, dass Themen und Ziele wieder abgehakt werden. Für gemeinsames Erarbeiten und vertiefende Erfolgssicherung wird keine Zeit mehr sein.
Der alte Rahmenplan hatte seine Schwächen und ich habe darüber oft geredet und geschrieben. Die neuen können ihm aber nicht das Wasser reichen. Wird Frau Hensge sich freuen oder ärgern?
b) untereinander:
Der unterschiedliche strukturelle Ausbau wurde bereits erwähnt: hier Themen, dort Lernziele, Handlungssituation passé! Besonders kurios erscheint mir, dass der RP des DIHK zwar auf Lernzielformulierungen verzichtet, aber die pädagogisch längst umstrittenen Lernzieltaxonomien wieder zum Leben erweckt. Während das BIBB immerhin 115 Stunden für den Vorbereitungslehrgang für nötig hält, ist der DIHK schon mit 90 zufrieden, erwartet aber Einiges darüber hinaus: "Es ist seitens der Bildungsträger sicherzustellen, dass der Selbstlernprozess aktiv gesteuert und der Lernfortschritt durch die Lehrgangskonzeption überprüfbar ist."(Seite VII) Da höre ich doch die Rechenmaschinen schon klappern, die die Stunden herunterrechnen. Warum nicht gleich Hausaufgaben einbauen?
Das sind nur erste Eindrücke, ich fürchte, es wird noch mehr kommen.

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28. Juni 2009

»Alter Wein in neuen Schläuchen!«

Was ist drin, wenn Ausbildungssituation drauf steht?

Ab Herbst 2009 werden Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Ausbilder-Eignungsprüfung sich an der neuen Ausbilder-Eignungsverordnung orientieren müssen, auch an den darin veränderten Prüfungsbedingungen.
Nach der AEVO von 1999 sollten die Prüfungskandidaten im Rahmen des praktischen Teiles der Prüfung eine „Ausbildungseinheit“ als Unterweisung praktisch durchführen oder dem Prüfungsausschuss präsentieren. Der Begriff Ausbildungseinheit war weder in der Verordnung noch in der einschlägigen Literatur definiert, wurde aber ohne viel Murren angenommen.
Aus dem Grundwort "Einheit" dürfte sich immerhin ergeben, dass es sich dabei um einen thematisch geschlossenen Teil der Ausbildung handelt, der nicht mehr unterteilt werden kann, wenn der Sinnzusammenhang nicht verloren gehen soll. Das können Handlungsabläufe sein, aber auch Kenntnisbereiche, die im Rahmen der für die praktische Prüfung vorgegebenen Zeit lehrend und lernend bewältigt werden können. Für diesen Fall bot sich die praktische Durchführung in Form einer Unterweisungsprobe an. Dafür konnten dann verschiedene Methoden der Arbeitsplatzunterweisung gewählt werden, z.B. die Vier-Stufen-Methode oder der Arbeitsplatzdialog.
Wurde eine Ausbildungseinheit ausgewählt, die zwar einen Sinnzusammenhang darstellt, sich jedoch in der kurzen Zeit der praktischen Prüfung nicht als Unterweisung realisieren lässt, bestand die Möglichkeit, sie dem Prüfungsausschuss zu präsentieren. Dabei stellte der Prüfling dar, wie er die Ausbildungseinheit lehren würde, wenn er die dazu notwendigen Bedingungen vorfände. Vor allem kaufmännische Ausbildungseinheiten sind oft so komplex, dass sie in den 15 bis 20 Minuten des praktischen Anteils der Prüfung gar nicht vollständig zu behandeln sind. Hier bot sich die Präsentation an. Auch anspruchsvolle Ausbildungsmethoden, wie die Fallstudie oder die Leittextmethode, konnten in dem angegebenen Zeitrahmen nicht realisiert werden. Doch dafür war dann eine Präsentation angebracht.
So weit, so gut.
Die neue AEVO sieht für den praktischen Teil der Ausbilder-Eignungsprüfung die Präsentation bzw. die praktische Durchführung (hier ist die Reihenfolge umgekehrt worden) einer „Ausbildungssituation“ vor. Auch dieser Begriff ist nicht definiert, nur so weit ergänzt, dass es sich um eine „berufstypische“ Ausbildungssituation handeln muss.
In einigen Monaten werde ich als Prüfer entscheiden müssen, ob mir die Kandidaten eine Ausbildungssituation präsentieren bzw. vorführen. Offen gestanden: Ich fühle mich bei dem Gedanken nicht wohl.
In der wirtschafts- und berufspädagogischen Diskussion der letzten mindestens zehn Jahre hat sich im Rahmen der Lernfelddiskussion der Begriff „Lernsituation“ durchgesetzt und wurde auch weitgehend anerkannt definiert. Kann ich davon ausgehen, dass die „Ausbildungssituation“ der AEVO mit der „Lernsituation“ der Berufspädagogik übereinstimmt? Wenn ja, warum hat man dann den eingespielten Begriff nicht verwandt?
Philipp Ulmer, im BIBB zuständig für die AEVO, hat mit seiner Ko-Autorin Katrin Gutschow auf Seite 51 in Heft 3/2009 des BIBB-Organs „Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis“ den neuen Begriff wie folgt definiert: „Unter ‚Ausbildungssituation’ wird eine Situation verstanden, die ein typisches Element einer Dienstleistung oder einer Produktion wirklichkeitsnah abbildet und zugleich dem erforderlichen didaktischen Gehalt der Ausbildung Rechnung trägt.“
Noch ein Mal offen gestanden: klüger bin ich jetzt nicht.
Lernsituationen werden in der pädagogischen Literatur anders beschrieben bzw. definiert.
Ich versuche einmal mein Problem an konkreten Beispielen aufzuhängen:
Kann das Thema „Beurteilungsgespräch“ als eine Ausbildungssituation dem Prüfungsausschuss präsentiert werden?
Wird die Durchführung einer Unterweisung zum Thema „Umgang mit dem Messschieber“ mit Hilfe der Vier-Stufen-Methode dem oben definierten Anspruch einer „Ausbildungssituation“ gerecht?
Je mehr ich nachdenke, desto mehr Fragen stellen sich mir.

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18. Juni 2009

»Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!«

Der Ausbildungsstellenmarkt leidet unter der Wirtschaftskrise.

Seit Jahrzehnten können wir eine jährlich wiederkehrende "Zeitenwende" feststellen, den Stichtag der Bekanntgabe der Zahlen zum Ausbildungsstellenmarkt. Vorher werden gebetsmühlenartig die bedeutenden Erfolge des Ausbildungspaktes gepriesen, nach dem Stichtag werden aus allen Hüten Gründe dafür gezaubert, warum es in diesem Jahr wieder nicht geklappt hat. Neu gewonnene Ausbildungsplätze werden bejubelt, die Zahl der Unternehmen, die nicht mehr ausbilden wollen, wird unter den Teppich gekehrt.
Jetzt muss auch die Wirtschaftskrise als Ursache für die längst Alltag gewordene Mangelerscheinung herhalten. Irgend etwas oder irgend jemand muss ja Schuld daran sein. "Demografie und Wirtschaftskrise hinterlassen erkennbare Spuren im Ausbildungsmarkt.", stellen DIHK und ZDH in einer gemeinsamen Erklärung fest. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Wissen sie doch, dass die Spur schon weit hinter die Wirtschaftskrise hinaus weist und zu ihren Ursachen nicht zuletzt die mangelnde Bereitschaft vieler Unternehmen gehört, Berufsausbildung als dringende und durchaus eigennützige Aufgabe anzunehmen.
Bis Ende Mai 2009 wurden bei den Industrie- und Handelskammern 133.167 neue Ausbildungsverträge registriert, das sind 8.075 oder 5,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei den Handwerkskammern wurden im gleichen Zeitraum 35.385 neue Ausbildungsverträge gezählt, 9,8 Prozent weniger als im letzten Jahr.
Mit einem gemeinsamen Aktionsplan wollen der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) jetzt gegen die Flaute ankämpfen. Kommt uns das nicht bekannt vor? Lesen Sie die Pressemitteilung der Verbände vom 05.06.2009 und Sie werden feststellen: Viel Wind und wenig Segel, alte Hüte und kalter Kaffee. Wie lange wird es noch dauern, bis die Verbandsfunktionäre erkennen, dass die Mitgliedsunternehmen sich von den Jubelarien nicht zum Mitsingen überzeugen lassen. Kurzsichtigkeit, dein Name war schon immer Unternehmer.

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23. April 2009

»Man kann gar nicht so viel essen, wie man ...«

Prämiengutscheine zeigen, was der Bundesregierung die Fortbildung der Arbeitnehmer wert ist.

Mit Pressemitteilung vom 31. März 2009 (061/2009) beglückt die Bundesministerin für Bildung und Forschung die deutschen Arbeitnehmer mit der Ankündigung: "Noch mehr Menschen als bisher bekommen jetzt Geld für ihre Weiterbildung. Mit dem Prämiengutschein unterstützt der Staat die Finanzierung von individueller beruflicher Weiterbildung für Erwerbstätige." Da kommt Freude auf! Mit Interesse liest man weiter: "Prämiengutschein stärkt die Eigenverantwortung und hilft gezielt denjenigen, die bislang die Kosten einer Weiterbildung nicht ohne weiteres tragen konnten." Da werden aber einige ihr Glück gar nicht fassen können, denkt man weiter. Doch dann kommt der Hammer: "Mit dem Prämiengutschein übernimmt der Staat bis zu 50 Prozent der Weiterbildungskosten, maximal 154 Euro." Es wäre auch zu schön gewesen. Insider wissen, die Kosten für eine qualifizierte Weiterbildung gehen schnell in die zwei-, dreitausend Euro. Da ist mir mit 154 Euro nicht viel geholfen. Da haben wir wieder einmal ein Exempel für den Widerspruch zwischen großen Worten und erbärmlichen Taten. Das sind die angekündigten "Investitionen in die Zukunft", der Bildungsgipfel lässt grüßen. Der Höchstbetrag zeigt wohl auch, wie wenig die Ministerin die reale Welt kennt. Für die "systemrelevanten" Banken gibt es Milliarden. Weiterbildung der Arbeitnehmer ist dann eben nicht systemrelevant. Die Zukunft wird es zeigen.
Wäre es nicht zu mehrdeutig, möchte ich sagen: "Armes Deutschland!".

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20. März 2009

»Alte Herren am Fuße der Leiter!«

Auszubildende beginnen immer später mit der Ausbildung.

Den Systemkritikern wird es gefallen, unser Ausbildungssystem altert sich zu Tode. Wenn sie in das Berufsleben starten, sind Abiturienten heute im Durchschnitt 20, Ausbildungsanfänger bereits über 19 Jahre alt, von Hochschulabsolventen deutlich über der 30er-Marke ganz zu schweigen. Kommt noch hinzu, dass psychische und soziale Reifungsprozesse sich immer weiter hinaus ziehen. Akzeleration nennt das die Wissenschaft, der Volksmund spricht von "Nesthockern". An unserem gesamten Bildungssystem kann etwas nicht stimmen, wenn Ausbildungsanfänger nach verfahrener Schulkarriere, als Abbrecher von Realschule, Gymnasium und gar Hochschule in einem Alter von über zwanzig versuchen müssen, einen Berufsweg zu finden. Ein Blick in die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass die im Durchschnitt jüngsten Ausbildungsanfänger, die der Maschinenbau- und wartungsberufe, immerhin schon 18,4 Jahre alt sind, die der Versicherungskaufleute bereits 23. Früher sagte man: "Wer nichts wird, wird Wirt!". Sind die Versicherungskaufleute die Wirte von heute?
In den Hochschulen scheint sich die Entwicklung zu drehen. Die neuen Bachelorabschlüsse erweisen sich als "Jungbrunnen". Sollte sich dieser Werdegang stabilisieren, kann er für die Ausbildung im dualen System zur Gefahr werden. Wenn ein Neunzehnjähriger vor der Entscheidung steht, eine dreijährige (oder gar 3,5jährige) duale Ausbildung zu machen oder ein dreijähriges Studium mit Bachelorabschluss, dann wird er sich wohl zu Letzterem entschließen. Der verstärkte Andrang zu den Fachhochschulen im letzten und in diesem Jahr scheint meine Vermutung zu bestätigen.
Sie werden bemerkt haben, dass ich für diesen Beitrag nur die männliche Variante gewählt habe. Das hat seinen guten Grund: Frauen sind in allen geschilderten Fällen deutlich jünger.

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13. Februar 2009

»Im ganzen - haltet Euch an Worte!»

Wie die neue Ausbilder-Eignungsverordnung mit Wörtern spielt.

Die Sprachwissenschaft ist sich über den Unterschied zwischen Wörtern und Worten längst einig: Wörter werde aneinander gereiht zu Sätzen, mit diesen werden dann oft viele Worte gemacht. Politiker lieben es gelegentlich, viele Worte zu machen, auch in Gesetzen und Verordnungen. Das lässt Spielraum zur Auslegung und zum Rückzug. Beispiel gefällig? Na bitte:
Die AEVO von 1998 benutzte für den praktischen Teil der Ausbilder-Eignungsprüfung das Wort "Ausbildungseinheit" für das, was präsentiert oder durchgeführt werden sollte (§ 3 Abs 4 AEVO). Dieser völlig offene Ausdruck hinterließ zunächst Ratlosigkeit, führte dann aber aus der Not zu Definitionsversuchen, z.B. von mir:
"Aus dem Grundwort "Einheit" dürfte sich jedoch ergeben, dass es sich dabei um einen thematisch geschlossenen Teil der Ausbildung handelt, der nicht mehr unterteilt werden kann, wenn der Sinnzusammenhang nicht verloren gehen soll. Das können Handlungsabläufe sein, aber auch Kenntnisbereiche, die im Rahmen der für die praktische Prüfung vorgegebenen Zeit lehrend und lernend bewältigt werden können." (Adalbert Ruschel: Die Ausbildereignungsprüfung. Vorbereitung auf die schriftliche und praktische Prüfung. 3., völlig neue Auflage, Ludwigshafen 2007,Seite 191)
Die neue AEVO (2009) verwendet an derselben Stelle das Wort "Ausbildungssituation". Sollte damit dieselbe Sache gemeint sein wie 1998, fragt man sich doch, warum es eines neuen Wortes bedarf. Unstrittig ist, dass "Situation" als Grundwort in manchen pädagogischen Fachtermini durchaus benutzt wird, z.B. Lernsituation oder Gesprächssituation. Die Naturwissenschaftler definieren "Situation" über Raum und Zeit, Sozialwissenschaftler definieren "soziale Situation" zusätzlich über die beteiligten Personen und die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zur Beschreibung von Lehr- und Lernsituationen reicht das alles noch nicht aus. Hier müssen Lernziele, Methoden und Transfermaßnahmen mit einbezogen werde. Vorbereitungs- und Nachbereitungsphase gehören zwar nicht direkt zur Lernsituation, beeinflussen diese aber als feed-forward-strategie bzw. feed-back-strategie deutlich.
Bleibt für mich die Frage, ob Prüflinge diesem Anspruch im Rahmen der praktischen Prüfung überhapt gerecht werden können. Schließlich sollen sie die Auswahl und Gestaltung der Ausbildungssituation in den 30 Minuten Prüfungszeit ja auch noch in einem Prüfungsgespräch, pardon: Fachgespräch gegründen, pardon: erläutern. Auch das sind neue Wörter für erprobte alte. Wenn der 2. Teil der praktischen Prüfung ein Fachgespräch sein soll, wird sich einiges ändern müssen!
Die Literaturkenner unter meinen Lesern haben sicher sofort bemerkt, dass meine heutige Überschrift Goethes Faust, Teil I, entnommen ist. Lassen Sie mich mit der Fortsetzung des Textes schließen, sie passt so schön hierher:
Mephistopheles:
Im ganzen - haltet Euch an Worte!
Dann geht Ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewissheit ein.

Schüler: Doch ein Begriff muß bei dem Worte sein.

Mephistopheles:
Schon gut! Nur muss man sich nicht allzu ängstlich quälen;
Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten lässt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte lässt sich trefflich glauben,
Von einem Wort lässt sich kein Jota rauben.


Aufgemerkt: Die zweite Studierzimmerszene im Faust ist voller Ironie. Die AEVO dagegen ist tiefster Ernst.

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06. Februar 2009

»Zum Jubeln ist es noch zu früh!»

Am 29. Januar 2009 wurde im Bundesgesetzblatt eine neue Ausbilder-Eignungsverordnung veröffentlicht.

Ich nehme es vorweg: Die Bretter werden immer dünner und damit die Wertschätzung immer geringer auf dem Weg zur Ausbilder-Eignung. Die neue AEVO macht die Qualifikation zum Ausbilden noch leichter als es die vorherige schon tat. Als die Information durchsickerte, die Bundesregierung plane eine neue Ausbilder-Eignungsverordnung, musste man überrascht sein. Die erste Version von 1972 war 27 Jahre nahezu unverändert gültig. Die zweite war kaum erlassen, da wurde ihre Berücksichtigung als Ausbildungsnachweis schon ausgesetzt, zunächst für fünf Jahre, aus denen dann aber sechs wurden. Sie war demnach länger ausgesetzt als gültig. Bis heute weiß niemand so recht zu sagen, wofür die Aussetzung überhaupt gut war. Zumindest erstaunlich ist auch die Tatsache, dass zwar die Folgen der Aussetzung evaluiert wurde, die Verordnung selbst aber nicht. Merkt denn niemand, dass es längst an der Zeit wäre, die AEVO und die damit zusammenhängende Schulungsindustrie und Prüfungsmaschinerie kritisch zu betrachten?
Was ist neu, fragen wir lieber was ist anders an der neuen AEVO?
Als Jacob Burghardt, der Schweizer Philosoph und Kulturwissenschaftler, 1889 in einem Brief von den "furchtbaren Vereinfachern" (franz.: terribles simplificateurs) sprach, konnte er nicht ahnen, wie oft diese zwei Wörter später zitiert werden würden. Ich komme nicht umhin, sie auch hier zu bemühen.
Die einst völlig zu Recht hochgelobten sieben Handlungsfelder wurden auf vier verkürzt. Sinn und Absicht dieser Kürzung kann ich nicht erkennen, denn jetzt wabern und wabbeln die bisherigen Lerninhalte ohne jede Stringenz in den neuen Handlungsfeldern umher. Die früheren Handlungsfelder 1 und 2 sind bis zur Unkenntlichkeit vermischt, wobei das Handlungsfeld (1) "Allgemeine Grundlagen legen" nahezu pulverisiert wurde. Die zukünftigen Ausbilder sollen wohl nicht mehr über Grundlagen unseres Berufsausbildungssystems nachdenken, sondern einfach das tun, was man ihnen zu tun übriglässt.
Die bisherigen Handlungsfelder 4 (Am Arbeitsplatz ausbilden), 5 (Lernen fördern) und 6 (Gruppen anleiten) wurden in ein Handlungsfeld (3) zusammengeworfen. Lese ich dann unter § 3 Abs. 1 Satz 1 die Zielsetzung dieses komplexen Handlungsfeldes, wird mir Angst und Bange: "Das Handlungsfeld nach § 2 Nummer 3 umfasst die berufs- und arbeitspädagogische Eignung, selbstständiges Lernen in berufstypischen Arbeits- und Geschäftsprozessen handlungsorientiert zu fördern." Da sind den Autoren mit der Begeisterung für das selbstständige Lernen wohl die Gäule durchgegangen. Gibt es denn nur noch Fertigkeiten und Kenntnisse, die selbstständig erlernt werden können und müssen? Sind Ausbilderin und Ausbilder nur noch als Lernbegleiter gefragt? Welche Methodenkompetenz wird denn für das Ausbildungspersonal der Zukunft angesteuert?
Hoffentlich lässt der Rahmenstoffplan für die Lehrgänge nicht noch lange auf sich warten, auch die Übersicht zum Lehrgangsaufbau für die bisherige AEVO war ein nützliches Instrument für die Umsetzung der Verordnung. Kommt da noch etwas? Eine Kröte steckt mir noch im Hals: Auch für die dritte Version der AEVO haben sich die politisch Verantwortlichen nicht dazu durchringen können, die Verordnung auch für den Bereich der freien Berufe verbindlich zu machen. So werden auch in Zukunft Ärzte, Anwälte und ähnlich pädagogisch naturbegabte Wesen weiterhin frisch, fromm, fröhlich, frei ohne Qualifikationsnachweis ausbilden können. Was würde wohl Turnvater Jahn dazu gesagt haben?
Fazit: Unsere Bildungsministerin wird sich Gedanken darüber machen müssen, ob das von ihr so gern zitierte "Flaggschiff" unserer Bildungsflotte durch das Wirken so qualifizierter Ausbilderinnen und Ausbilder frischen Glanz erhalten kann. Mir geht bei diesen Bildern der britische Lord Nelson nicht aus dem Kopf, ahoi!

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16. Januar 2009

»In der Schule lernt man nichts, aber das fürs ganze Leben.»

Der alte Seneca (4 vor Christus bis 65 nach Christus) und die Folgen!

Bei Abschlussfeiern in der Schule wird – manchmal sogar körpersprachlich mit erhobenem Zeigefinger unterstützt - gerne zitiert:
"Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir", bei der Abiturfeier gar: Non scholae, sed vitae discimus!
Das Zitat stamme von dem römischen Schriftsteller und Philosophen Seneca und stehe im 106. der Briefe an Lucilius über Ethik (Epistulae morales ad Lucilium), wird vielleicht noch hinzugefügt. Dort heißt es aber tatsächlich: Non vitae, sed scholae discimus.
Schon Seneca beklagte also, dass die Erziehung in der Schule und die unnütze Fülle an Stoff kaum dazu geeignet sei, die jungen Menschen auf das Leben vorzubereiten - eine Klage, die sich im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert hat und heute besonders häufig von Arbeitgeberseite vorwurfsvoll vorgetragen wird. Ob man für das Leben oder für die Schule lernt, scheint von jeher eine Frage des Standpunkts gewesen zu sein. Die Wirtschaft erwartet von den Schulen gut qualifizierten Nachwuchs, der möglichst passgenau in die Produktions- oder Dienstleistungsprozesse eingegliedert werden kann. Junge Menschen mit Problemen und Defiziten sind da eher unerwünscht.
Aktuelle Diskussionen, die sich mit den zeitgemäßen Anforderungen an schulische Bildung in einer modernen Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft befassen, konzentrieren sich fast ausnahmslos auf marktrelevante und verwertbare berufliche Fachkompetenzen. Vielerorts mangelt es an der Einsicht, dass schulische Bildung auch Lernen für ein Leben jenseits von Erwerbsarbeit zu sein hat. Viele Probleme Jugendlicher und Heranwachsender resultieren aus eingeschränkten Fähigkeiten bei der Bewältigung des Alltags und fehlender Informationen dazu.
Die Frage, wie Schule auf eine verantwortungsbewusste, alltagsorientierte Berufs- und Lebensplanung vorbereiten kann, muss gesellschaftlich gestellt, diskutiert und beantwortet werden. Welche Qualifikationen und Kompetenzen unsere Schülerinnen und Schüler für ihre künftigen Rollen im Leben brauchen, als erwerbstätige Frauen und Männer, als kritische Konsumentinnen und Konsumenten, als Mütter und Väter, aber auch als mündige Bürgerinnen und Bürger, die informiert, konfliktfähig und sozial engagiert Gesellschaft mitgestalten wollen, kann nicht nur von Seiten der Wirtschaft entschieden werden, von dort vielleicht sogar am allerwenigsten.
Um neben der Wissensvermittlung einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung leisten zu können, bedarf es Zeit und eines kontinuierlichen und möglichst ungestörten Prozesses. Schulen sind nicht Experimentierfelder, schon gar nicht zur Schaffung des homo oeconomicus. Integration in der Schule darf für niemanden in einer Sackgasse enden. Das Recht auf Arbeit und einen angemessenen Platz in der Gemeinschaft haben alle. Um den Weg dazu zu ebnen, ist es Aufgabe der Schule, ausgehend von der Erfahrungs- und Erlebniswelt der Einzelnen, Schülerinnen und Schüler auf die gleichberechtigte Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten, ebenso wie auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Denn erst dann lernen sie wirklich für das Leben.

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31. Dezember 2008

»Den Besuchern meiner Webseite wünsche ich für 2009 alles Gute, Erfolg im Beruf und Wohlbefinden im Privaten! «

Jeder wünscht sich langes Leben,
seine Kisten voller Geld,
Wiesen, Wälder, Äcker, Reben –
Klugheit, Schönheit, Ruhm der Welt,
doch wenn alles würde wahr,
was man wünscht zum neuen Jahr,
dann erst wär’ es um die Welt,
glaubt es, jämmerlich bestellt.

Johann Heinrich Daniel Zschokke
Vater von zwölf Söhnen und einer Tochter,
Befreundet mit Johann Heinrich Pestalozzi



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08. Dezember 2008

Vom Gehen und Kommen

Bleibt die Ausbildereignungsprüfung ausgesetzt - und wenn ja, wie lange?

Die Titelfrage passt irgendwie in die Adventszeit, wenn die Christenheit weltweit auf die Geburt des Herren wartet. Immerhin dauert die Aussetzung des Nachweises der Ausbildereignungsprüfung inzwischen schon länger als die Verordnung nach der Novellierung der AEVO 1988 in Kraft war. 2003 hat die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung den Nachweis der Prüfung für die berufs- und arbeitspädagogische Eignung für zunächst fünf Jahre ausgesetzt. Obwohl eine von der heutigen Ministerin selbst in Auftrag gegebene Untersuchung gezeigt hat, dass die Aussetzung kaum zusätzliche Ausbildungsplätze gebracht, aber die Qualität der Ausbildung deutlich verschlechtert hat, konnte sie sich nicht entschließen, den Nachweis nach Ablauf der Frist wieder zu verlangen. Stattdessen geschah, was immer geschieht, wenn Politiker sich nicht entschließen wollen oder können, es wurden Kommissionen mit der Arbeit an Änderungsvorschlägen für die AEVO beauftragt.
Wie ist nun dort der Stand der Dinge?
Frau Schawan lässt also z.Z. von mehreren wirtschaftszweigabhängigen Ausschüssen Vorschläge für eine neuerliche!!! Novellierung der AEVO ausarbeiten. Dabei gibt es offenbar heftige Kontroversen zwischen DHKT und DIHKT. Das Handwerk will unbedingt die sieben Handlungsfelder erhalten, die Industrie sie auf vier verringern. Noch nicht bekannt sind die Stellungnahmen der übrigen Zweige, z.B. des öffentlichen Dienstes und der Hauswirtschaft. An eine Wiedereinführung der Prüfungspflicht nach AEVO im Jahre 2009 glaubt so recht niemand mehr. Es hat den Anschein, als schiebe die Ministerin die Entscheidung vor sich her bis nach der Wahl 2009. Bis Herbst 2010 wird die jetzige Regelung dann wohl bestehen bleiben.
Wenn Sie sich für die Vorgänge im Rahmen der Aussetzung des Nachweises der Ausbildereignungsprüfung im Jahr 2003 und deren Folgen interessieren, suchen Sie auf dieser website unter "Texte zum Herunterladen" nach. Dort sind reichhaltig Quellen zu finden.

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23. Oktober 2008

Schaufensterveranstaltung oder Aufbruch?

Der Bildungsgipfel hinterlässt wenig Hoffnung.

"Der Berg kreißte und gebar eine Maus." Diese Redensart stammt aus der Ars poetica des römischen Dichters Horaz (65 bis 8 v. Chr.), wo es in Vers 139 heißt: „Parturient montes, nascetur ridiculus mus” (Es kreißen die Berge, zur Welt kommt nur ein lächerliches Mäuschen.)
Selten war der Berg so groß und die lächerliche Maus so klein wie gestern (22. Oktober 2008) beim großmundig angekündigten „Bildungsgipfel“ in Dresden. Da hatte doch die Kanzlerin monatelang die Bergwanderung zum Gipfel als den Weg zur „Bildungsrepublik“ gepriesen – und was kam nun heraus? Ein winziges Mäuschen, das man nur mit einem Mikroskop wahrnehmen kann, aber für Mikroskope fehlt in der Bundesrepublik das Geld.
Genug der Metaphern: Beschlossen wurden Selbstverständlichkeiten und sogar diese nur halbherzig. Lehrermangel, zu viele Schul- und Ausbildungsabbrecher, fehlende Chancengleichheit, Akademikermangel, im internationalen Vergleich erhält das deutsche Bildungssystem seit Jahren schlechte Noten. Gelöst ist nach dem Gipfel keines der Probleme. Die Herren Ministerpräsidenten haben der Kanzlerin die Pfauenfedern gestutzt. Selbst Minimalziele, wie die Halbierung der Zahl der Schulabbrecher, wurden verwässert. Grenzt nicht das Auftreten einiger Ministerpräsidenten schon an Peinlichkeit, wenn sie verlangen, der Bund solle sich, wenn er Sozialpädagogen an Schulen für unverzichtbar halte, auch an den Kosten beteiligen? Die Ministerpräsidenten pochen auf ihre Länderhoheit in Sachen Bildung: Zahlen dürfe der Bund schon, reinreden aber nicht. Anstatt die Verantwortung stärker an die Schulen zu verlagern, wie es uns die im PISA-Vergleich erfolgreichen Länder vormachen, wollen die Länderfürsten die Zügel weiter straff in der Hand halten, aber ihren Erfolg messen lassen, wollen sie auch nicht.
Wem die Finanzierungsprobleme unseres Bildungssystems Sorgen machen, der sollte sich erst einmal die inhaltlichen und formalen Ungereimtheiten ansehen. Die grundlegende Frage, wie aus Schulen als Orte der Wissensvermittlung Orte werden sollen, die Neugier wecken und Selbstständigkeit fördern, darüber wurde beim Bildungsgipfel überhaupt nicht gesprochen.
Andererseits zeigt sich die Bundesministerin für Bildung und Forschung auch nicht gerade einfallsreich. Ihr Denkanstoß zur Trennung der Schüler in Buben- und Mädchenklassen ist ein lachhafter Rückfall ins 19. Jahrhundert. Aufbruchstimmung sähe anders aus. So wird unsere Bildungspolitik wohl eher das bleiben, was sie ist: fantasielos, mutlos, ziellos, kraftlos, ergebnislos.

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16. Oktober 2008

»Parallelität der Ereignisse?«

Wohin das Geld fließt, wenn es fließt!

Kaum jemand ist in diesen Tagen und Wochen ungerührt, wenn er fast stündlich mit der Krise unseres Finanzsystems und in seinem Gefolge immer deutlicher auch der realen Wirtschaft konfrontiert wird. Doch dann kommt aus Regierungskreisen die Botschaft wie einst beim Sturm auf dem See Genezareth: Fürchtet euch nicht, denn ich bin ja bei euch!
Und dann sieht und hört man, wie viel Geld die Regierung(en) in das Bankensystem pumpen und fragt sich insgeheim: Cui bono? (Wem nutzt das?) Unterstützt die Regierung wirklich die Bedürftigen? Zweifel sind angebracht.
„Was hat das mit der beruflichen Bildung zu tun?“, höre ich Sie fragen. Erste Antwort: „Geld - ausgegeben oder bereitgestellt - fehlt an anderer Stelle, z.B. in der Bildung.“ Aber die Zusammenhänge sind noch subtiler. Die Bundesregierung hat entschieden und will das im Rahmen des Bildungsgipfels am 22. Oktober ds. Js. verabschieden, zusammen mit den Bundesländern an Firmen einen Ausbildungsbonus zu zahlen, mit dessen Hilfe 100.000 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden sollen. Ob dieser Bonus, dessen Vergabekriterien recht bürokratisch gestaltet sind, nicht nur zu Mitnahmeeffekten führen wird, wird sich noch zeigen. Doch mehr noch:
Nach einer einschlägigen Untersuchung zieht der Bremer Berufsbildungsforscher Felix Rauner sogar folgende Schlussfolgerung: "Es besteht kein Anlass, die Ausbildung zu subventionieren, wie die Kosten-Nutzen-Untersuchungen zeigen. Es besteht das Risiko, dass mit Subventionen Fehlentwicklungen gefördert werden. Betriebe, deren Ausbildung hohe Kosten verursacht, bedürfen der Beratung, wie sie zugleich ihre Ausbildungsqualität und die Ausbildungsrentabilität erhöhen können. Interessanterweise zeigt unsere Untersuchung, dass eine höhere Ausbildungsqualität in der Regel auch rentabler ist." Denn Betriebe, die ihre Lehrlinge gut ausbilden, machten damit unter dem Strich sogar Gewinn. Zu diesem Schluss kommt Felix Rauner in einem Beitrag für die Wochenzeitung ZEIT.
Die Parallele der Ereignisse besteht nicht nur in deren zeitlicher Nähe, sondern auch in der offensichtlichen Tatsache, dass, wer am lautesten trommelt, am ehesten bedient wird. Bedürftigkeit scheint mir in beiden Fällen nicht das Kriterium für die Zuwendung zu sein.

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10. Oktober 2008

Die Antwort auf eine Frage auf die lange Bank zu schieben bedeutet, den Fragenden zum Bittsteller zu erniedrigen.

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05. August 2008

»Quo Vadis Instructor?«

Wie soll es weitergehen Ausbilderin und Ausbilder?

Die lateinische Frage „Quo vadis?“ entstammt den apokryphen Petrusakten und bedeutet: „Wohin gehst du?“ Sie hat Büchern und Filmen als Titel gedient und wird umgangssprachlich im Sinne von „Wie soll es weitergehen?“ benutzt. So wird man sie denn auch ohne Blasphemie dem deutschen Ausbildungspersonal stellen dürfen.
Die berufliche Ausbildung durchläuft zur Zeit einen Wandlungsprozess, der ihre Strukturen zu zerreißen droht. Er zieht sich nicht nur durch Ziele, Inhalte, Methoden und Wertschätzung. Er erfasst auch mit voller Kraft alle an der Ausbildung Beteiligten. Für die betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbilder, vor allem die hauptamtlichen, hat der Wandel schon heute erhebliche Konsequenzen. Deshalb müssen sie über die Ursachen für die Veränderungen ihrer Ausbildungstätigkeit und die sich daraus ergebenden Folgen immer wieder gründlich nachdenken und sich austauschen.
Folgende Thesen sollen dazu anregen:
1. Das Ansehen der betrieblichen Ausbildung hat zugunsten der schulischen Bildung gelitten. Deshalb streben Jugendliche (und ihre Eltern) immer öfter höhere schulische Abschlüsse an. Die Entscheidung für eine betriebliche Ausbildung wird eher als eine Notlösung betrachtet.
2. Die berufliche Ausbildung wird immer mehr zu einer Ausbildung junger Erwachsener. Das Durchschnittsalter der Auszubildenden liegt inzwischen deutlich über dem Volljährigkeitsalter. Der klassische Lehrling – 15 Jahre alt mit Hauptschulabschluss – ist in vielen Ausbildungsberufen gar nicht mehr zu finden.
3. Viele Auszubildenden haben heute schon einen höheren Schulabschluss gemacht als ihre Ausbilder. Ausbilderinnen und Ausbilder müssen häufig Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die sie sich selbst erst aneignen müssen. In manchen Kenntnisbereichen hat sich das Ausbilder-Auszubildender-Verhältnis umgedreht, lernt der Meister vom Lehrling.
4. Die manuellen Geschicklichkeiten verlieren in den meisten Ausbildungsberufen an Bedeutung. An ihre Stelle treten „Schlüsselqualifikationen“ wie Eigeninitiative, Entscheidungsfähigkeit, Kreativität, analytisches Denken u.ä. Diese sind mit tradierten Methoden nicht zu vermitteln.
5. Ausbilderinnen und Ausbilder laufen Gefahr, im „Schonraum“ zentralisierter Ausbildung von der aktuellen Entwicklung in Wissenschaft und Technik abgehängt zu werden. Fachkompetenz wird wieder wichtiger werden.
6. Die auf eine lebenslange Berufskarriere ausgerichtete Ausbildung wird unvermeidlich mit der flexibleren, auf Aktualität ausgerichteten Fortbildung verknüpft werden und so ihre vorherrschende Stellung im Rahmen der beruflichen Entwicklung verlieren. Weiterbildner gewinnen an Einfluss und werden wichtiger als Ausbilder.
Die hier nur rudimentär beschriebenen Entwicklungen in der beruflichen Ausbildung bedrohen existentiell die Stellung und das Ansehen der Ausbilderinnen und Ausbilder. Früh erkannt, wohin der Weg gehen könnte, heißt aber auch, den Gefahren nicht chancenlos gegenüber zu stehen. Mit Hilfe abgestimmter Fortbildung und Aufgabenerweiterung lässt sich der Entwicklung jetzt noch entgegentreten. Tatenlos stehen bleiben jedoch, heißt zurückfallen.

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20. Juni 2008

Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Deutschlands Schulen nach dem Pisa-Schock

Nach den chaotischen Aufregungen anlässlich der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie 2001 und den zunächst hektischen Bemühungen zur Verbesserung des deutschen Schulwesens schien es, als sei die alte selbstgefällige Zufriedenheit wieder eingezogen. So still lag er da, der See. Aber unter der Stille der Oberfläche rumorte es. Die 16 Bundesländer haben seither Bildungskonzepte entwickelt, mit deren Hilfe die Wissensvermittlung an allgemeinbildenden Schulen gerechter, gezielter und überprüfbarer gemacht werden soll.
Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat die bisherigen Reformbemühungen der Länder unter die Lupe genommen und kommt zu dem Fazit: "Die Länder scheinen insgesamt auf einem guten Weg." Sagt nicht das Sprichwort: Der Schein trügt? Oder war es doch Goethe ("Diesseits und Jenseits"), der das zuerst entdeckte? Zurück zum Thema!
Anders als die statisch angelegten PISA-Studien untersucht der IW-Check Schule anhand von fünf Aspekten, welche und wie viele bildungspolitische Ziele die Bundesländer in ihre Reformkonzepte aufgenommen haben, ist also dynamisch angelegt. Die Reformaspekte Bildungspolitik, Qualitätssicherung, Systemmanagement, Schulkultur und Lehren und Lernen hat das Institut untersucht und mit Schulnoten (!) bewertet.
Das Ergebnis der Untersuchung als Ganzes ist erfreulicher als es die PISA-Studien waren. Das am besten aufgestellte Land (Berlin : 2) und das am schlechtesten eingestufte (Thüringen : 3) unterscheidet nur eine Notenstufe. Alle Bundesländer sind bemüht, ihre Hausaufgaben zu machen. Nicht uninteressant ist am Rande, dass der PISA-Sieger in Deutschland, Bayern, sich als wenig reformfreudig zeigte. Die Gesamtnote 3 plus reichte deshalb auch nur fürs Mittelfeld.
Doch es gibt nach wie vor noch erhebliches Verbesserungspotenzial. So mangelt es weitgehend an Führungsinstrumenten für die Schulleitungen und an Leistungsanreizen für Lehrerinnen und Lehrer. Um die Neuordnung des Besoldungsrechtes machen alle Länder noch immer einen großen Bogen. Außerdem zeigt die Studie, dass deutliche Diskrepanzen bestehen zwischen der politisch gewollten Selbstständigkeit der einzelnen Schule einerseits und den realen Entscheidungskompetenzen der Schulleitungen andererseits. Manche Politiker weisen in ihren Stellungnahmen darauf hin, dass man die Bildungspolitik nicht den Interessen der Wirtschaft unterwerfen dürfe. Wo sie Recht haben, haben sie Recht. Aber unbestritten dürfte auch sein, dass Wirtschafter von "Systemmanagement" und "Qualitätssicherung" immer noch mehr verstehen als Lehrer, Schulleiter und Ministerialbeamte zusammen. Also, Bench-Marking ihr Schulemacher und Bildungspolitiker, lernen von denen, die es besser können!
Die Studie ist auch für Ausbildungsverantwortliche interessant. Sie ist im Internet als kostenloser Download angeboten unter: www.insm-bildungsmonitor.de

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22. Mai 2008

Der Ausbildungsmarkt verlangt Grundsatzentscheidungen

Das Thema Berufsbildung ist auf der Tagesordnung der Politiker nach hinten gerutscht

Kaum erscheinen die Zahlen auf dem Ausbildungsmarkt ein klein wenig wie ein Licht am Horizont, schon lehnen sich unsere Politiker bequem im Sessel zurück und wollen sich im (unverdienten) Erfolg sonnen und wärmen. Die Strapazen der Berge sind vorüber und die vor uns liegenden Mühen der Ebenen werden ignoriert. Vergessen scheinen die feierlichen Gelöbnisse und Versprechungen, die sich allesamt als leer erwiesen haben. Ganz gleich, auf welchen Statistiken der Blick hängen bleibt, noch immer sind die Zahlen erschütternd.
Seit Jahrzehnten wird an den Problemen herumgebastelt, ein Sonderprojekt nach dem anderen wird entworfen, die Misere der beruflichen Bildung aber wird nicht beseitigt. Zugegeben, mit dem Altwerden der Protagonisten verblassen manche Erinnerungen, andere werden geschönt oder gar verherrlicht. Mein Erinnerungsvermögen reicht aber durchaus noch aus, mir wieder vorzustellen, wie wir Beteiligten an der Berufsbildung in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts des Lobes voll waren über das duale System der Berufsbildung in der BRD - und wie sehr wir darauf gehofft und gewartet haben, dass wenigstens die mit uns befreundeten Länder der Erde dieses so erfolgreiche System zu übernehmen gedächten. Die relativ stabile wirtschaftliche Konjunktur dieser Jahre hat uns alle dazu verführt, die Schwächen des Systems zu übersehen, vor allem dessen Trägheit und Konjunkturabhängigkeit.
Jetzt aber, nach mehr als zwei Jahrzehnten voller Probleme, müssten wir doch gelernt haben, dass weder Aussitzen noch Vertrauen auf die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft uns die scheinbar heile Welt von ehedem wieder zurückbringen werden.
Grundsätzlich bieten sich zwei Auswege an: Da ist zum einen die Ausbildungsplatzumlage. Die Unternehmen können sich dann auszuchen, ob sie selbst ausbilden oder sich lieber freikaufen wollen. Diese Lösung könnte das duale System noch retten. Der zweite Weg wäre eine glatte Kehrtwende: die weitgehende Verstaatlichung der beruflichen Ausbildung.
Ich höre schon den Aufschrei, der immer dann ertönt, wenn man diesen zweiten Weg nur erwähnt. Dieser Aufschrei ist angesichts der Entwicklung von Ausbildung an Fachschulen oder allerhand staatlich geförderter Maßnahmen mehr als heuchlerisch. Kommt noch hinzu, dass sich unsere Nachbarstaaten wohl nicht von den Segnungen unseres Systems überzeugen lassen werden und es nur eine Frage von Zeit ist, wann die Zwänge aus der Europäischen Union übermächtig werden.

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12. April 2008

»So jung und doch schon Altbewerber«

Immer neue Fördermittel zur Auflösung der Warteschleife

In einem Aspekt stimmt der Berufsbildungsbericht der Bundesregierung mit der Arbeitslosenstatistik der Agentur für Arbeit völlig überein:
Die Zahlen lassen sich so interpretieren und zurechtbiegen, dass sie zu dem jeweiligen politischen Weltbild randlos passen. Während Regierung und Arbeitgeberverbände den Erfolg ihres Ausbildungspaktes feiern, sehen die Gewerkschaften und Teile der opposition gerade diesen Pakt als gescheitert an.
Der nüchterne Beobachter sieht die Wahrheit wohl wieder einml eher in der Mitte. Obwohl für das vergangene Jahr die zweithöchste Zahl an Ausbildungsplätzen seit der Wende abgeschlossen wurden, ließe sich erfolgreich wetten, dass wieder Tausende Ausbildungsplatzsucher leer ausgehen und sich in die sich jährlich neu bildende Warteschleife einordnen werden und diese wachsen lassen. Von den 735000 Ausbildungsplatzbewerbern von 2007 waren bereits mehr als die Hälfte "Altbewerber".
Anfang 2008 hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Qualifizierungsinitiativen beschlossen, den Betrieben eine Ausbildungsprämie zu zahlen, die dabei helfen soll, diesen Altbewerbern einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Initiativen dieser Art hat es schon viele gegeben, mehr als Notlösungen waren sie bisher nicht. Die Zahl der nicht versorgten Bewerber um die knappen Ausbildungsplätze ist eher gestiegen als dass sie abgenommen hätte. Euphorie ist deshalb mit dem neuen Ausbildungsbonus nicht zu verbinden, denn auch er hat seine Tücken. Weder wird er der Vielfalt der Bewerber gerecht, noch schließt er Missbrauch auf Seiten der Anbieter aus.
Mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen" soll neben der Zahlung einer Prämie für zusätzliche Ausbildungsplätze eine befristete Berufseinstiegsbegleitung probeweise eingeführt werden. Wenn genügend qualifizierte Einstiegsbegleiter gefunden werden sollten, könnte damit zumindest solchen Bewerbern geholfen werden, deren Schulkarriere nicht erfolgreich verlaufen ist. Mehr als eine Notlösung ist das aber auch nicht. Sollte es nämlich stimmen, dass die Betroffenen trotz aller Bemühungen weder ausbildungswillig noch ausbildungsfähig sind, fiele die Schuld an der Misere wieder auf das Bildungssystem zurück und die Wirtschaft wäre wieder einmal fein raus. Doch das Ende dieses "Schwarzer-Peter-Spiel" zeichnet sich bereits ab, denn mit einem Blick auf die wirtschaftliche Erholung hat das Handwerk bereits vor einem Lehrlingsmangel gewarnt. Sollen in absehbarer Zeit auch schon Auszubildende aus dem Ausland angeworben werden?

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14. März 2008

»Anrechnungsverordnungen R.I.P.«

Kann die Ausbildungszeit noch verkürzt werden?

Mit der Abkürzung R.I.P. (requiescat in pace) begleitet auf den Todesanzeigen die Verstorbenen der fromme Nachruf "Ruhe in Frieden". Das mag nun auch für die von der Arbeitgeberseite nie geliebten bundeseinheitlichen Anrechnungsverordnungen zur Abkürzung der betrieblichen Ausbildungszeit gelten. Mit der Novelle des BBiG von 2005 wurden sie au&szliger Kraft gesetzt. Ab dem Ausbildungsjahr 2009 wird es Verkürzung der Ausbildungszeit vor Ausbildungsbeginn nur noch geben, wenn sie von Ausbildenden und Auszubildenden gemeinsam beantragt werden und die zuständige Stelle dem Antrag zustimmt. Die früheren Verordnungen machten die Anrechnung von schulischen Ausbildungszeiten unter bestimmten Bedingungen obligatorisch. Ab 2009 werden sie nur noch freiwillig möglich sein.
Für die Zwischenzeit ermächtigt das Gesetz die Landesregierungen zum Erlass eigener Anrechnungsverordnungen. Es sind also die Länder, die aktiv werden sollen und müssen, indem sie Für und Wider der im Gesetz angelegten Perspektiven und die Implikationen möglicher Rechtsverordnungen abwägen bzw. Alternativen bedenken.
Aus dieser Ermächtigung ist ein föderales Chaos, sagen wir gnädig Wirrwarr, entstanden. Die Umsetzung des Gesetzes bedarf der Mitwirkung von (mindestens) drei Aktionsebenen: der Länder, der Berufsschulen und der Betriebe, wenn sie die wesentliche Botschaft des Gesetzes, dass nämlich die schulische Ausbildung mit einem dem klassischen Dualen System vergleichbaren fachpraktischen bzw. betrieblichen Ausbildungsanteil gekoppelt werden muss, nicht leichtfertig übersehen will. Die Länderbemühungen sollten mit dem Ziel geführt werden, die schulischen und die betrieblichen Kapazitäten zu bündeln, um im Sinne des Gesetzes Synergieeffekte zu erzielen, z.B. die Ausbildungschancen vieler Schulabgänger zu verbessern.
Von der Möglichkeit, Rechtsverordnungen zu erlassen, ist bisher von den Ländern nur wenig Gebrauch gemacht worden. Im Einzelnen sind dabei drei unterschiedliche Strategien zu beobachten, die vom Gesetz geschaffenen Möglichkeiten auf Länderebene umzusetzen:
Strategie 1: Erlass von Rechtsverordnungen, die die Anrechnung berufsfachschulischer Ausbildungszeiten regeln. Diese Rechtsverordnungen sind länderspezifisch ausgestaltet; sie beziehen sich auf bestimmte Berufe und betonen den regionalen Konsens, z.B. Baden-Württemberg.
Strategie 2: freiwillige Vereinbarungen zwischen Ländern und Kammern bzw. Dachverbänden, z.B. Rheinland-Pfalz.
Strategie 3: inhaltliche Beibehaltung des Status quo vor der BBiG-Novelle.
Eine Bundestagsentschließung zur BBiG-Novelle, wonach der Hauptausschuss des BIBB eine Empfehlung zur bundeseinheitlichen Anwendung der neuen Anrechnungsregelungen erarbeiten sollte, blieb bisher ohne Folgen.
Manche Betriebe sind allen Anrechnungen schulischer Zeiten auf die Ausbildungszeit gegenüber skeptisch: sie befürchten, dass eine so organisierte Ausbildung zu wenig Praxisanteile enthalte, dass damit die Ausbildungsqualität sinke, dass dies alles zu Lasten des Dualen Systems gehe und dass Verschulungstendenzen verstärkt würden. Die für die Zukunft befürchtete Verschulung des Dualen Systems jedoch ist längst Realität. Wer das bedauert, darf die Schuld dafür nicht bei dem Gesetzgeber sehen, sondern sollte sie den Verantwortlichen aufbürden, die nicht mehr ausbilden wollten, aus welchen Gründen auch immer.

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04. März 2008

»Was hat's denn nun gebracht?«

Ergebnisse der Aussetzung der Ausbilder-Eignungsprüfung untersucht

Bas Bundesinstitut für Berufsbildung (bibb) hat 2007 im Auftrag des Bundesministers für Bildung und Forschung eine Untersuchung zu den Auswirkungen der Aussetzung der AEVO in der Zeit von 2003 bis 2008 durchgeführt und zum Jahresende 2007 veröffentlicht. Sie finden diese Veröffentlichung im Internet unter: BIBB

Die Vorstellung der Ergebnisse wird mit folgenden Sätzen eingeleitet:
"Die zeitlich befristete Aussetzung der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) hat zu mehr Ausbildungsbetrieben und neuen Ausbildungsplätzen geführt. Der Zuwachs fällt jedoch geringer aus als erwartet. Zugleich gibt es Anzeichen dafür, dass die Neuregelung, die am 3. Mai 2003 beschlossen worden ist, negative Auswirkungen auf die Qualität der Ausbildung hat."
Wäre die Angelegenheit nicht zu ernst, könnte man amüsiert sein zu sehen, wie sich die Berichterstatter in Konjunktiven baden, um die so verursachte Zunahme der Zahl an Ausbildungsplätzen zu belegen und sich um die magische Null herum zu lavieren.
Da haben wir es fast schwarz auf weiß: Eine unwesentliche Zahl an zusätzlichen Ausbildungsplätzen gegen einen erheblichen Verlust an Ausbildungsqualität!
Zugegeben: verkürzt, aber im Wesentlichen richtig: Die Qualität der Ausbildung auf den zusätzlich gewonnenen (nicht einmal das ist wirklich erwiesen) Ausbildungsplätzen lässt mehr als zu wünschen übrig (siehe Abb. 4 im Report!). Unternehmen mit qualifizierter Ausbildung haben schon immer auf professionelle Ausbilder gesetzt und wollen das auch weiter tun.
Wem also ist bisher mit der Aussetzung der AEVO geholfen worden? Den Jugendlichen wohl kaum, denn wer will schon einen unzureichend ausgebildeten Bewerber einstellen? Der wohlfeile Spruch: Besser eine Ausbildung, wie auch immer, als gar keine Ausbildung! war schon immer ein dummer Spruch - und das wird jetzt noch bestätigt.
"Was nun?", spricht Zeus. Aus "stets gut unterrichteten Quellen" ist zu erfahren, dass die Aussetzung um ein weiteres Jahr verlängert werden soll. Während dieser Zeit soll die Verordnung "entschlackt" werden. Wer ist nur auf diese gloreiche Idee gekommen. Die erste Version der AEVO bestand von 1972 bis 1999. Die zweite soll nun nach acht bis neun Jahren, während denen sie dann sechs Jahre nur eingeschränkt gültig war, schon wieder novelliert werden.
Aktionismus als Fassnachtskostüm für inhaltliche Leere. Wer kann sich darüber noch wundern? In hektischen Zeiten, wie diesen, fehlt zum Nachdenken einfach der Atem! Soweit sich Leserinnen und Leser meiner Website mit der Aussetzung der AEVO bisher nicht beschäftgt haben, bitte ich sie, weiter unten auf dieser Seite den Kommentar vom Januar 2007 zu lesen und sich unter "Texte zum Herunterladen" zu bedienen.

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20. Februar 2008

»Mit vollen Händen lasst uns geben!«

Kosten und Erträge der Berufsausbildung in den Unternehmen

In einem Interview für die Wochenzeitung ZEIT hat der Bremer Berufsbildungsforscher Felix Rauner am 31. Januar 2008 seine neueste Untersuchung vorgestellt, wonach Betriebe, die ihre Lehrlinge gut ausbilden, damit unter dem Strich sogar Gewinn machen. Diese Meldung hat heftige Diskussionen ausgelöst, die aber meiner Meinung nach am Wesentlichen vorbei gehen. Dass manche Unternehmen – ja ganze Branchen – an ihren Auszubildenden verdienen, ist doch keineswegs neu. Und die Tatsache, dass die Bundesregierung und andere Stellen der öffentlichen Hand ihre Fördermittel nicht immer an die richtigen Empfänger weiterleiten, ist ein alter Hut.
Die Analyse von Herrn Rauner halte ich für glaubwürdig und nützlich, seinen Verbesserungsvorschlag dagegen für kontraproduktiv. Aus seinen Ausführungen kann ich den gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen der Berufsausbildung nicht erkennen. An diesem aber sollten sich die Subventionen durch die öffentliche Hand messen lassen. Und nach meinem Dafürhalten sind es gerade nicht diejenigen Unternehmen, welche Erträge mit der Ausbildung Jugendlicher erwirtschaften, die der Gesellschaft einen Gefallen tun. Was helfen uns billig ausgebildete Arbeitskräfte, die nach der Ausbildung der Gesellschaft mehr Kosten verursachen als sie ihrem Ausbildungsbetrieb Ertrag eingebracht haben. Herr Rauner hat bei seinen Ausführungen vergessen zu erwähnen, wann er einen Ausgebildeten für ausreichend oder gar vorzüglich ausgebildet hält. Die statistische Zahl der Auszubildenden, die ihre Abschlussprüfung bestanden haben, sagt darüber nur sehr wenig bis gar nichts aus.
Wenn Sie das Thema interessiert, lesen Sie weiter unter "Texte zum Herunterladen" den Beitrag "Ausbildungskosten"!

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20. Januar 2008

»Zwei Singles oder ein Paar?«

Wie dual ist das duale System der beruflichen Bildung?

Bei allen Bekenntnissen zur Dualität der Berufsbildung in Deutschland muss dennoch festgehalten werden, wo die Grenzen vorgegeben sind. Das deutsche System der Berufsausbildung will zu einem anerkannten, einheitlichen und gleichwertigen Berufsausbildungsabschluss führen, strebt aber gleichzeitig eine ausbildungsstätten- und lernortspezifische Qualifizierung mit jeweils eigenen Abschlüssen von betrieblicher und schulischer Ausbildung an. Die beruflichen Schulen sind in die Schulsysteme der Länder der Bundesrepublik Deutschland integriert und gewährleisten die dort übliche horizontale und vertikale Durchlässigkeit. Ihre Abschlüsse berechtigen zum Besuch weiterführender Schulen. Wer sich dagegen im System der beruflichen Weiterbildung (Fortbildung) entwickeln will, benötigt in der Regel ein berufliches Abschlusszeugnis, das nach Bestehen der Ausbildungsabschlussprüfung von der zuständigen Stelle (Kammer) ausgestellt wurde.
Das fehlende Bindeglied wird durch die im novellierten BBiG festgehaltene Möglichkeit, dass auf Antrag der Auszubildenden das Ergebnis berufsschulischer Leistungsfeststellungen auf dem Zeugnis ausgewiesen werden kann (§ 37 Abs. 3 Satz 2 BBiG) eher schmerzlich vermisst als hinzu gefügt.
Neugierig geworden? Dann laden Sie sich unter "Texte zum Herunterladen" meine Gedanken dazu herunter.

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03. Januar 2008

»Flickschuster betreiben Flickwerk«

Vom Stolz der Einen und vom Elend der Anderen

Voller Stolz berichtet die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Pressemitteilung vom 03. Januar 2008 von der Reduzierung der unvermittelt gebliebenen Ausbildungsplatzbewerber im Rahmen der so genannten Nachvermittlungsaktion. Die Zahl der Ende September 2007 noch unvermittelten Bewerber für Ausbildungsplätze hat sich danach seither um 16.300 auf 12.800 verringert. Das Hurra ob dieses Erfolges bleibt einem im Halse stecken, wenn man weiter liest: Mehr als die Hälfte der versorgten Jugendlichen (9.500) hat eine betriebliche oder schulische Ausbildung, einen Studienplatz gefunden oder nahm ein anderes Qualifizierungsangebot an. So stellten die BA und die Länder deutlich mehr außerbetriebliche Lehrstellen für markt- und sozial benachteiligte Jugendliche zur Verfügung. Dies geschah verstärkt in Regionen mit schwieriger Beschäftigungslage und in den Großstädten. Damit sollen insbesondere die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und von älteren Lehrstellenbewerbern und -bewerberinnen verbessert werden.
Laut Bundesagentur für Arbeit gab es darüber hinaus noch Bewerber- und Stellenmeldungen für das bereits begonnene Ausbildungsjahr, weil Ausbildungsverträge wieder gelöst oder Jugendliche die Ausbildung nicht angetreten hatten. Auch dieses Ärgernis begleitet die Erstausbildung in Deutschland seit Jahrzehnten ungelöst.
Das duale System der Berufsausbildung wird zunehmend fleckiger, der alte Glanz ist schon lange dahin. Die Wirtschaft schafft es nicht, die notwendige Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen, da hilft auch kein Pakt mit der Regierung.
Besonders problematisch ist weiterhin die Situation der so genannten "Altbewerber". So werden diejenigen Personen bezeichnet, die bei der BA als Lehrstellensuchende gemeldet sind und die Schule bereits im Vorjahr oder noch früher verlassen haben. Mit bundesweit rund 385.000 Personen stellen sie inzwischen mehr als die Hälfte aller registrierten Bewerber und Bewerberinnen. Die Erfolgschancen dieser Jugendlichen auf eine betriebliche Lehrstelle sind vor allem dann äußerst gering, wenn ihr Schulentlassdatum bereits zwei Jahre oder länger zurückliegt.
Genau das ist das Elend der Anderen.

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31. Dezember 2007

»Den Besuchern meiner Webseite wünsche ich für 2008 alles Gute, Erfolg im Beruf und Wohlbefinden im Privaten! «

Unterwegs und wieder daheim
(Auszug)

Und wieder hier draußen ein neues Jahr -
Was werden die Tage bringen?!
Wird's werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Wird's fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch' ich nicht zu sterben.

Theodor Fontane: Gedichte (Ausgabe 1898), S. 33.

Den finalen Wunsch Fontanes möchte ich gerne aus dem Singular in den Plural übertragen und so für uns und für Sie neu artikulieren und an die zuständige Stelle weiterleiten.
Mögen wir dort Gehör finden. Amen



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31. Dezember 2007

Nachdenkliches zum Jahreswechsel

Wo der Markt und der Staat versagten.

Jedes Jahr gehen Katastrophen um die Welt und lösen Erschrecken, Staunen, Furcht und gute Vorsätze aus, Betroffenheit vor allem.
Um so erstaunlicher ist, dass in unserem Land seit Jahrzehnten Jahr für Jahr eine Katastrophe abläuft, die kaum noch beachtet wird und ganz sicher nicht Furcht und Erschrecken auslöst: Jedes Jahr verlassen hunderttausend Jugendliche die Schule ohne Abschluss und bilden die "lost generation" auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Der Einstieg ins Berufsleben ist ihnen von allem Anfang an versagt, zumindest sehr erschwert. Und das geschieht in einem Land, das im Aufschwung zusehends Fachkräfte braucht und schon jetzt oft nicht mehr findet.
Der Markt, der doch angeblich alles regelt, versagte und versagt bei der Ausbildung kläglich (bei der Weiterbildung nicht minder). Die Abhängigkeit des dualen Ausbildungssystems von der Konjunktur fördert seinen Untergang. Seit einigen Jahren melden exportstarke Branchen der deutschen Wirtschaft Stellenzuwächse - und fahren gleichzeitig die Ausbildung massiv zurück.
Es mutet schizophren an, wenn Jugendliche mit ihrer (erzwungenen) Entscheidung, etwas anderes als die eigentlich erwünschte betriebliche Ausbildung zu beginnen, zur Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt beitragen. Indem sie fragwürdige Alternativen (Praktika, jobben, Schule) wählen, gelten sie offiziell als "vermittelt", obwohl sie weiterhin auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind.
Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass diese Tendenzen nicht zusammen passen. Von der Bundesagentur für Arbeit ist zu hören, dass sie jährlich fast hunderttausend Problemjugendliche überbetrieblich und auf Kosten der Beitragszahler ausbildet. Ist das noch die viel beschworene Selbstverantwortung der Wirtschaft im Rahmen der Nachwuchsförderung?
Aber auch Bund und Länder tragen an der Misere ihren Schuldanteil. Die unerträglich hohe Zahl an Schulabbrechern kommt doch nicht aus heiterem Himmel. Die Versäumnisse in der Integration von Migrantenkindern und die unglaublich miserablen Grundkenntnisse deutscher Schülerinnnen und Schüler auf nahezu allen Gebieten machen es den Unternehmen nicht leicht, sich in der Ausbildung des Nachwuchses zu engagieren. Die Verantwortlichen für die Berufsbildung in Deutschland müssen endlich anfangen präventiv, zukunftsorientiert und nachhaltig zu planen und zu gestalten und nicht erst dann einzugreifen, wenn das Kind bereits im Brunnen liegt.



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01. Oktober 2007

» Herbstgedanken «

Die Tage werden kürzer, auch ihre Zahl.

Herbst im Leben
(ein Haiku)

Herbst, der Jugend fremd,
drängt er im Alter sich auf,
mahnend und warnend.




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11. September 2007

Nicht jeder Prozeß endet mit einem Urteil.

Bologna, Lissabon, Agora: Die zunehmende Bedeutung lebenslangen Lernens

Noch gegen Ende des 20. Jahrhunserts schienen Welten zwischen Hochschulbildung einerseits und beruflicher Bildung andererseits zu liegen. Die Berührungsängste, seit Wilhelm von Humboldt gepflegt, schienen unüberwindbar zu sein. Erste "Doppelqualifizierungen" mit Berufsbildungsabschlüssen und Hochschuldiplomen wurden politisch und juristisch mehr geduldet als gefördert. In jüngster Zeit aber hat die Idee einer engen Verknüpfung von Hochschulbildung und Berufsbildung erheblich an Bedeutung gewonnen.
Diese Entwicklung verdanken wir in hohem Maße der Bildungspolitik der Europäischen Union. Die meisten europäischen Länder stehen heute vor der Herausforderung, alle Arbeitnehmer, auch die potentiellen, auf die wissensbasierte Wirtschaft vorzubereiten, die auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit höchsten Wert legt. Die zunehmende Bedeutung des lebenslangen Lernens wurde sowohl im Bologna-Prozess (1999) als auch im Lissabon-Prozess (2000) betont. Die Ergebnisse beider Prozesse wurden erstmals im Maastrich-Kommuniqué verschmolzen, in dem die Notwendigkeit einer Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung und die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen ausdrücklich erwähnt wurden.
Die vom CEDEFOP im April 2007 in Thessaloniki organisierte Agora-Konferenz „Auf dem Weg zu einem europäischen Berufsbildungsraum“, zu der Entscheidungsträger aus Politik, Forschung und den beteiligten Sozialverbänden eingeladen waren, nahm sich des Themas wieder an und legte ihren Schwerpunkt auf drei Bereiche:
1. Der Frage des Zugangs von der beruflichen Erstausbildung zur Hochschulbildung und damit der Parität zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung.
2. Der Frage, wie in die Hochschulbildung berufliche Qualifikationen integriert und wie sie dort entwickelt werden sollen.
3. Die Auswirkung von Initiativen wie dem Bologna-Prozess und dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) auf die beiden Bildungsbereiche und schließlich auch auf den Arbeitsmarkt.
Wegen der offenkundigen sozioökonomischen Bedeutung der diskutierten Themen wurden die Beiträge zunächst als Entwürfe strukturiert, deren endgültige Fassung, einschließlich Diskussionsbeiträgen und Schlussfolgerungen daraus, erst in einer Sonderausgabe der Europäischen Zeitschrift für Berufsbildung des CEDEFOP irgendwann 2008 veröffentlicht werden sollen.
Gottes Mühlen arbeiten langsam, aber die der EU offenbar noch langsamer.


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27. August 2007

Was den Hochschulen recht ist, scheint den Unternehmen billig.

Der Numerus Clausus auf dem Weg zur Ausbildung heißt Ausbildungsreife

"Mangelnde Ausbildungsreife" - das ist der Vorwurf, den Jugendliche heute öfter zu hören bekommen als je zuvor. Die Motivation, sich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben, wird damit nicht gefördert. Ältere Jahrgänge werden sich erinnern, dass die Wirtschaft in Deutschland bereits in den sechziger Jahren darüber geklagt hat, dass mindestens ein Viertel der Lehrlinge nicht richtig rechnen und schreiben könne und somit nicht ausbildungsreif sei. Zu der Erinnerung gehört aber auch, dass damals schon erste Klagen über fehlende Ausbildungsplätze laut wurden.
Bis heute sind die Ansichten darüber gespalten, ob die fehlende Ausbildungsreife die Hauptursache für die Lehrstellenmisere sei, oder ob es sich bei den Hinweisen darauf nur um einen Gauklertrick handele, um von anderen Ursachen des gegenwärtigen Lehrstellendefizits abzulenken.
Neu an der Entwicklung ist sicher, dass die Anforderungen in der Arbeitswelt in den letzten Jahren rapide gestiegen sind. Damit einhergehend wuchsen auch die Anforderungen in den Ausbildungsberufen und die Ansprüche der Betriebe an das Leistungsniveau der Bewerber. Deshalb kann es durchaus sein, dass heute jemand nicht mehr als "ausbildungsreif" gilt, der früher noch ohne Probleme eine Lehre erfolgreich durchlaufen hätte können. Weitgehender Konsens besteht andererseits darüber, dass selbst vorhandene Ausbildungsreife heute keine Garantie mehr für einen Ausbildungsplatz sei und dass umgekehrt auch jemand mit schlechten Schulnoten durchaus ausbildungsreif sein könne.
Bleibt die Frage offen: Was ist eigentlich Ausbildungsreife? Offensichtlich ist, dass in der Öffentlichkeit nahezu jeder etwas anderes darunter versteht, wie das meistens so ist, wenn wissenschaftlich definierte Fachbegriffe in die Umgangssprache übernommen werden.
Im Alltagssprachgebrauch werden die Wörter Ausbildungsreife, Ausbildungsfähigkeit, Berufseignung und Ausbildungseignung häufig synonym verwendet. So klagen viele Betriebe pauschal darüber, dass sie keine „geeigneten“ Bewerber für die angebotenen Ausbildungsplätze fänden, ohne dass deutlich würde, weshalb die Jugendlichen „nicht geeignet“ sind. Liegt es an der mangelnden Ausbildungsreife, an der fehlenden Eignung für den jeweiligen Beruf oder an den spezifischen Anforderungen des einzelnen Betriebes für den konkreten Ausbildungsplatz oder an sonstigen, nicht eignungsabhängigen Vermittlungshemmnissen? Die Gründe genau zu kennen, wäre aber nicht zuletzt deshalb hilfreich, um entscheiden zu können, woran es mangelt und was wirtschafts- und bildungspolitisch getan werden müsste, um Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen zu beheben und Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf wirkungsvoll zu unterstützen. Denn wie eine Unternehmensbefragung des BIBB von 2005/06 zeigt, halten die Arbeitgeber eine Verbesserung der Ausbildungsreife für eine zentrale Maßnahme, um mehr Ausbildungsplätze schaffen zu können.
Die wissenschaftliche Diskussion unterscheidet seit Jahren zwischen

Ausbildungsreife – Berufseignung – Vermittelbarkeit

Fachleuten sind sich zunehmend einig, dass unter "Ausbildungsreife" allein diejenigen Fähigkeiten und Arbeitstugenden zu zählen sind, die für alle Ausbildungsberufe schlechthin wichtig sind, ohne Unterschied. Sind bestimmte Fähigkeiten nur für bestimmte Berufe wichtig, während sie bei anderen keine besondere Rolle spielen, gehören sie zur Berufseignung. Jemand kann also durchaus ausbildungsreif sein, auch wenn er für einen bestimmten Beruf nicht geeignet ist. Einigkeit besteht auch dahingehend, dass unter "Ausbildungsreife" nur solche Aspekte subsumiert werden können, die schon bei Antritt der Ausbildung vorhanden sein müssen. Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die erst während der Lehre erworben werden sollen und im Ausbildungsplan als Lernziele aufgeführt werden, gehören nicht dazu. Der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs hat einen

„Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife“

herausgegeben, der als download unter: www.pakt-fuer-ausbildung.de zu finden ist.


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07. August 2007

»Vom Sommerloch und anderen Löchern«

Fortbildung in Urlaub und Freizeit für Arbeitnehmer in Deutschland

Wegen der im europäischen Vergleich sehr hohen Anzahl von Urlaubstagen im Jahr sollten deutsche Arbeitnehmer nach Meinung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) mehr von ihrer Urlaubs- und Freizeit für Weiterbildung opfern. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des DIHK der Tageszeitung "Die Welt". Der zu befürchtende Fachkräftemangel sei ein weiterer Grund dafür, mehr Zeit in Fortbildung zu investieren.
Was manche Leute so reden, wenn das mediale Sommerloch nach Füllmaterial schreit. Nicht nur Parteipolitiker, nein, auch Verbandsfunktionäre wollen sich ihres verbalen Mülls medienwirksam entladen. Immer schön rin in das Sommerloch damit! Vielleicht bleibt ja doch wenigstens ein Quäntchen davon als Ablenkungsmasse für eigene Fehler in der öffentlichen Diskussion erhalten. Wo in Deutschland heute Fachkräfte fehlen, haben das doch nicht die Arbeitnehmer zu verantworten, sondern die Arbeitgeber und Manager, die sich von der betrieblichen Berufsausbildung immer mehr zurück gezogen haben. Zwischen 1999 und 2005 sei die Zahl der Betriebe, die ihren Mitarbeitern Qualifizierungsprogramme bieten, um sechs Prozent zurückgegangen, teilte das Statistische Bundesamt dieser Tage passend zur Forderung des DIHK mit. Das alte Unternehmer-Ethos, wonach berufliche Aus- und Fortbildung ganz selbstverständlich zum eigenen Auftrag zählte, hat vielerorts kurzfristigem Gewinnstreben Platz gemacht.
Arbeitnehmer in Deutschland, wenn sie denn ordentlich ausgebildet wurden, können sich mit Fachkräften aus aller Welt messen. Die weltweit nachgefragten Exportgüter aus unserem Land werden doch nicht nur von Robotern angefertigt.
Wann und nicht zuletzt wo machen denn die Manager ihre Fortbildung? Oder haben diese keine mehr nötig? Angesichts so mancher an die Öffentlichkeit gelangten Fehlleistung habe ich da meine Zweifel.
Von welcher Fortbildung spricht eigentlich der Herr DIHK-Funktionär? Sollte er die Anpassungsfortbildung meinen, dann wäre seine Forderung an Chuzpe kaum zu übertreffen. Der überwiegende Teil der Erhaltens- und Anpassungsfortbildung vollzieht sich seit je in den Betrieben und zwar weitgehend am Arbeitsplatz (on the job) oder in seiner Nähe (near the job). Dabei werden sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt. Über- oder außerbetrieblich erfolgt Anpassungsfortbildung nur so weit, wie grundlegende Inhalte vermittelt werden sollen, die sich etwa aus neuen Rechtsgrundlagen, grundsätzlichen organisatorischen oder technologischen Veränderungen ergeben. Wegen der Dynamik technischer und organisatorischer Prozesse in der Wirtschaft, kann man davon ausgehen, daß der Bedarf an Erhaltens- und Anpassungsfortbildung immer kurzfristig auftritt und umgehend durch geeignete betriebliche Bildungsmaßnahmen befriedigt wird. Die dabei notwendige Reaktionsgeschwindigkeit und Flexibilität sperren sich gegen jegliche Form der überbetrieblichen Regelung. Es ist nicht Sache der Arbeitnehmer, für die Bewältigung wirtschaftlicher Veränderungen ohne Gegenleistung einzustehen.
Da ich davon ausgehe, dass der Herr Hauptgeschäftsführer diese Zusammenhänge sehr wohl kennt, muss ich annehmen, dass seine Bemerkung auf die Aufstiegsfortbildung zielte. Diese ist seit eh und je finanziell und während ihrer Freizeit von den aufwärtsstrebenden Arbeitnehmern abgeleistet worden. Hier haben auch die IHKn und die HWKn über ihre Ordnungsfunktion als Prüfungsinstanzen immer schon Wertvolles geleistet und nicht zuletzt als Bildungsträger die Vorbereitungslehrgänge auf die Prüngen vielfach selbst organisiert.
Wenn in den letzten Jahren die Bemühungen um Fachwirte-, Fachkaufleute- und Meisterabschlüsse rückläufig waren, so liegt das weniger am Streben der Arbeitnehmer, sondern viel mehr an den fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten, die seit den Zeiten des vielgerühmten Lean-Managements entfallen sind. Mich würde gar nicht wundern, wenn es dem Herrn Verbandsvertreter mit seiner Forderung in erster Linie darum gegangen wäre, die Lehr(Leer)gangslöcher seiner Mitgliedskammern wieder zu füllen.
Für diejenigen, die sich mit Erhaltens-, Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung näher vertraut machen wollen, habe ich einen Text zum Herunterladen bereit gestellt: "Fortbildungsmöglichkeiten".


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11. Juni 2007

Das Lückentrilemma auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt

Das duale System der Berufsausbildung steckt in einer tiefen Krise.

Das Paradepferd der beruflichen Bildung, das duale System, hat seine dominante Position längst eingebüßt. Wer bisher glaubte oder noch immer glaubt, dass der Konjunkturaufschwung oder der Geburtenrückgang die Probleme nach dem Modell der Selbstreinigung lösen werde, der wird sich noch wundern. Die Schwierigkeiten kommen erst noch. Der Titel in Weltonline vom 10. Juni 2007 „Lehrlinge händeringend gesucht“ lässt erahnen, was auf uns zukommt.
Da hatte es der berühmte Esel des Buridan noch vergleichbar gut: Er stand in einem Dilemma zwischen zwei gleichen Heuhaufen und konnte sich nicht entscheiden, von welchem er fressen wollte. Er ist elend verhungert.
Die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik haben unser Berufsbildungssystem mit ihrer Entscheidungs- und Reformträgheit in ein Trilemma rutschen lassen, aus dem es nicht von selbst wieder heraus finden wird.
Es handelt sich um ein Lückentrilemma, das sich manifestiert in
– einer Lehrstellenlücke,
– einer Qualitätslücke und in
– einer Fachkräftelücke.
Wo die Ausbildungsplatznachfrager bisher zu wenig Ausbildungsplätze vorfanden, dort werden schon bald ganze Branchen „händeringend“ nach Auszubildenden suchen. Die gut qualifizierten Jugendlichen aus bürgerlichen Mittelschichtfamilien finden schon heute den gewünschten Ausbildungsplatz, haben ihn immer schon gefunden. Den Verlierern des Schulsystems aber werden sich die frustrierten Ausbildenden zugesellen. Mehr noch, viele Arbeitgeber werden erleben, wie sich die Sünden der Väter an den Söhnen rächen. Die von den Arbeitgebern als „nicht ausbildungsreif“ stigmatisierten Jugendlichen, die in immer üppiger werdenden Warteschleifen auf einen Ausbildungsplatz hoffen, fehlen schon jetzt als Fachkräfte in den Betrieben. „Wer suchet, der findet!“, passt in die Bibel, aber nicht in den Handlungs- und Erfahrungshorizont von Auszubildenden und Ausbildenden. Schon heute ist die Zahl der sogenannten Altfälle bei Weitem größer als die der Erstbewerber. Was mag in einem 23jährigen vorgehen, der eine Anpassungsmaßnahme nach der anderen durchlaufen hat und immer noch nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt angelangt ist.
In einem Interview mit der GEW-Zeitschrift „Erziehung und Wissenschaft“ vom Juni 2007 sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise: „Man wird deshalb entscheiden müssen, ob die BA pragmatische Lösungen wie das Übergangssystem weiterführen soll oder ob das ganze System zu hinterfragen ist.“ Wo er Recht hat, hat er Recht. Aussitzen wird die Probleme nicht überwinden, sondern verstärken. Selbst die grauen Haare auf meinem Kopf können nicht verhindern, dass mir angesichts des Redens und Redens und Laufenlassens der Zorn des Christenmenschen hochsteigt.



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03. Mai 2007

Von Erfolg und Misserfolg: Die Aussetzung der Ausbilder-Eignungsprüfung

Was wir jetzt schriftlich haben und aus erster Hand!

Vor vier Jahren hat die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung die Ausbilder-Eignungsprüfung als Nachweis für die fachliche Eignung von Ausbilderinnen und Ausbildern bis 2008 ausgesetzt.
Wir haben diese Maßnahme damals hier und in foraus.de heftig kritisiert und viele Ausbilderinnen und Ausbilder haben sich danach meinem Protestbrief an die Ministerin angeschlossen - ohne Erfolg, wie wir schmerzlich erfahren mussten.
Auch meine Petition an den Bundestag hat zwar einigen Wirbel ausgelöst, aber schließlich doch keinen Erfolg gebracht.
Zur Zeit evaluiert das BMBF die Maßnahme mit Hilfe einer Befragung u.a. von Ausbilderinnen und Ausbildern.
Der Hauptausschuss des BIBB bestätigt jetzt eindrucksvoll unsere damaligen Befürchtungen. In seiner Stellungnahme zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung konstatiert er:

"Das Wieder-In-Kraft-Setzen der AEVO ist dringend geboten"

Diese Feststellung erfüllt mich mit Genugtuung. Ob jedoch der bisher entstandene Schaden damit wieder gutzumachen ist, darf man zumindest bezweifeln, denn die Zahlen der Befreiungen von der AEVO hat sich in den Jahren 2004 und 2005 im Vergleich zum Ausgangsjahr 2003 verzehnfacht. Das bedeutet, dass jährlich ca. 150.000 so genannte Ausbilder von der Ausbilder-Eignungsprüfung befreit wurden. (Nachzulesen sind die Zahlen im Anhang zum Berufsbildungsbericht)
Nicht nur der erhoffte Zuwachs an Ausbildungsplätzen blieb aus. Wer glaubt denn daran, dass die ohne Ausbilder-Eignungsprüfung zugelassenen Ausbilderinnen und Ausbilder sich später doch noch qualifizieren müssen? Niemand! Sie werden möglicherweise noch Jahrzehnte als Amateure ihres Gewerbes Jugendliche auf eine immer schwieriger werdende Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten vorgeben.
Die Bundesregierung hat dem Berufsbildungssystem nicht wieder gutzumachenden Schaden zugefügt.

Einen Auszug aus der Stellungnahme des BIBB-Hauptausschusses zum Berufsbildungsbericht finden Sie unter "Texte zum Herunterladen".


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27. März 2007

Fünfzig Jahre Europäische Einheit und die Bildungsvielfalt

So erfreulich die zunehmende Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU heutzutage ist, so erschwert immer noch die unzureichende Transparenz der Bildungsabschlüsse die grenzüberschreitende Mobilität der Arbeitskräfte. Mit dem Ziel, einen europäischen Arbeitsmarkt zu schaffen, hat die EU seit ihren Anfängen versucht in immer neuen Initiativen Verfahren zur "Anerkennung von Qualifikationen" zu entwickeln. Seit Anfang der Neunziger Jahre wird dabei die Transparenz individueller Qualifikationen favorisiert. Was bis heute jedoch fehlt, ist ein "Bildungspass", ein Bezugsrahmen, mit dessen Hilfe die Qualifikationen Einzelner zueinander in Beziehung gesetzt werden könnten, unabhägig von ihrem Herkunftsland.
Dieses Ziel soll nun mit einem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF, siehe weiter unten) sowie einem Europäischen Kreditpunktesystem für die berufliche Bildung (ECVET) angegangen werde. Im Hochschulbereich ist ein vergleicbares System mit ECTS bereits etabliert. Als gemeinsamer Rahmen, der beide Kreditsysteme verbinden soll, ist der EQF gedacht. Seine Aufgabe ist es, eine auf alle Bildungssysteme in Europa anwendbare gemeinsame Beschreibung von Qualifikationen zu ermöglichen, ohne ein Bildungssystem zu bevorzugen oder zu diskreminieren.
Der EQF sieht acht hierarchisch aufgebaute Niveaustufen vor und umfasst sowohl die berufliche wie auch die Hochschulbildung. Das Neue daran - im Gegensatz zu der alten Anerkennungsrichtlinie - ist, dass er ausschließlich die Lernergebnisse betrachtet, nicht Dauer, Ort oder Form der Ausbildung. Die Lernresultate werden in Form von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen beschrieben. Durch den EQF werden endlich auch solche Kompetenzen in die Bewertung mit einbezogen, die jeder Mensch in seiner Biografie informell erwirbt, durch learning by doing etwa.
Ohne Zweifel läutet der EQF damit einen Paradigmenwechsel ein, weg von einem zertifizierten hin zu einem kompetenz- bzw. outcome-orientierten Bildungswesen. Die Kommission empfiehlt in ihrem Entwurf ausdrücklich, dass die EU-Mitgliedstaaten bis 2009 eigene nationale Qualifikationsrahmen an den EQF ankoppeln sollen. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Arbeit am NQR bereits weit fortgeschritten, aber von Misstrauen begleitet. Vor allem die Gewerkschaften - aber nicht nur diese - befürchten, dass es zu einer Erosion von Beruf und Beruflichkeit kommen könnte und damit zu noch mehr Marktabhängigkeit unserer Berufsbildung als bisher.
So ist das mit der Europäischen Union: Recht zu machen jedermann, ist eine Kunst, die auch sie nicht kann. Sie schon gar nicht.


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05. Januar 2007

Muss der Schaden erst bewiesen werden, den man hätte vermeiden können?

Im Rahmen der so genannten Ausbildungsoffensive wurde 2003 durch die damalige Bundesregierung eine Reihe von Initiativen zur Gewinnung zusätzlicher Ausbildungsplätze und zusätzlicher Ausbildungsbetriebe ergriffen. Zu diesen Maßnahmen gehörte damals auch die Aussetzung der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO), da – so wurde argumentiert – Teile der Wirtschaft die AEVO als eine Hürde bezeichnet hatten, die vielen Betrieben den Schritt in die Ausbildung erschwere.
Wie viele Betriebe, und vor allem welche, das wirklich waren, ist nie veröffentlicht worden. Die Qualität der Ausbildung wurde auf dem Altare der fehlenden Ausbildungsplätze geopfert.
Nach der Rechtsänderung müssen Ausbilderinnen und Ausbilder für Ausbildungsverhältnisse, die vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2008 bestehen oder eingerichtet werden, den gesonderten Qualifizierungsnachweis nach der Ausbilder-Eignungsverordnung nicht mehr vorlegen. Prompt ging die Zahl derjenigen, die die Prüfung dazu ablegten von 59.913 im Jahre 2002 auf 44.066 im Jahre 2005 zurück. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bei den Ausbildungsplätzen ist größer geworden.
Als der geplante Erlass bekannt wurde, habe ich – mit vielen anderen – versucht, ihn zu verhindern, was schließlich zu einer Eingabe an den Bundestag führte (siehe unter "Texte zum Herunterladen"). Das hat zwar im verantwortlichen Ministerium einigen Ärger verursacht, aber keinen Erfolg gezeitigt.
Die im Mai 2003 beschlossene Rechtsänderung ist auf fünf Jahre befristet. Sie soll nun im Rahmen einer bundesweiten Betriebsbefragung evaluiert werden. Den Auftrag dazu hat das BIBB erhalten. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen folgende drei Fragen:
• Bekanntheit der Maßnahme: Inwieweit ist den Betrieben die Aussetzung der AEVO bekannt?
• Quantitativer Effekt: Wie viele zusätzliche Ausbildungsbetriebe und Ausbildungsplätze lassen sich auf die Aussetzung der AEVO zurückführen?
• Qualitativer Effekt: Lassen sich durch den Verzicht auf eine formale Bescheinigung der berufs- und arbeitspädagogischen Eignung des Personals Rückschlüsse auf die Ausbildungsqualität ziehen?
Nach einer ersten Erprobungsphase des Erhebungsinstruments soll die Haupterhebung im kommenden Frühjahr durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Betriebsbefragung werden voraussichtlich Mitte 2007 vorliegen.
Die Evaluation in Ehren, aber hätte man das Geld dafür nicht schon in eine Untersuchung der Notwendigkeit der Aussetzung investieren können? Muss der Schaden erst bewiesen werden, den man hätte vermeiden können?



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25. Dezember 2006

»Den Besuchern meiner Webseite wünsche ich für 2007 alles Gute, Erfolg im Beruf und Wohlbefinden im Privaten! «

Wir sehn auf's alte Jahr zurück,
Und haben neuen Muth:
Ein neues Jahr, ein neues Glück!
Die Zeit ist immer gut.

Ja, keine Zeit war jemals schlecht:
In jeder lebet fort
Gefühl für Wahrheit, Ehr' und Recht
Und für ein freies Wort.

Hoffmann von Fallersleben: Deutsche Lieder aus der Schweiz, S. 188




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05. Oktober 2006

»Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe! «

Was (manche) Ausbilder selbst nicht können, Auszubildende aber können sollten..


Jahr für Jahr werden um die Zeit der Ausbildungsplatzsuche und -vergabe die Klagen der Arbeitgeber und ihrer Verbände über die unzureichenden Kenntnisse der Ausbildungsplatz-Bewerber, vor allem in Rechnen und Rechtschreibung gebetsmühlenartig über die Medien verbreitet. Schuld sind demnach vor allem die Schulen und natürlich die Eltern. Nicht ausbildungsfähige Jugendliche kann man doch unmöglich als Auszubildende einstellen - richtig gebrüllt, Löwe! So schnell löst sich dann das Promblem der fehlenden Ausbildungsplätze.
Vor langer Zeit, als Auszubildende noch knapp waren, fanden die alle einen Ausbildungsplatz, kaum zu glauben! Hatten damals die Schulabgänger keine Defizite? Ich kann's nicht glauben! Der vom antiken Autor Terenz stammende und bei uns längst zum Sprichwort mutierte Satz von den Zweien, die nicht dasselbe bewirken, wenn sie dasselbe tun, kommt mir regelmäßig in den Sinn, wenn ich die von Autoren der Bildungsgesellschaft des DIHK erstellten überregionalen Aufgaben für den schriftlichen Teil der Ausbilder-Eignungsprüfung in die Hand bekomme. Wenn deren Autoren ausgebildete Ausbilder sind - und davon gehe ich aus, dann kann ich Herrn Terenz nicht widersprechen.
Um nicht als jemand da zu stehen, der mit einem Rundumschlag alle und jeden treffen will, nehme ich den hier in Nürnberg zuletzt vorgelegten Aufgabensatz PA 16-116 als Beispiel.
Zunächst das Positive: Der Aufgabensatz umfasste inhaltlich alle Handlungsfelder der Ausbilder-Eignungsverordnung, was bisher keineswegs immer so war.
Formal zeigte sich jedoch eine ganze Reihe, zum Teil irreführender Fehler.
1. Auf der Lösungsschablone fehlte die Aufgabe 61.
2. Für Aufgabe 39 waren in der Aufgabenstellung zwei Lösungen als richtig angegeben, auf dem Korrektublatt dagegen nur eine.
4. Die Aufgabenstellung für die Ausgangssituation zu den Aufgaben 17 bis 21 war äußerst verwirrend. Im einführenden Aufgabentext werden die Prüflinge aufgefordert, sich zu entscheiden, “welche der nachfolgenden ‘Gedanken’ ... richtig bzw. sinnvoll sind”. In den Antwortalternativen werden aber “Aktivitäten” und “Absichten” gegenüber gestellt. Auf den Lösungsblättern der Prüflinge waren denn auch an dieser Stelle auffallend viele Korrekturen zu finden.
5. Im Rahmen der Ausgangssituation zu den Aufgaben 45 bis 50 waren die Satzanfänge zu den Lösungsalternativen bei fünf Aufgaben unterstrichen, bei der sechsten dagegen nicht.
6. In der Aufgabe 16 war die semantische Differenzierung zwischen lehren und lernen nicht beachtet worden.
7. Wieder einmal ist die Zahl der formal-sprachlichen Fehler erheblich.
Aus Antworten auf frühere Anmerkungen weiß ich, dass diese Tatsache den Verantwortlichen nur in so fern Sorge macht, als sich daraus Sinnentstellungen ergeben könnten. Ich sehe das anders. Für mich gilt die alte Pädagogenregel “Schlampige Lehrer bewirken schlampige Schüler” auch für Prüfungsaufgaben. Ich meine damit ausdrücklich nicht deutlich erkennbare Druckfehler wie “anlagen” statt “anlegen”. Sondern: Da steht in einer Aufzählung ein Nebensatz, zu dem jetzt der Hauptsatz fehlt. Da steht die Verneinung an der falschen Stelle, da werden Präpositionen falsch verwendet, Adverbien und Verben werden bunt gemischt, im Gliedsatz fehlt das finale Verb, es wird falsch dekliniert und falsch konjugiert, die Satzanfänge werden einmal groß und dann wieder klein geschrieben, so als wäre die deutsche Sprache eine Schlamperkiste, aus der jeder das heraus nehmen kann, was ihm gerade gefällt.
Da frage ich mich doch, hat denn die “Organisation zur Förderung der IHK-Weiterbildung mbH” keinen Lektor für die Aufgabentexte – oder schließt der Haftungsausschluss des “mbH” auch die Verantwortung für die sprachliche Formulierung der Texte mit aus?
Liebe Leser, Sie mögen all das für kleinkariert halten, aber mein pädagogischer Eros ist nicht klein zu kriegen und ich mache auch nicht den Versuch dahin gehend. Wer sich mit einem derart viel versprechenden Beinamen (Förderung der IHK-Weiterbildung) schmückt, müsste sich auch seiner Vorbildfunktion bewusst sein.
Und zum Schluss, meine Damen und Herren, werden Sie hoffentlich auch meinen Ärger verstehen über das jährlich wiederkehrende Lamentieren in den Medien über die Defizite der Ausbildungsplatz-Bewerber.


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2. Juli 2006

»Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen!«

Die Bedeutung der Beurteilung von Auszubildenden für den Ausbildungserfolg.


Beurteilungen und Bewertungen von Leistungen und Leistungsverhalten sind untrennbar mit der betrieblichen Ausbildung und deren Zielen verbunden. Bereits bei der Auswahl und Einstellung von Auszubildenden ist es von großer Bedeutung, nicht nur die Eignung, sondern auch die Neigung eines Bewerbers für den jeweiligen Ausbildungsberuf möglichst genau zu erfassen, gründlich zu beurteilen und angemessen zu bewerten. Fehlentscheidungen in diesem Verfahren werden nicht nur den Betrieb, sondern auch den Auszubildenden und möglicherweise den Ausbildungsmarkt belasten. Man denke nur an die Bedeutung der Ausbildungsabbrüche.
Die Personalbeurteilung ist heute unter Personalleuten, Ausbildern und Führungskräften kaum noch umstritten, auch Gewerkschafter stimmen ihr grundsätzlich zu. Die Gemeinsamkeit gilt jedoch nicht für alle Formen der Durchführung und Inhalte der Beurteilung. Insbesondere die Verhaltensbeurteilung ist umstritten. So strittig sie jedoch für die erwachsenen Mitarbeiter auch sein mag, für die Auszubildenden ist auch sie zwingend erforderlich und zum Teil sogar gesetzlich vorgeschrieben. Wie sollten die Verantwortlichen sonst die Einhaltung ihres Ausbildungsplanes und den Erfolg oder Misserfolg ihrer Ausbildungs- und Erziehungsmaßnahmen überhaupt feststellen? Das Ausbildungsergebnis kann sich nur im Verhalten zeigen und muss damit auch über dieses beurteilt werden.
Für detailliertere Informationen öffnen Sie bitte unter Texte zum Herunterladen die Titel:
»Beurteilung von Auszubildenden» und »Beurteilungsgespräche mit Auszubildenden»


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11. Juni 2006

»Passt, wackelt und hat Luft!«

Freistellung volljähriger Auszubildenden für die Berufsschule.


Mit dieser lakonischen Feststellung sollen in früheren Zeiten die Herren Stabsgefreiten in der Kleiderkammer den neuen Rekruten ihre Uniformteile angepasst haben. Ähnlich lakonisch klang die Begründung der damaligen Bundesregierung, als sie am 1. März 1997 mit der Novellierung des JarbSchG den volljährigen Auszubildenden die Anrechnung von Berufsschulzeiten auf die betriebliche Ausbildungszeit deftig reduzierte:
„Ziel der Aufhebung des § 9 Abs. 4 JArbSchG ist es, erwachsene Auszubildende außerhalb der Berufsschulzeit intensiver als bisher in den Betrieb zu integrieren, hierdurch die betriebliche Ausbildung zu intensivieren und die Bereitschaft der Betriebe, insbesondere des Handwerks, zu erhöhen, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.“
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) gilt nur für junge Menschen unter 18 Jahren, gleich, ob sie als Auszubildende oder als Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 1 Abs. 1 JArbSchG). Die bis zum 28. Februar 1997 geltende Ausnahme, nach der die Regelungen des § 9 Abs. 1 bis 3 JArbSchG für jugendliche Berufsschüler auch auf volljährige Auszubildende anzuwenden waren (§ 9 Abs. 4 JArbSchG) mit der Folge, dass auch diese u. a. nur an einem von zwei Berufsschultagen in der Woche nach dem Berufsschulunterricht im Betrieb beschäftigt werden durften, wurde im Zuge der beabsichtigten Korrektur vermutlich ausbildungshemmender Vorschriften aufgehoben, „weil die Gleichbehandlung erwachsener Auszubildender mit Jugendlichen aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht mehr als gerechtfertigt angesehen wurde.“ (vgl. Bundestagsdrucksache 13/5494 S. 9).
Seit der Abschaffung des §9 Abs 4 JarbSchG fehlt es an einer Anrechnungsregel für die volljährigen Auszubildenden, so dass die Summe der Berufsschulzeiten und der betrieblichen Ausbildungszeiten in der Kalenderwoche für diese Gruppe sogar größer sein kann als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit. Dem Fetisch „Schaffung von Ausbildungsplätzen“ wurden bisher schon viele Opfer gebracht. Ob sie erhört wurden, mögen meine Leser jeder für sich selbst beurteilen.
Für detailliertere Informationen öffnen Sie bitte unter Texte zum Herunterladen den Titel:
»Freistellung volljähriger Auszubildenden für die Berufsschule»


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29. April 2006

Ein Blick über den Tellerrand

Berufsbildung in anderen Industrieländern im Überblick.


Das Berufsbildungssystem der Bundesrepublik Deutschland wird hierzulande von Politikern und anderen, nicht selten selbst ernannten Experten gerne als Vorbild für alle Welt eingestuft. Das erinnert ein wenig an Wilhelm des Zweiten (Das war der mit dem hochgezwirbelten Schnurrbart) Hybris: "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!"
Wahrscheinlich wissen die meisten der wohlfeilen Claqueure unseres dualen Systems nur wenig oder garnichts darüber, wie andere Staaten ihre Berufsbildung organisieren. Diese terra incognita auf der Bildungslandkarte füllen die Kurzanalysen aus, die das bibb dazu erarbeitet hat. Sie informieren überblickartig, aber durchaus qualifiziert, über Die Berufsbildungssysteme der meisten europäischen und einiger außereuropäischer Länder. Für jedes vorgestellte Land werden sowohl außerschulische als auch schulische Bildungsmöglichkeiten dargestellt. Die Länderanalysen stellen einerseits die Besonderheiten des jeweiligen Systems heraus und zeigen andererseits die im beschriebenen Staat üblichen Wege,einen Berufsabschluss zu erlangen. Zusätzlich werden die gesetzlichen Grundlagen und die an der Bildung beteiligten Institutionen vorgestellt.
Für den interessierten Bundesbürger lassen die Übersichten erkennen, wie sehr unterschiedlich die nationalen Strukturen sind und dass die vollzeitschulische Variante der Berufsausbildung bei weitem überwiegt. So darf es uns nicht wundern, dass die Bemühungen der Europäischen Kommission zur Vereinheitlichung der beruflichen Bildung sich eher an solchen Strukturen orientieren als am dualen System der Bundesrepublik Deutschland. Diese Tendenz kann auch der von der Kommission vorgelegte Entwurf zum Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF) zur Bewertung beruflicher Kompetenzen nicht verbergen.
Sie finden die Länderberichte unter www.bibb.de, Rubrik Wissenslandkarte, Internationales, Kooperationen.


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09. April 2006

» ..... Laßt mich auch endlich Taten sehn!«?

Bundesministerin Schavan setzt Innovationskreis für Berufliche Bildung ein.



"Der Worte sind genug gewechselt,
Lasst mich auch endlich Taten sehn;
Indes ihr Komplimente drechselt,
Kann etwas Nützliches geschehn."
- Faust I, Vers 214 ff.

Nach einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 07.04.2006 will Frau Schavan mit neuen Strukturen in der Aus- und Weiterbildung den Arbeitsmarkt in Deutschland nachhaltig positiv gestalten. "Mit einer neuen Kultur der Ausbildung werden wir in Deutschland die Zukunft der Beschäftigung sichern", sagte sie in Berlin. Lobenswert, sehr lobenswert. Endlich kommt da mal einer auf die Idee!
Als Instrument zur Erreichung dieses beachtenswerten Vorsatzes soll ein von ihr berufener "Innovationskreis für berufliche Bildung" herhalten. Welch ein großartiger und umwerfender Gedanke! Ein Gremium zur Lösung eines Problems, das gab es doch noch nie! Und dass dieser Innovationskreis, wie die Ministerin sagt, "die Denkfabrik für die Weiterentwicklung des Flaggschiffs unseres Bildungssystems" sein wird, kann man erst richtig verstehen, wenn man dessen Zusammensetzung erfährt: hochrangige Repräsentanten aus Unternehmen, Wissenschaft, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Ländern! Wenn das nicht der neue Besen ist, auf den wir alle gewartet haben! Der wird den Hauptausschuss des bibb spurlos hinweg fegen, denn wahrlich: "Der Worte sind genug gewechselt." Die Bereitschaft zur Kooperation in der beruflichen Bildung sei ein gutes Zeichen für eine neue Verbindlichkeit, meinte die Ministerin. "Wir brauchen Ergebnisse, die unsere jungen Menschen auch konkret in Arbeit bringen", sagt sie auch. Glaubt denn die Ministerin wirklich, dass die "Heilige Allianz" der Vier: Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Bund und Länder zu durchgreifenden Reformen in der beruflichen Bildung, zur Gestaltung des wirtschaftlichen Strukturwandels auf dem Ausbildungsmarkt , zur Einbettung der dualen Ausbildung in die europäische Bildungslandschaft, sowie zur besseren Verzahnung zwischen Schulen und Unternehmen überhaupt fähig und willens ist?
Wenn das so wäre, warum ist es nicht längst geschehen? Gelegenheit dazu hat es doch genug gegeben.
Sollte jedoch der bisherige Anschein nicht trügen, werden sich die Mitglieder dieses Gremiums weiterhin die jeweiligen Positionen plakatartig entgegen halten. Konzeptionelle, reflektierende und methodische Annäherungen an die neue Ausgestaltung des Bildungssystems ist von ihnen nach der bisherigen Erfahrung nicht zu erwarten.
Ich habe mit Goethe begonnen; ich will auch mit ihm enden:
"Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."
- Faust I , Vers 765


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20. März 2006

Wer fürchtet sich vorm EQF?

Der Europäische Qualifikationsrahmen und die berufliche Bildung in der Bundesrepublik Deutschland

Man muss wohl zu den heutigen Senioren gehören, um sich des Kinderspielchens zu erinnern, das mit der Frage begann: „Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann?“ Diese Furcht vor etwas, was gar nicht des Fürchtens wert ist, muss es wohl sein, was die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft angesichts des „Europäischen Qualifikationsrahmens“ (EQF = European Qualifications Framework) umtreibt.
Dieser Rahmen ist ein Vorschlag der Europäische Kommission zur Fortschreibung des sogenannten Kopenhagen-Prozesses zur Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens. Mit seiner Hilfe soll über eine Outcome-Orientierung die Transparenz von Qualifikationsniveaus verbessert und auf diesem Weg die Mobilität der Arbeitskräfte in der Europäischen Union gefördert werden. Im Juli 2005 nannte der zuständige Kommissar Jan Figel bei der Vorstellung des EQR zwei Hauptmerkmale:
• Der EQR ist ein gemeinsamer und neutraler Bezugsrahmen, der alle Bildungsabschlüsse einer einheitlichen Systematik von Niveaustufen zuordnen lässt.
• Der EQR orientiert sich ausschließlich an Lernergebnissen.
Der europäische Qualifikationsrahmen ist aber auch ein Instrument, das die Bildungssysteme und die vermittelten Kompetenzen transparenter machen und die Durchlässigkeit zwischen unterschiedlichen Bildungswegen und –systemen fördern soll.
Auf einer Konferenz in Glasgow haben bereits im September 2005 Berufsbildungsfachleute aus der EU Vorschläge und Anregungen zum EQR eingebracht, die im Internet unter http://europa.eu.int/comm/education/policies/2010/glasgow/report.pdf abzurufen sind.
Tragendes Prinzip des EQF ist die ausschließliche Orientierung an Lernergebnissen ("learning outcomes"). Diese sind die im Rahmen eines Bildungsganges oder auf informellem Wege erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten ("knowledge, skills and competences"). Ausbildungsdauer, Ausbildungsort (Schule, Betrieb, Hochschule, Bildungseinrichtung) und Ausbildungsform (duale Ausbildung, Lernen am Arbeitsplatz, Studium etc.) spielen explizit keine Rolle.
Die bisherige Berufsbildungspolitik der EU empfiehlt zwar hier und da die weitere Entwicklung arbeitsplatz- und betriebsnaher Berufsbildungssysteme, orientiert sich aber deutlich an den schulischen Systemen der meisten Mitgliedsländer. Während Spanien und England z.B. bereits über einen nationalen Qualifikationsrahmen verfügen, hat Deutschland erst vor dem Hintergrund der Beratung über den Europäischen Qualifikationsrahmen damit begonnen, einen nationalen Rahmen zu entwickeln. EQR und das duale System der Bundesrepublik sind eben nur schwer unter einen Hut zu bringen. Vor allem die Orientierung am Berufsprinzip und an der Kooperation von Staat und Sozialpartnern erschweren die Integration unseres Systems in EU-Vorstellungen und Pläne.
Am 31. Dezember 2005 endete das europaweite Konsultationsverfahren zum Entwurf. Unter anderen haben auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft eine grundlegende Stellungnahme zum Entwurf abgegeben. Dabei weisen sie darauf hin, dass das Gelingen eines EQF in Europa entscheidend von seiner Ausrichtung am Bedarf der Wirtschaft und am Nutzen für die Unternehmen abhängt. Non putassem! Hat da jemand etwas falsch verstanden? Die EU ist doch mehr als die einstige EWG – oder doch nicht? Sonst würden sich aber die Briten freuen und die Polen und vielleicht noch einige andere.
Sollt ich mich hier wirklich so geirrt haben? Ich dachte, dass vor allem die Arbeitnehmer von einem Qualifikationsrahmen profitieren sollten: mehr Freizügigkeit, mehr employability, mehr Chancengleichheit, mehr Beschäftigungschancen. So irrt der Mensch, wenn er lange genug lebt.
Auch der Hauptausschuss des BIBB hat eine Stellungnahme zum Vorschlag abgegeben. Einleitend wird dort betont: „Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung begrüßt die Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens, der als übergreifendes Transparenz-, Vergleichs- und Übersetzungsinstrument nicht nur die Mobilität zwischen den Bildungssystemen, sondern auch die berufliche Mobilität im Europäischen Arbeitsmarkt fördert.“ Das hört sich doch schon etwas anders an. Aus der Sicht des Hauptausschusses ermöglicht eine derartige Ausrichtung des geplanten Qualifikationsrahmens auch die Möglichkeit, auf nationaler Ebene die Durchlässigkeit zwischen der beruflichen Bildung und der Schul- und Hochschulbildung zu befördern. „Unter diesen Bedingungen spricht sich der Hauptausschuss dafür aus, einen bildungsbereichsübergreifenden nationalen Qualifikationsrahmen für die BRD zu entwickeln.“
Obwohl die EU-Verwaltung keine systempolitische Zuständigkeit für den Bildungsbereich hat, ist mit dem EQF ein grundlegendes und bedeutsames Reformwerk auf den Weg gebracht, das mittelbar auch Folgen für die nationalen Bildungssysteme haben wird. Da wird man gespannt sein dürfen, wie viel von unserem beruflichen Bildungssystem danach übrig bleiben wird. Die erwähnten Stellungnahmen und die anderer Institutionen (BMBF und KMK, DGB, IG-Metall, GEW) sind unter den einschlägigen Internetanschriften (siehe Links!) nachzulesen.
Inzwischen hat das Bundesinstitut für Berufsbildung Vertreter von 16 Berufsbildungsinstitutionen aus verschiedenen europäischen Staaten am 20. und 21. März 2006 nach Bonn eingeladen. Das "Partnerschaftstreffen" soll vornehmlich dem Austausch von Erfahrungen über die Entwicklung eines European Qualifications Framework (EQF) zur Bewertung beruflicher Kompetenzen dienen, bietet aber darüber hinaus auch Gelegenheit, neue Kontakte zu kn%uuml;pfen und künftige Kooperationsfelder zu identifizieren.


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18. Dezember 2005

Jahreswechsel 2005/06

Statt der üblichen Weihnachtslyrik ein paar dialektische Gedanken zum Jahreswechsel

Wer ist der bessere Hirte,
der die Botschaft hört, seine Schafe allein lässt
und neugierig los rennt, das Kind zu sehen,
oder derjenige, der die Botschaft hört und
trotzdem bei seinen Schafen bleibt,
falls der Wolf kommt?

Verantwortungsbewusstsein, auch für andere,
gehört zu den Schlüsselqualifikationen,
meinen die Berufspädagogen.
Na, denn:
Mögen Ihnen im neuen Jahr
alle Entscheidungen leicht fallen
und mögen Sie immer
die richtigen treffen!
Dazu noch Glück, Gesundheit und alles Gute
wünsche ich Ihnen für das Jahr 2006.


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31. Oktober 2005

Wiedersehen macht Freude oder aber nicht.

Von der Unzuverlässigkeit der Sprichwörter - von den Statistiken ganz zu schweigen.

Nun liegen sie wieder vor uns, die aktuellen Zahlen aus der Berufsberatungsstatistik und sie kommen uns vor wie alte Bekannte (siehe unten), die sich über Jahre hinweg nicht verändert haben, in jedem Falle sehr bedenklich. Bertolt Brechts berühmter Herr Keuner fängt in solchen Situationen an über sich nachzudenken. Die offiziellen Zahlen zum Ausbildungsmarkt werden, gleichgültig aus welcher Quelle sie kommen, lapidar verkündet, zur Kenntnis genommen und in die Ablage gegeben. Ach nein, vorher werden noch Erfolgsmeldungen formuliert und in die Welt gesetzt. Demnach wird die Situation jedes Jahr besser als im Jahr zuvor - nur die Betroffenen merken nichts davon.
Nach der Bundesagentur für Arbeit wurden in diesem Jahr bis zum Stichtag bundesweit 10,9% weniger Ausbildungsplätze als 2004 gemeldet, aber auch 1,9% weniger Bewerber. Dass die Lücke im Osten der BRD größer ist als im Westen, überrascht niemanden mehr. Die Zahl der noch nicht vermittelten Bewerber lag im August um 7,9% über dem Vorjahresniveau. Das sagt die Bundesagentur. Aber das ist doch noch nicht alles und schon gar nicht das letzte Wort. Da fehlt doch noch was! Richtig, es fehlt der statistische Widerspruch, ohne den das Spiel nicht läuft, siehe hier unter 13. August 2005 und die Glaubwürdigkeit der Statistik. So weist denn auch jetzt der DIHK darauf hin, dass die Zahl der bis Ende Juli eingetragenen neuen Ausbildungsverträge um 1,4% über dem entsprechenden Vorjahreswert liegt. Das aber soll nach Meinung des DIHK kein Widerspruch sein zur Aussage der BA. Und das wiederum erinnert mich an Marie von Ebner-Eschenbach:
"Die Leute, denen man nie widerspricht, sind entweder die, welche man am meisten liebt, oder die, welche man am geringsten achtet." (Aphorismen)
Nun raten Sie mal, für wen was gilt!
Hugh, ich habe gesprochen!

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13. September 2005

Geburtstage sind die Punkte, die unsere Lebenslinie bilden.

Für die guten Wünsche zu meinem 75. Geburtstag bedanke ich mich herzlich bei allen Mailern, Anrufern und Anschreibern.

Abgetragene Schuhe

Treue Begleiter mir einst, Schritt für Schritt,
Sehnsucht und Hoffnung, die gingen stets mit.
Ihr holprigen Wege, worin lag euer Sinn,
alle meine Jahre, wo seid ihr hin?

Die guten Wünsche zu meinem 75. Geburtstag haben mich nicht wirklich überrascht, dennoch bin ich dankbar dafür. Je älter man wird, um so mehr freuen einen derartige Artigkeiten.
Nun ist also auch diese Hürde genommen, die 75 sind übersprungen, die alten Freuden sind geblieben, die alten Schmerzen auch. Die Welt hat sich nicht verändert, ich auch nicht? Doch, sicher, das Älterwerden bringt einige neue, vielleicht letzte Freiheiten mit sich, wenn auch nicht plötzlich und nur weil man gerade mal so 75 geworden ist. Man braucht nicht mehr jung zu sein, nicht mehr tüchtig, nicht mehr erfolgreich, nicht mehr leistungsfähig, nicht mehr anerkannt, nicht mehr entscheidungskräftig, nicht mehr willensstark, nicht mehr gesund, nicht mehr adrett, nicht mehr haupterhobens usw. usw. ad aeternam.
Wenn jemand aber glauben sollte, dass mir das gefiele, dann irrt er sich gewaltig. Die Liste enthält genau das alles, was mir fehlt, amen!
So fließt die Zeit dahin, ich schwimme mit, mal recht, mal schlecht. Die Kondition lässt nach und zögernd frage ich mich: "Wie lange noch?"
So lange meine liebe Frau und die Kinder mich noch begleiten, kann ich das unabwendbare Ende allerdings geduldig abwarten.


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13. August 2005

Was hat Winston Churchill mit der Ausbildungsplatz-Lücke in Deutschland zu tun?

Von dem gerne Churchill zugeschriebenen o.a. Ausspruch wird von anderer Seite vermutet, es handele sich um eine gezielte Verleumdung des deutschen Reichspropagandaministers während des zweiten Weltkrieges. Wie dem auch sei, in der Politik kann eine "richtig" gemachte Statistik den Interessen ihrer Macher durchaus nutzen.
Die Statistik als angewandte Disziplin der Mathematik dient zwar grundsätzlich der genauen Erfassung von Daten, um auf deren Basis verlässliche Aussagen zu treffen oder Prognosen abzugeben. Doch tatsächlich sind dem Missbrauch und der Manipulation Tür und Tor geöffnet, so dass gegenüber der Beweiskraft solcher scheinbar objektiver Zahlen Skepsis immer angebracht erscheint. Das Misstrauen gilt in besonderem Maße gegenüber den Zahlen, die uns die Ausbildungsplatz-Statistik liefert. Zur Beurteilung der Ausbildungsplatz-Lücke liefern die Datenquellen (BIBB, IAB, DIHK u.a.) eher verwirrende als erhellende Zahlen. Doch egal, auf welche Statistik man blickt, eines haben alle gemeinsam: Die Zahlen sind durchwegs erschütternd. So zeugt es geradezu von Hilflosigkeit, wenn das BIBB feststellt, die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen werde seit Jahren stark unterschätzt. Danach verschwänden mehr als 100.000 Lehrstellensuchende aus der Statistik, weil sie in berufsvorbereitende Maßnahmen, in schulische Bildungsgänge oder in Jobs für Ungelernte auswichen und damit aus der Statistik für noch nicht vermittelte Bewerber herausfielen, selbst dann, wenn sie weiterhin intensiv nach einem Ausbildungsplatz suchten. Das bedeutet aber konkret, dass diese Jugendlichen dann nicht mehr zur Zielgruppe der Aktionen zur Nachvermittlung nach dem Ausbildungspakt gehören. So entstehen Warteschleifen, die helfen, die Nachfragestatistik zu schönen.
Aber auch auf der Angebotsseite gibt es einen statistisch nicht erfassten Teil, ein latentes Angebot an Ausbildungsplätzen, das rasch aktiviert werden könnte, wenn den Unternehmen bessere Rahmenbedingungen geboten würden. Über die Dunkelziffern in Angebot und Nachfrage zu forschen, wäre eine nützliche Aufgabe für Statistiker - aber wer gibt dafür den Auftrag und übernimmt die Kosten? Ganz sicher nicht die, die sich vor den Ergebnissen fürchten.

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03. August 2005

Man soll dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden!

Wird eine Reduzierung der Ausbildungsvergütung die Berufsausbildung aufwerten?

Ausbildungsvergütungen sind weder Lohn noch Gehalt und sollen das auch per Definition nicht sein, auch nicht Geschenke für Wohlverhalten. Sie werden nicht gezahlt für geleistete Arbeit, sondern als Hilfe für den Lebensunterhalt während der Ausbildung. Dennoch entscheidet sich so mancher Jugendliche für eine Ausbildung im dualen System und gegen eine schulische Ausbildung, nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, relativ früh im Leben bereits eigenes Geld verdienen zu können. Aber andererseits zahlen Unternehmen und ganze Branchen ja auch nicht beträchtliche Ausbildungsvergütungen aus rein christlich-caritativer Neigung.
Derzeit fehlen in Deutschland fast 170.000 Lehrstellen. Um diese Lücke zu schließen, fordert der DIHK-Chef Ludwig Georg Braun flexible Ausbildungsvergütungen. Er schlug das Modell «Drei für zwei» vor: Das Modell sieht vor, die Vergütung für zwei Ausbildungsplätze auf drei Lehrlinge aufzuteilen, wenn ein zusätzlicher Ausbildungsplatz bereitgestellt werde. Bereits am Wochenende hatte Braun die Senkung der Lehrlingsgehälter auf 270 Euro gefordert. Und das, obwohl schon viele Unternehmen bei so manchen Ausbildungsberufen mehr verdienen als sie hineinstecken.
Wer die Jugendlichen aus den Betrieben in die Schulen vertreiben will, ist mit solchen Forderungen auf dem richtigen Weg dahin. Will Präsident Braun die Ausbildungsplatzlücke damit schließen, dass er die potentiellen Auszubildenden vergrault? Oder will er eine Art "Ausbildung light" einführen? Niemand kann gewährleisten, dass mit der Reduzierung der Ausbildungsvergütung eine nennenswerte Zahl von Ausbildungsplätzen geschaffen werden würde. Versprechungen hat es bisher ja nun wirklich schon genügend gegeben, eingehalten wurden sie alle nicht. Den Nachteil tragen schon heute die Jugendlichen und ich fürchte in Zukunft auch die Betriebe.
"Das duale System würde an Attraktivität verlieren", gibt jedenfalls der Hauptgeschäfstführer der Handwerkskammer Karlsruhe, Gerd Lutz, zu bedenken. "Die leistungsstärkeren Bewerber würden nicht mehr den Weg in das Handwerk finden."
Auch die Bereitschaft, sich an anderen Orten zu bewerben, würde drastisch sinken: "Wenn man sich die hohen Benzinpreise und die gestiegenen Preise im öffentlichen Personennahverkehr anschaut, dann könnten die Auszubildenden mit derart geringem Einkommen ihre Mobilität nicht mehr finanzieren." Schon jetzt haben viele Auszubildende einen Nebenjob und andere können sich keine Unterkunft am Ausbildungsort mehr leisten. Eine Kürzung der Vergütungen würde die regionale Mobilität der jungen Leute drastisch einschränken, und damit die Situation auf dem Ausbildungsmarkt weiter verschärfen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat L.G. Braun eben so deutlich widersprochen und sich gegen eine generelle Kürzung der Ausbildungsvergütung ausgesprochen. Es könne zwar sein, «dass es im industriellen Mittelstand helfen würde», sagte Verbandssprecher Alexander Legowski am 1. August 2005 im ZDF. Einige Branchen müssten aber mit höheren Vergütungen werben, um überhaupt Auszubildende zu bekommen.
Es wundert wohl niemand, dass Brauns Vorschlag bei den Gewerkschaften heftige Ablehnung hervorgerufen hat. Das sei eine «Schnapsidee» und ein «absurdes Stück Sommer-Theater», sagte DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer im Interview mit der Netzeitung.
Und es muss wohl auch der Scheinwelt der Bühne zugerechnet werden, wenn die Arbeitgeberseite auch noch am Lack des Jugendarbeitsschutzgesetzes kratzt. Ich frage mich, wer von den Herren, die das für anderer Leute Kinder fordern, die eigene minderjährige Tochter nachts nach 22 Uhr in einem Restaurant arbeiten ließe, nur weil dann dort erst der Rubel rollt.
Mir fällt zu Alldem ein Spontispruch der Achtundsechziger ein:

"Brauchst du einen billigen Arbeitsmann, schaff dir einen Lehrling an!"

 

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25. Juli 2005

Auslaufmodell duale Berufsausbildung?

Die Berufsausbildung des Exportweltmeisters Deutschland ist ein Ladenhüter.

Seit Jahrzehnten wird unser Berufsausbildungssystem in Sonntagsreden von Politikern und Verbandsvertretern zum Exportschlager hochgelobt. Nie fehlt der Hinweis darauf, wie sehr uns die übrige Welt darum beneide. Da darf man sich doch fragen, wieso es nicht längst weltweit oder wenigstens in der Europäischen Union übernommen wurde, wie andere Exportgüter Deutschlands tatsächlich. Die Ursachen für die Importverweigerung liegen teilweise auf der Hand. Eines der K.o.-Kriterien ist die schlechte Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse mit denen anderer Länder. Ein anderes ist die Ausbildungsdauer für die anerkannten Ausbildungsberufe. In drei bzw. dreieinhalb Jahren können sich Tätigkeitsbereichen heutzutage gewaltig ändern. Ergebnis: kaum gelernt, schon veraltet. Gewichtiger für die Skeptsis unserer Nachbarn ist jedoch die Tatsache, dass bei uns viel zu viele in die Regulierung des Systems hinein reden. Die Entstehungsgeschichte des neuen BBiG bietet dafür genügend Anschauungsmaterial. Dort ist in § 2 Abs.3 zwar die Möglichkeit eröffnet, bis zu einem Viertel der Ausbildungsdauer im Ausland zu absolvieren, aber selbst "Global Player" können ihre Auszubildenden nicht länger als zehn Wochen von der deutschen Berufsschule befreien lassen. Da weiß der Bund wohl nicht, was die Länder tun - oder umgekehrt. Die Fixierung der Berufsausbildung in Deutschland auf das Berufsprinzip und die Dauer der Ausbildung machen unser System mit anderen inkompatibel und erschweren die gegenseitige Anrechnung von Teilleistungen erheblich. Und sicherlich ist die seit Jahrzehnten auffällige Konjunkturabhängigkeit unseres Systems international auch kein Verkaufsargument.
Vielleicht war die deutsche duale Ausbildung in Betrieb und Schule einstmals ein Erfolgsmodell gewesen, heute jedoch steht sie international im Abseits, zum Schaden unserer Unternehmen und erst recht unserer Auszubildender.
Als vor einer Woche anlässlich einer Tagung zum Thema "Ausbildung in Bayern - Ausbildung in Europa" der bayerischen Arbeitgeber einer der nahezu 200 Teilnehmer anregte, die Theorieprüfung bei der Kammer abzuschaffen und statt dessen das Berufsschulzeugnis aufzuwerten, erhielt er stürmischen Applaus. Ist ein Schuft, wer darin ein Bekenntnis zur rein schulischen Ausbildung sehen will?
Ob die Vorstellung von Berufen und Beruflichkeit im Zeitalter von Kompetenzen und Profilen noch zeitgemäß sind, fragten sich auch die Teilnehmer am diesjährigen "Kontaktseminar deutschsprachiger Institute der Berufsbildungsforschung", zu dem das IAB in Nürnberg eingeladen hatte. Auffallend waren die disziplinären Unterschiede bei der Definition von "Beruf" oder "Berufskonzept" zwischen Berufspädagogen, Soziologen und Arbeitswissenschaftlern.
Insgesamt wurde jedoch eine "Stabilität von Beruflichkeit" festgehalten. Popularistische Krisenprognosen seien nur auf einzelne Elemente von Beruflichkeit bezogen und vernachlässigten insbesondere die dauerhaften Funktionen von Beruflichkeit. Eine Alternative zum Berufskonzept sei noch nicht in Sicht.
Am Ende der Tagung wurde festgehalten, dass das Berufskonzept zwar intuitiv einfach erscheine, aber inhaltlich sehr schwer zu erfassen sei. Deshalb mussten wohl auch viele Fragen offen bleiben oder konnten nur in Ansätzen diskutiert werden, z.B. Was macht eigentlich den Beruf aus? Wo liegen Unterschiede zu anderen Konzepten wie "Kompetenz" oder "Employability"?
Detailliertere Informationen finden Sie unter www.iab.de/iab/veranstaltungen

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7. Juni 2005

Die Tragödie verkommt zur Farce

Auch in diesem Jahr droht ein Engpass auf dem Ausbildungsmarkt, bundesweit.

(Siehe unter Texte zum Herunterladen: Ausbildungspakt)

Wären da nicht die Schicksale der vielen Einzelnen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, hätten wir alle einiges zum Lachen über die wohlfeilen Versprechungsrituale der Verantwortlichen. Die gebetsmühlenartigen Erklärungen zu Verbesserungen auf dem Ausbildungsmarkt, die Pakte und die Schwüre, jetzt sogar ein "Tag des Ausbildungsplatzes" sind nur noch mit Sarkasmus zu ertragen. Das Lachen bleibt einem im Halse stecken.
Wieder, wie schon seit zwei Jahrzehnten und mehr, ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt trostlos, sind viele Schulabgänger ratlos und die Verantwortlichen hilflos. Das Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen wird den Bedarf wieder einmal nicht decken können. Obwohl die Zahl der Bewerber gegenüber dem Vorjahr insgesamt etwas sinkt, klafft die Schere zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander. Das bekommen immer deutlicher die Schulen zu spüren. Dort tummelt sich eine steigende Zahl von "Altbewerbern" in so genannten Warteschleifen und bemüht sich, ihre Ausbildungschancen mit dem Erwerb höherer Abschlüsse zu verbessern. Gleichzeitig müssen aber auch Realschüler und Abiturienten erfahren, dass ihre Aussichten beim Berufsstart schlechter werden. Selbst unter den noch nicht vermittelten Bewerbern hat fast die Hälfte Mittlere Reife oder Abitur. Der Verdrängungswettbewerb schlägt auch hier voll durch.
Der Mangel an Ausbildungsplätzen zieht sich quer durch alle Berufsgruppen und ist bei den am meisten nachgefragten Ausbildungsberufen, besonders im Waren- und Dienstleistungsbereich sowie bei Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen am deutlichsten ausgeprägt. Beim bundesweiten "Tag des Ausbildungsplatzes" am 30. Mai warben die Arbeitsagenturen in 46.855 Betrieben 14.466 zusätzliche Ausbildungsplätze ein. Ein "optimistisches Signal", wie Heinrich Alt, der Vizechef der Bundesagentur für Arbeit meint. Gleichzeitig aber vermeldet die Bundesagentur bisher 370.000 Ausbildungsplätze, das sind immerhin zehn Prozent weniger als im Vorjahr und reicht nicht aus, den Engpass zu überwinden. Vielleicht schaffen das die rund 800 Akquisiteure, die bundesweit im Auftrag der Kammern unterwegs sind, um neue Ausbildungsplätze und Plätze für EQJ's (Einstiegsqualifizierung für Jugendliche nach dem neuen BBiG) zu sammeln. Mancher Ausblider wird sich noch an das Kommando erinnern: "Auf der Stelle treten, marsch"! Fazit: Viel Bewegung, wenig Fortschritt.


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01. Mai 2005

Manches kann man lernen aber nicht lehren, z.B. Sozialkompetenz.

Sozialkompetenz – eine Tausend-Dollar-Note aus der Schatzkammer der idealistischen Pädagogik oder das Hartgeld, mit dem sich die Probleme in Ausbildung und Fortbildung kompetent, effektiv und effizient lösen lassen?

Welcher Ausbilder kennt sie nicht, die Begriffe mit dem wohlfeilen Heiligenschein: Handlungsorientierung, Schlüsselqualifikationen, Ganzheitlichkeit, Lernarrangements u.a. schmücken heutzutage die pädagogischen Schaufenster wie das Etikett „Royal“ die Bratwurstbude. Da werden Begriffe schnell zu Blickfängern, Fachsprache wird zur Denkfessel oder zum Imponiergehabe für vermeindlich Eingeweihte. Der Sozialkompetenz, von der wir gerne glauben wollen, dass sie für die betriebliche Bildungsorganisation und -praxis so überaus wichtig ist, droht die gleiche Gefahr. Da tauchen neue Begriffe für altvertrautes Handeln auf, wo es doch genau umgekehrt sein müßte. Mimikry statt Innovation, ist das des Pudels Kern? Meistens werden diese „mystischen“ Begriffe gar nicht mehr definiert oder erklärt, sondern in ihrer Bedeutung als semantisches Allgemeingut einfach vorausgesetzt. Bei vielen Ausbilderinnen und Ausbildern taucht ein Gefühl der aufgeklärten Ratlosigkeit auf, sie fühlen sich angesprochen und herausgefordert, wissen aber nicht so recht, wie sie den Anspruch in ihre tägliche Ausbildungspraxis umsetzen sollen.
Sollte diesem Eindruck entgegen gearbeitet werden, dann ist es höchste Zeit, den Begriff semantisch zu definieren, zu präzisieren und in seinem Verwendungszusammenhang kritisch zu reflektieren. Wenn wir dem Begriff ein brauchbares und stabiles Fundament geben wollen, müssen wir den Chimborazzo der Rhetorik verlassen und uns in die Niederungen der täglichen pädagogischen Feinarbeit begeben, Karrnerarbeit leisten. Vor allem aber müssen wir uns für die begriffliche Differenzierung von Sozialkompetenz von der Vorstellung verabschieden, dass es „richtige“ oder „falsche“ Sozialkompetenz gibt, aber auch von dem Aberglauben, dass ein Anspruch auf Allgemeingültigkeit für eine bestimmte Definition gegenüber allen anderen erhoben werden könne.
Ein anerkanntes, etabliertes, theoretisch schlüssig abgeleitetes und empirisch überprüftes Strukturkonzept für die Sozialkompetenz gibt es bisher nicht. Die Literatur enthüllt denn auch eher eine verwirrende Vielfalt an vagen Andeutungen und unstrukturierten Inhaltsumschreibungen als präzise Bedeutungsfestlegungen. Synonyme (unterschiedliche Bezeichnungen für den gleichen Sachverhalt) und Homonyme (gleicher Begriff für unterschiedliche Sachverhalte) reichen sich unter den Definitionen einträglich die Hand. Wörter werden einmal als Oberbegriffe, dann als Unterbegriffe verwendet, Argumentationsketten werden entworfen und an anderer Stelle verworfen. Es scheint so, als habe jeder Autor seine eigene Definition – und für Ausbilderinnen und Ausbilder gilt das wohl auch. Dieter Euler schreibt schon 1997: „Im Gesamtbild entsteht der Eindruck, ‚Sozialkompetenz’ diente als Schublade für die Sammlung all jener Fähigkeiten, die im ‚sozialen Umgang miteinander’ als erstrebenswert bewertet oder gar für unverzichtbar gehalten werden.“
Einigkeit in den Definitionen scheint zumindest darin zu bestehen, dass es sich bei der Sozialkompetenz nicht um einen primären und deutlich abgegrenzten Lerninhalt handelt, der mit Hilfe geeigneter didaktisch-methodischer Mittel unmittelbar den Lernenden zu vermitteln ist. Sozialkompetenz als Globalkonstrukt setzt sich vielmehr aus deutlich differenzierbaren Einzelfertigkeiten, Kenntnissen und Einstellungen zusammen, die sich teilweise überschneiden oder ergänzen, teilweise aber auch widersprechen. Deshalb wage ich die These:

„Sozialkompetenz kann man lernen (erwerben), aber nicht lehren“

Diese Erkenntnis kann Ausbilderinnen und Ausbilder davor bewahren, sich hinter Lehrbuchwissen und dem Ausbildungsrahmenplan zu verstecken und/oder den Versuch zu unternehmen, „Menschen zu formen nach (s)meinem Bilde“ (Pygmalion-Effekt). Vielmehr muss er sich fragen, was im Interesse der lernenden Individuen pädagogisch wünschenswert erscheint und darauf eingehen. Der Erwerb von Sozialkompetenz ist ein Prozess, kein Lernakt. Er läuft im Lernenden ab und der Lehrende kann ihn nur unterstützend begleiten. Dabei ist er mehr Erzieher als Lehrer, eine unpopuläre Vorstellung!
Vom Gelingen dieses Prozesses wird die Einbindung des Lernenden in den Berufs-, Tätigkeits- und Entwicklungsbereich während seines gesamten Berufslebens abhängen.
Das Vorbild von Ausbilderinnen und Ausbildern wird länger vorhalten – und auch vorhalten müssen – als jeder fachlich vermittelte Lerninhalt.

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20. April 2005

Mit Worten lässt sich trefflich streiten.

Wie widersprüchlich Fachleute das Berufsprinzip im neuen BBiG sehen.

Die Reform des Berufsbildungsgesetzes zum 1. April 2005 hat sowohl unter Praktikern als auch unter Theoretikern der beruflichen Bildung teilweise heftige Diskussionen ausgelöst. Manchmal gehen die Differenzen sogar durch ansonsten fest geschlossene Reihen, z.B. ist die GEW nicht mit allem einverstanden, was der Dachverband DGB zur Gesetzesreform gesagt hat. Bei solchen Diskussionen geht es nicht selten um Grundsätzliches. Ein Beispiel dafür ist ie schon länger brodelnde Auseinandersetzung um das Berufsprinzip bzw. die Modulisierung der Berufsausbildung. Ein Beispiel für die unterschiedlichen Bewertungen zeigt die folgende Gegenüberstellung der Positionen des jetzigen und des früheren Chefs des Bundesinstututes für Berufsbildung.

HELMUT PÜTZ
Prof. Dr. phil., Präsident des Bundesinstitutes für Berufsbildung, Bonn. In BWP 2/2005 Seite 4

Berufsbildungsreformgesetz – Nach 35 Jahren neuer Schwung für die berufliche Bildung

„Wichtig ist, dass das 'Berufsprinzip' (das „Berufskonzept“) erhalten bleibt und innerhalb des Berufsprinzips weitgehende Modularisierung entsprechend den Ansprüchen der Betriebe und der Jugendlichen gestaltbar bleibt. Damit schafft das neue Gesetz die Gewährleistung für die Zukunftsfähigkeit unserer beruflichen Aus- und Weiterbildung mit der Verbindung von Berufspraxis und Fachtheorie gemäß meiner dialektischen These:
‚Weil das Berufskonzept für die eigentliche spätere Berufstätigkeit immer stärker obsolet wird, ist es von wachsender Bedeutung für die erste, grundlegende Berufsbildung (Berufsausbildung) und mit seiner Vermittlung von berufs- und fachübergreifenden Qualifikationen, von Berufsreife und Kompetenz bleibt es konstitutiv für berufliche Sozialisation, berufliche Weiterbildung, Lebensbegleitendes Lernen, für Mobilität und Flexibilität.’

HERMANN SCHMIDT
Prof. Dr., ehemaliger Generalsekretär des Bundesinstitutes für Berufsbildung. In: Ausbilder-Handbuch, 75. Erg.-Lfg. – März 2005, Nr. 2.1

Ist der große Wurf misslungen?
Zur Reform des Berufsbildungsgesetzes


„Die Koalitionsfraktionen und die CDU/CSU-Fraktion stellten der Verabschiedung des Gesetzes einen Entschließungsantrag voran, in dem sie die dem dualen System zugrunde liegenden Prinzipien, das duale Prinzip, das Berufsprinzip und das Konsensprinzip ausdrücklich bestätigen. Im Gesetz wird aber das Berufsprinzip, das den eigentlichen Kerngedanken der dualen Ausbildung ausmacht und in seiner bisherigen Formulierung einen hohen Anspruch an so genannte Ausbildungsberufe stellte, umgedeutet und im Effekt ausgehöhlt.“

Schmidt führt als Beweis für seine These zwei Beispiele an:
1. den Verzicht auf „eine breite berufliche Grundbildung“ in der Legaldefinition von Berufsausbildung in § 1 BBiG;
2. die Neudefinition der Stufenausbildung, in der er die Gefahr sieht, dass damit die ehemaligen Anlernberufe wieder eingeführt werden sollen.
Im „Regelfall Stufenausbildung“ sieht Schmidt einen Beleg dafür, „dass das Berufsprinzip für zahlreiche Ausbildungsberufe zugunsten der Modularisierung aufgegeben werden soll“.

Für die Überschrift zu diesem Beitrag habe ich einen Schnippsel aus einem Goethezitat entnommen. Hier ist die ganze Stelle:

Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

(Faust I, Studierzimmer)


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01. April 2005

Es kreißt der Berg und gebiert eine Maus.

Hoffnungen und Enttäuschungen: Gedanken zur Reform des Berufsbildungsgesetzes.

Als die Bundesregierung im vergangenen Jahr eine "umfassende Reform des Berufsbildungsgesetzes" als Vorlage in den Bundestag einbrachte, fehlte dieser von Anfang an das Umfassende: Die Verbindung von Aus- und Fortbildung z.B., mit der eine eigenständige berufliche Bildungslaufbahn von der Ausbildung bis zum Studium hätte gesetzlich geregelt werden können. Dass die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor zwar ein Ausbildungs- aber kein Fortbildungssystem hat, geht wohl auf Kosten der dafür nicht vorhandenen Mehrheiten in den Parlamenten.
Die schließlich mit großer Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat beschlossene Reform des BBiG wurden erkauft mit einem Verzicht auf wichtige Reformvorhaben.
Ein anderes Beispiel für den Reformverzicht sind die ursprünglich geplanten regionalen Berufsbildungsausschüsse. Sie scheiterten in erster Linie am Widerstand der Kammern und am scheinbar nicht zu widerlegenden Argument der Bürokratisierung. Wie sehr die Reform aber gerade die verrufene Bürokratisierung fördert, zeigt die Regelung der Voraussetzungen für die Zulassung von Berufsfachschülern zu den Abschlussprüfungen der Kammern.
Nachdem die formale Qualifizierung der Ausbilder durch das zeitliche Aussetzen der Ausbilder-Eignungsprüfung bereits weitgehend aufgegeben wurde, wird nun auch der Anspruch an die fachliche Eignung durchlöchert. Eine abgeschlossene Berufsausbildung oder gar eine Meisterprüfung kann durch eine "angemessene Zeit" praktischer Tätigkeit im Beruf ersetzt werden.
Das alles ist schon schlimm genug. Schlimmer aber ist, dass einers der unserem System zugrunde liegenden Grundsätze, das Berufsprinzip, zu bröckeln beginnt.
1. Vergleichen Sie mal die Definition von "Berufsausbildung" in § 1 alt und neu! Die "breite berufliche Grundbildung" wurde gestrichen.
2. Die Stufenausbildung wurde neu definiert und als "Regelfall der geordneten Berufsausbildung anerkannt". Es besteht die Gefahr, dass auf diesem Wege die ehemaligen Anlernberufe wieder eingeführt werden.
Halten wir fest:
Die Koalition hat mehr von ihren ursprünglichen Reformenansätzen aufgegeben, als der Qualität und der Attraktivität unseres dualen Ausbildungssystems gut tun dürfte.


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01. März 2005

Soll das Werk den Meister loben ...

Der Bundesrat hat dem Berufsbildungsreformgesetzt am 18. Februar 2005 zugestimmt, damit ist das BBiG novelliert.

Die erste grundlegende und umfangreiche Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) von 1969 ist nach heftigen Kontroversen und ausgiebigen Diskussionen vor und hinter den Kulissen zwischen Parteien, Arbeitgebern und Gewerkschaften mit den Stimmen einer unerwarteten Koalition aus SPD, Grünen und CDU/CSU am 27. Januar 2005 im Bundestag beschlossen worden. Der Bundesrat hat dem Gesetzesentwurf schon am 18. Februar 2005 zugestimmt. Die Novelle wird am 01. April 2005 in Kraft treten.
Immer, wenn derartig erstaunliche Kompromisse gelingen, muss man befürchten, dass das Ergebnis der kleinste gemeinsame Nenner sein wird. So scheint mir auch hier, dass der längst überfällige große Wurf einer umfassenden Berufsbildungsreform mit der Novelle nicht gelungen ist. Es tröstet kaum zu wissen, dass wenig mehr ist als gar nichts. Wesentliche Probleme bleiben ungelöst, weil sich niemand wagen wollte oder konnte, an die eigentliche Ursache für die Unfähigkeit zur Reform unseres Systems der Berufsbildung heran zu gehen. Diese liegt in der im Grundgesetz angelegten Dualität der Zuständigkeiten von Bund und Ländern einerseits und dem koplizierten Geflecht der beteiligten Interessengruppen und Akteure andererseits. Dieses Kompetenzgerangel wurde von der Reform nicht abgeschafft, hat sie wohl auch nicht abschaffen können.
So lassen wir denn das Werk die Meisterin loben und warten geduldig auf "den Segen von oben". Permesso: 2005 ist Schillerjahr!

Die wichtigsten Änderungen in Kurzform:

1. Schulische Ausbildungsgänge werden aufgewertet. Sofern die jeweilige Landesregierung im Einvernehmen mit dem Landesausschuss für Berufsbildung eine entsprechende Verordnung erlässt, werden Absolventen vollzeitschulischer Ausbildungsgänge zukünftig zur Abschlussprüfung der Kammern zugelassen.
2. Im Bereich des Prüfungswesens gibt es neue Regelungen: gestreckte Abschlussprüfungen, Prüfungsausschüsse können für einzelne Prüfungsgegenstände gutachterliche Stellungnahmen Dritter einholen, z.B. Berufsschullehrer.
3. Auszubildende haben das Recht, ihre Berufsschulnoten in das Abschlusszeugnis der zuständigen Stelle aufnehmen zu lassen.
4. Die Möglichkeiten zur Verbundausbildung werden gestärkt.
5. Die Stufenausbildung wird aufgewertet.
6. Auch die Berufsbildungsausschüsse bei den zuständigen Stellen gewinnen an Bedeutung, sie werden verstärkt auch für Qualitätsfragen der beruflichen Bildung zuständig sein.
7. Das Berufsbildungsförderungsgesetz (regelte das bibb) ist mit einigen Änderungen in das BBiG integriert worden.

Aber, aber: Der Nachweis berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse (Ausbilder-Eignungsprüfung) ist immer noch eine Kannvorschrift und damit dem Wechselspiel von Einführung und Aussetzung anheimgestellt.

Über Details informiert die Website des Ministeriums, Download:
die_reform_berufliche_bildung.pdf

 

Dort ist auch eine synoptische Darstellung zwischen BBiG alt und BBiG neu zu finden, Download: BBiG Synopse neu-alt.pdf

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Berufsbildungsreformgesetz (BerBiRefG) ante portas

Kommt sie nun oder kommt sie nicht, die Reform der Berufsausbildung.

 

Eigentlich sollte die Novelle zum Berufsbildungsgesetz (BBiG) zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Ja, eigentlich! Angesichts des aktuellen Gerangels zwischen Bundestag und Bundesrat wird mir wieder einmal deutlich bewusst, was für ein Glüchsfall bei der Entstehungsgeschichte des Gesetzes 1969 die große Koalition war. Ohne sie wäre es wohl gar nicht zustanden gekommen. Angesichts der Tatsache, dass es mit nur geringfügigen Veränderungen immer noch gilt, darf man wohl annehmen, dass es sich bewährt hat.
Die ehrgeizige Selbstdarstellung von Bundes- und Länderregierungen im Rahmen der konkurrierende Gesetzgebung wirft wieder einmal alle Zeitpläne der Reformvorhaben durcheinander. So lange der Streit über regionale Berufsbildungskonferenzen, BIBB-Kompetenzen, Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung, Anrechnungen von Berufsschulleistungen, neue Prüfungsformen, verbindliche Anrechnung von bestimmten Vorbildungen, Zulassung von Vollzeitberufsschülern zur Abschlussprüfung anhält, gilt das bewährte Gesetz von 1969 und bleibt die vage Hoffnung, dass ein neues Gesetz nicht kostbares Porzellan zerschlagen, sondern dem alten durch ein paar Goldauflagen neuen Glanz verleihen wird.

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8. November 2004

Sollten die kürzer werdenden Tage Ihnen mehr Zeit zur Muße gewähren, wünsche ich Ihnen dazu viel Freude.

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Herbstgedanken

Mit den Blättern fällt auch die Hoffnung auf den Endspurt auf dem Ausbildungsmarkt.

 

"Nichts ist schlimmer für einen Jugendlichen, als ohne qualifizierte Ausbildung ins Leben starten zu müssen", meint Edelgard Bulmahn, die Bundesbildungsministerin. Das danach Schlimmste scheint auch in diesem Jahr einigen Zehntausenden von Jugendlichen nicht erspart zu bleiben und das trotz allseits beschworener Bemühungen der Wirtschaft, den mit der Bundesregierung geschlossenen Ausbildungspakt zu erfüllen. Gut gewollt ist aber auch heutzutage noch nicht gut gemacht. Die Warteschlangen von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz werden zur tolerierten Gewohnheit, zum unlösbaren Problem.
Die Öffentlichkeit wird - wie seit Jahren um diese Jahreszeit - mit der Beschwörungsformel der Kölner Fassnachtsakteure beschwichtigt: Et is noch immer jut jejangen! Was bleibt, ist die Hoffnung, dass über Weihnachten und Neujahr das Ausbildungsplatzdebakel ebenso aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwinden wird wie die Diskussion um die Ausbildungsabgabe. Wenn sich dann die jährliche Tragödie (siehe unten) im Frühjahr 2005 wieder abzuzeichnen beginnt, kann man ja getrost die alten Argument wieder hervorholen. Geholfen haben sie doch bisher immer - und wenn nur um Zeit zu gewinnen.

Frau Bulmahn und der brandenburgische Kultusminister Steffen Reiche haben jüngst in Berlin die neueste Ausgabe des OECD-Berichtes "Education at a Glance" (Bildung auf einen Blick 2004) vorgestellt. Darin werden Bildungsbeteiligung, Bildungsabschlüsse, Bildungsinvestitionen sowie Erwerbstätigkeit und Erwerbseinkommen in Beziehung zur Bildungsqualifikation in den OECD-Staaten und einer Reihe weiterer Staaten dargestellt und miteinander verglichen. Ein Blick in den Bericht lohnt sich.
Die dort zu Wort kommenden Experten stellen dem einstigen Zugpferd unter den Industrienationen, der Bundesrepublik Deutschland, ein schlechtes Zeugnis aus. Die Bildungspolitik habe in der BRD kaum Fortschritte gemacht. Während andere Nationen ihre Politik auf den Wachstumsfaktor Bildung ausgerichtet hätten, habe Deutschland diese Seite sträflich vernachlässigt.
Nicht überall schneidet die Bundesrepublik schlecht ab. Wenn die Analyse der OECD betont, wie wichtig es für das Wirtschaftswachstum ist, ausreichend Bildungsangebote für junge Menschen bereit zu stellen, so zeigt sie auch, dass es hierzulande im internationalen Vergleich (7,9% im Durchschnitt) nur wenig Jugendliche gibt, die sich weder in einem Beruf noch in der Ausbildung befinden (4,7%). Der Bericht zeigt auch, was wir natürlich längst wissen, dass bei uns der überwiegende Teil der Jugendlichen im dualen System ausgebildet wird und wurde. Berufsfachschulabschlüsse spieleten dagegen eine weit geringere Rolle. Vergleicht man dagegen die Erwerbslosenrate der beiden Gruppen, fällt ins Auge, dass die Berufsfachschulabgänger mit 7% deutlich besser abschneiden als die Abgänger aus dem dualen System mit 10%. Das wird wohl Wasser auf die Mühlen der Reformer des Berufsbildungsgesetzes leiten (siehe unten: Leitlinien und Eckwerte).


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7. September 2004

Glauben und beten

Regierung und Wirtschaftsverbände hoffen für den Ausbildungspakt auf den Endspurt.

(Siehe unter Texte zum Herunterladen)

Er sollte "die jährliche Tragödie", die Lehrstellenlücke, in diesem Jahr verhindern: der Ausbildungspakt, den die Bundesregierung mit den Wirtschaftsverbänden des Landes geschlossen und dafür auf die umstrittene Ausbildungsumlage verzichtet hatte. So weit, so gut. Doch ob der Pakt tatsächlich wirken wird, das ist nicht nur noch offen, sondern nach den Zahlen vom August noch reichlich fraglich. Sollte das Ziel wirklich erreicht werden, wird das nicht ohne einen energischen "Endspurt" im September möglich sein. Glaubt man der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, so ist die rechnerische Lücke zwischen unbesetzten Ausbildungsplätzen und noch nicht vermittelten Bewerbern mit 131 800 deutlich größer als vor einem Jahr. Die Zahlen der Kammern sehen optimistischer aus. Diese vermelden bundesweit sogar ein Plus von fast 4% bei den Ausbildungsangeboten. Das liegt einmal daran, dass den Arbeitsagenturen nicht alle Ausbildungsplätze gemeldet werden, zum anderen bewerben sich viele Jugendliche zunächst auf mehrere Stellen und springen dann oft kurzfristig wieder ab, so dass sich ein eindeutiges Bild von der Situation auf dem Ausbildungsmarkt erst zum Start des Ausbildungsjahres ergeben wird, das ist frühestens der 1. September. Das Ziel, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz, eine Einstellungsqualifikation oder ein schulisches Angebot machen zu können, scheint wieder einmal kaum noch erreichbar. Die paktschließenden Parteien haben das wohl schon geahnt, denn die Übereinkunft ist gespickt mit Vorbehalten und Bedingungen, die wohl vorausschauend als eine Möglichkeit zur wohlfeilen Exculpation eingeplant worden waren. Die angedrohte Ausbildungsplatzumlage ist jedenfalls vorerst einmal zu den Akten gelegt worden. Ob sich dieses Bäumchen-wechsel-dich-Spiel von Jahr zu Jahr wiederholen lä&szligt, darf bezweifelt werden. Aber es bleibt uns ja immer noch Heinrich Heines jugendfrischer Rat: Seid tapfer und schlaget die Trommel!


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1. August 2004

Ein Urteil lässt aufhorchen

Föderalismus und Berufsbildung

Das Bundesverfassungsgericht hat die bundesweite Einführung des "Juniorprofessors" für verfassungswidrig erklärt, weil der Bund damit die Zuständigkeit der Länder zur Regelung des Hochschulwesens verletzt habe. So weit, so gut. Was hat dieses Uteil mit der beruflichen Bildung zu tun?
Politik wolle das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil eigentlich nicht machen, sagte der Vizepräsident des Gerichtes bei der Urteilsverkündung. Doch wahrscheinlich hat das Gericht genau das getan, denn in der Föderalismuskommission werden jetzt diejenigen Ländervertreter Auftrieb bekommen, die schon immer die Zuständigkeit des Bundes in der Bildungspolitik kritisch gesehen haben - und damit wären wir dann bei der beruflichen Bildung. Denn sowohl mancher Ministerpräsident und nicht wenige Mitglieder dieser gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat würden gerne den Bundesländern zu deren jetzt schon umfangreichen Kompetenzen im Bildungsbereich auch noch die Verantwortung für den betrieblichen Teil der Berufsausbildung übertragen. Eine derart simple, nur von machtpolitischen Zielen geprägte Betrachtungsweise lässt wenig Gestaltungswillen erkennen. Trägheit wird als Treue zur Tradition kaschiert und Vertrauen in die Kraft der Routine als Leistungsorientierung gerechtfertigt. Auf, auf, vorwärts in die Vergangenheit.
Überall in unserem Bildungswesen fällt die Abneigung gegen Veränderungen auf, und der Widerwille, die gesamte Siuation einmal gründlich überdenken und eingefahrene Verhaltensweisen verändern zu wollen. Wenn aber über Kompetenzverschiebungen im Bildungsbereich zwischen Bund und Ländern beraten werden soll, dann doch nur in eine Richtung: hin zum Bund.
Die Verlagerung der Kompetenzen in der Berufsbildung vom Bund auf die Länder würde meines Erachtens die fundamentalen Unterschiede zwischen schulisch organisierten Bildungsbereichen einerseits und der auf das engste mit dem Beschäftigungssystem verküpften beruflichen Aus- und Fortbildung andererseits ignorieren. Fatale Folgen gingen damit einher:
- der Verlust von Ausbildungschancen für Jugendliche,
- der Verlust der Einheitlichkeit von Berufsausbildung und Aufstiegsfortbildung,
- der Verlust von Transparenz, Vergleichbarkeit und Übersichtlichkeit von beruflichen Abschlüssen,
- der Verlust von Rechtssicherheit im Rahmen der beruflichen Bildung in der BRD,
- die Einschränkung der regionalen, beruflichen und Aufstiegsmobilität
und nicht zuletzt der Verlust von jetzt schon geringer Akzeptanz für die Abschlüsse des deutschen Berufsbildungssystems im internationalen Wettbewerb und die damit verbundene Abkoppelung vom zunehmend internationaler werdenden Beschäftigungssystem.
Möge uns politische Einsicht und Weisheit vor alldem bewahren.

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1. Juli 2004

Ein Mythos wird 30

Was wird aus den Schlüsselqualifikationen?

Als der Soziologe Dieter Mertens (damals Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit) 1974 zum ersten Mal das Konzept „Schlüsselqualifikationen“ in Form von „Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft“ benutzte, konnte er nicht ahnen, welche Karriere der Begriff machen sollte. Ein Mythos war geboren. Die „plausible Bildhaftigkeit hat dem Terminus ‘Schlüsselqualifikation’ zu einer Karriere verholfen, wie sie selten einem pädagogischen Begriff widerfährt“. (Lothar Reetz ) Auch wenn der Verdacht nahe liegt, dass es sich wieder einmal um ein Plastikwort handeln könnte, das bei den Benutzern nur vage und auch noch sehr unterschiedliche Bedeutungen aktivieren werde, bleibt der Erfolg in der Praxis. Bevor die kontroverse wissenschaftliche Diskussion um den Begriff abgeschlossen werden konnte, hatten sich die Bildungspraktiker (Politiker, Gewerkschafter, Unternehmer, Lehrer, Ausbilder, Bildungsplaner) seiner längst bemächtigt und benutzten ihn wie einen alten Bekannten. Innerhalb kürzester Zeit fand er Eingang in Ausbildungsordnungen und wurde in Modellprojekten zum Lerngegenstand für Ausbilder und Lehrer.
Die Inhalte waren gar nicht so neu. Der Begriff verweist auf eine altbekannte Grundfrage der Pädagogik: Können kognitive und emotionale Fähigkeiten ohne Verbindung mit Wissen erworben werden?
Die Antworten darauf lassen sich historisch an einigen Gelehrtenstreits festmachen:
- Bildung oder Ausbildung,
- materiale oder formale Bildung,
- fachliche oder überfachliche Qualifizierung,
polarisierten Generationen von Wissenschaftlern und Bildungspraktikern.
Mit seinem Konzept der kategorialen Bildung hat Wolfgang Klafki bereits 1959 eine dialektische Synthese der Gegensätze vorgeschlagen und dabei die „Schlüssel-Metapher“ schon vorweg genommen. In Bildung sieht er die Erschließung der Welt für den Menschen und zugleich die Aufgeschlossenheit des Menschen für die Welt. Grundlegende, transferierbare und prozeßunabhängige Qualifikationen hatten Berufs- und Wirtschaftspädagogik schon seit langem gefordert.
Als sich Dieter Mertens der Problematik zuwandte, tat er das aus der Sicht der Arbeitsmarkt- und Flexibilitätsforschung. Angesichts der hohen Veralterungsrate (Obsoleszenz) des einmal erworbenen schulischen Wissens einerseits und der geringen Prognostizierbarkeit künftiger Anforderungen an das Qualifikationsniveau von Arbeitskräften andererseits empfiehlt er die Betonung vielseitig verwendbarer, relativ formaler Fähigkeiten, die nicht nur beruflicher Leistung, sondern auch gesellschaftlicher Beteiligung und personaler Entwicklung dienen.

"Schlüsselqualifikationen sind demnach solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr
a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und
b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen und Anforderungen im Laufe des Lebens."

(Dieter Mertens: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. MittAB, H.1/1974)

In einem späteren Aufsatz unterscheidet Mertens vier Arten von Schlüsselqualifikationen:
- Basisqualifikationen: Fachübergreifende Qualifikationen höherer Ordnung, Voraussetzung für die Anwendung von Wissen und Können und vertiefendem vertikalen Transfer,
z.B.: Fähigkeit zur Kooperation oder zum kreativen Denken, Entscheidungsfähigkeit.
- Horizontalqualifikationen: Horizonterweiternde Qualifikationen, Fähigkeit zum Umgang mit Informationen, Informationen über Informationen, Fähigkeit zur Kommunikation,
z.B.: Schnell-Lese-Methoden, Fragetechnik, Argumentationstechnik, Zuhörtechnik.
- Breitenelemente: Ubiquitäre (überall vorkommende) Ausbildungselemente, fachübergreifende Allgemeinbildung,
z.B.: Geografische Grundkenntnisse, Rechtschreibkenntnisse, Lerntechniken.
- Vintage-Faktoren: Generationsbedingte und -übergreifende Bildungsdifferenzen durch Veränderungen im Schulsystem und in den gesellschaftlichen Erwartungen,
z.B.: Informationstechnische Grundkenntnisse Mengenlehre, Linguistik.

(Dieter Mertens: Schlüsselqualifikationen. In: Horst Siebert (HrsG.): Begründung gegenwärtiger Erwachsenenbildung. Braunschweig 1977, S. 99f)

Der ganzheitliche Ansatz der Schlüsselqualifikationen stand und steht im klaren Gegensatz zur partikularistischen Lernzielscholastik der späten sechziger Jahre. Im Vergleich zu den bisherigen normativen Vorgaben der Berufsausbildung zielte das Konzept der Schlüsselqualifikationen darauf, durch Kenntnisse, Fertigkeiten und Berufserfahrung auf eine höhere Form beruflicher Handlungefähigkeit zu kommen.
Kaum eine andere Veröffentlichung hat jemals so viele didaktische Überlegungen ausgelöst wie die Forderung nach Vermittlung von Schlüsselqualifikationen. Sie war zumindest zwei Jahrzehnte lang das Topthema der beruflichen Bildung in Deutschland.
Wie häufig sonst auch, wird ein metaphorischer und dazu noch plausibler Begriff (Wer hat nicht schon viele Schlösser mit passenden Schlüsseln geöffnet?) in der Praxis inflationär benutzt, vor allem von denen, die sich damit als Insider zu erkennen geben wollen – und das sind immer noch viele. So wird unter dem Etikett „Schlüsselqualifikation“ inzwischen von jedem fast all das subsumiert, was ihm pädagogisch lieb und teuer ist. Nicht zuletzt bei Ausbilder-Eignungsprüfungen kann man erleben, wie unterschiedlich der Erwartungshorizont auf die Frage nach den Schlüsselqualifikationen bei vielen Prüfern ist. Leuchtende Augen und zustimmendes Kopfnicken bewirken Antworten wie Pünktlichkeit, Sauberkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit. Da sind sie dann wieder, die normativen Erziehungsziele, die statischen Arbeitstugenden, die plötzlich als Errungenschaften der pädagogischen Moderne fröhliche Urständ feiern. Da muss doch jemand etwas falsch verstanden haben. Schließlich hatte Mertens für Schlüsselqualifikationen als Mittel zur Lösung noch unbekannter Zukunftsaufgaben plädiert, nicht für „formale Kräftebildung“ aus der Schublade der Pädagogik.
Wenn Begriffe zu Leerformen, zu Plastikwörtern werden, mit denen jeder jedes verbinden kann, dann wird es höchste Zeit, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Nach dreißig Jahren spricht denn auch vieles dafür, den ausufernden Begriff „Schlüsselqualifikation“ aufzugeben.
Das Konzept Schlüsselqualifikationen war die pädagogische Antwort auf die hohe Veralterungsrate des fachlichen Wissens und die zunehmende Komplexität der beruflichen und lebensweltlichen Anforderungen. Bis heute haben sich die damit verbundenen Hoffnungen jedoch nicht erfüllt. Es gibt bisher keine überzeugenden empirischen Belege dafür, dass mit Hilfe intentionaler Bildungsmaßnahmen bei den Lernenden eine nachhaltige Schlüsselqualifizierung erfolgt wäre. Dazu müssten Schlüsselqualifikationen didaktisierbar und transferierbar sein – und das sind sie nicht.
Zwei didaktische Kernfragen sind mit Hilfe des Konzeptes Schlüsselqualifikationen bestenfalls partiell beantwortet worden, keineswegs befriedigend: die Inhaltsfrage und die Transferfrage. Deshalb spricht auch Rolf Dubs zu Recht von einem Dilemma der Schlüsselqualifikationen. “Dort, wo Schlüsselqualifikationen ohne Bezug auf Inhalte nur im Sinne von Fähigkeitskatalogen umschrieben werden, findet kein Transfer statt.“ (Dubs) Kritiker des Konzeptes „Schlüsselqualifikationen“ bezweifeln auch, ob die „persönlichen charakterlichen Grundfähigkeiten“ überhaupt als Schlüsselqualifikationen bezeichnet werden können. Schmiel stellte 1988 folgende vier Kriterien als Merkmale für Schlüsselqualifikationen vor:
1. Schlüsselqualifikationen müssen berufsübergreifend wichtig sein.
2. Sie müssen modernen technologischen Anforderungen der Zeit entsprechen.
3. Sie müssen helfen, menschliches humanes Verhalten zu sichern.
4. Sie müssen Veränderungen bewältigen helfen.
Doch selbst wer diesem Merkmalskatalog zustimmen will, sieht sich mit dem Bedeutungsverfall des Begriffes Schlüsselqualifikation in der Praxis konfrontiert, die Wissenschaft hat ihn wohl schon längst aufgegeben. An seine Stelle ist der Kompetenzbegriff getreten, der anders als der Qualifikationsbegriff die Subjektseite des Lernens betont. Damit verschieben sich die didaktischen Akzente von der fremdgesteuerten Instruktion zur selbstgesteuerten Konstruktion von Lebenswirklichkeiten und der selbstverantwortlichen Gestaltung lebenswichtiger Kompetenzen, die mehrheitlich auf Wissen basieren.
Es bleibt abzuwarten, wann die heute hochgelobten Kompetenzvorstellungen an ihre Grenzen stoßen und durch neue ersetzt werden: tempi passati!

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15. Juni 2004

Leitlinien und Eckwerte - Reform der Berufsausbildung

Vor der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG)

Als das Berufsbildungsgesetz 1969 in Kraft trat, war das nur möglich, weil eine große Koalition hinter dem Gesetzgebungsverfahren stand. Die später folgenden und bis heute anhaltenden bildungspolitischen Auseinandersetzungen zwischen A- und B-Ländern haben dazu geführt, dass dieses Gesetz seither nicht nennnenswert novelliert wurde. Die Säulen des dualen Ausbildungssystems
- die Beteiligung von Betrieb und Schule an der Ausbildung,
- der offene Zugang, der die Teilnahme aller ermöglicht,
- die Chancengleichheit, die allen Beteiligungswilligen gleiche Möglichkeiten und Aussichten eröffnen soll,
- das Berufskonzept, das die Orientierung an einem anerkannten Ausbildungsberuf verbindlich festlegt,
- das Konsensprinzip, mit dem die paritätische Beteiligung von Bund und Ländern einerseit wie Arbeitgebern und Arbeitnehmern andererseits an den Ausbildungsregelungen verbindlich festgelegt worden war,
galten als unumstößliche gesellschaftlich akzeptierte Grundsätze.
Ende Februar 2004 hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung Leitlinien und Eckwerte zur ersten größeren Reform der beruflichen Bildung seit 1969 vorgelegt und eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Berufsausbildung in Deutschland angekündigt. Mit den "Leitlinien" gibt sie den Rahmen der Reform vor und liefert damit gleichzeitig die Überschriften für die "Eckwerte".

Leitlinien:
- Ausbildung für alle ermöglichen,
- regionale Verantwortung fördern,
- internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern,
- Qualität und Verlässlichkeit erhalten,
- Flexibilität ausbauen.
Hinter diesen Leitlinien verbergen sich teilweise Ansätze und Maximen der Berufsbildungspolitik aus den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, finden sich aber auch bemerkenswerte Neuerungen. So soll z.B. Leistung in der Berufschule in die Ausbildungsabschlussprüfungen eingerechnet, die Ausbildung in den Berufsfachschulen aufgewertet, den Berufsschullehrern volles Stimmrecht in den regionalen Berufsbildungsausschüssen zugestanden, berufliche Bildungsleistung beim Studium stärker berücksichtigt, Ausbildung im Ausland angerechnet und die Flexibilität des BBiG weiter verstärkt werden.

Eckwerte:
Die geplante Novellierung des BBiG wird die in unserem System der Berufsausbildung enthaltenen Prinzipien verstärken:
- die Dualität der Lernorte Betrieb und Schule,
- die Bindung der Ausbildung an einen anerkannten Ausbildungsberuf,
- das Streben nach Konsens zwischen Bund, Ländern und den Sozialpartnern.
Damit wird der von vielen Seiten geforderten "Endberuflichung" und "Modularisierung" der Berufsausbildung eine deutliche Absage erteilt - ein deutlicher Widerspruch zur angestrebten stärkeren Flexibilität.

Maßnahmen zur Sicherung eines ausreichenden Angebotes an Ausbildungsplätzen:
Das Problem der nicht ausreichenden Ausbildungsplätze ist in der Bundesrepublik zur Dauererscheinung geworden (siehe unten!). Mit teilweise bereits in der Praxis erprobten Maßnahmen will die Bundesregierung gegensteuern:
- Regionale Berufsbildungsausschüsse sollen wichtige Kompetenzen in der Berufsbildungsplanung übertragen bekommen.
- Abgänger zwei- oder dreijähriger Berufsfachschulen sollen einen Rechtsanspruch auf Zulassung zu Abschlussprüfungen erhalten.
- Die Anrechnungsverordnungen für Berufsfachschulen und Berufsgrundschuljahr sollen aufgehoben werden und damit die obligatorische Anrechnung schulischer Leistungen auf die Berufsausbildung.
- Die bereits erfolgte Aussetzung der Ausbilder-Eignungsverordnung für fünf Jahre wird vom BMBF bereits als Reformschritt bezeichnet, muss aber angesichts des Qualitätsverlustes eher als Rüchschritt gesehen werden.
- Ausbildungsordnungen sollen flexibel gestaltet und ihre Erarbeitung gestrafft und vereinfacht werden.
- Die Entwicklung neuer Ausbildungsberufe soll deutlicher als bisher an nachhaltigen Beschäftigungsmöglichkeiten orientiert werden.
- Im Falle der Blockade durch einen Partner des Konsensprinzips soll der Bund zügig von seinem Entscheidungsrecht Gebrauch machen können.
- Abschlussprüfungen sollen "gestreckt", also in mehreren Teilen abgelegt werden können.
- Absolventen zweijähriger Ausbildungsberufe können nach zusätzlicher zweijähriger Berufspraxis zur Abschlussprüfung eines einschlägigen dreijährigen Berufes zugelassen werden.
- Ein nationaler Berufsbildungsrat zur Beratung der Bundesregierung in Grundsatzfragen der Berufsbildung soll gebildet werden.

Die Empfehlung des Eckwertepapieres, beruflich erworbene Qualifikationen auf ein anschließendes Hochschulstudium anzurechnen, müssen positiv bewertet werden. So auch die geplante Stärkung regionaler Gestaltungs- und Abstimmungsmöglichkeiten und sogar der noch zaghafte Versuch, sie zu institutionalisieren und durch Einbeziehung weiterer Akteure zu stabilisieren. Noch ist allerdings die Abgrenzung einzelner Rechte und Funktionen der Gremien eher nebulös als konsequent. Das gilt auch für die Beurteilung anderer Eckwerte, manches bleibt unklar oder gar mehrdeutig, zum Beispiel die Bedingungen zur Einführung von zweijährigen Kurzberufen, die Methoden zur Beschleunigung der Neuordnungsverfahren für anerkannte Ausbildungsberufe. Auch die Vorstellungen zum Prüfungswesen sind noch halbherzig, besonders, wenn es um die Anrechnung von Berufsschulleistungen geht.
Die größte Enttäuschung bereiten die Eckwerte jedoch beim Thema Fortbildung. Die Chance, auf der Grundlage der Bundeskompetenz für die berufliche Weiterbildung wenigstens einige Eckpunkte hinsichtlich Qualität, Zugang und Finanzierung zu setzen, bleibt offensichtlich ungenutzt. Da werden Erinnerungen an 1969 wach!
Auf die weitere Diskussion der "Eckwerte" darf man gespannt sein.

Zusätzliche Informationen zu der geplanten Reform der beruflichen Bildung finden Sie unter "http://www.bmbf.de/pub/eckwerte_bbig_reform.pdf"


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15. Mai 2004

Die jährliche Tragödie

Das Trauerspiel um die Ausbildungsplätze

Auch dieses Jahr wird uns mit einer Dramatik wie nie zuvor das Trauerspiel von der Ausbildungsplatznot zelebriert. Die Darsteller wandeln sich, die Regie bleibt die gleiche, auch die Kulissen und die Beleuchtung. Ob der Kanzler Kohl oder Schröder heißt: Für die Jugendlichen, die sich in diesen Wochen und Monaten um einen Ausbildungsplatz bemühen, stapelweise Bewerbungen verschicken und gespannt auf Antwort hoffen, sind die Bilder von Jahr zu Jahr die selben. Besonders tragisch ist jedoch, dass die Jugendlichen von heute mit diesem Ritual aufgewachsen sind. Das jährliche Gefeilsche um die Ausbildungsplätze begann, bevor die heutigen Schulabgäger überhaupt in der Schule waren. Ihre Wirklichkeit stimmt mit den jährlichen Schwüren der wechselnden Kanzler eben so wenig überein wie mit den Versprechungen der Herren aus den Wirtschaftsverbäden, jedem Jugendlichen, der es will und der geeignet ist, einen Ausbildungsplatz zu verschaffen. Ein Blick in die Berufsbildungsberichte der letzten anderthalb Jahrzehnte enthüllt unvoreingenommenen Leser, dass das in Sonntagsreden so hoch gelobte deutsche "duale System" der Berufsausbildung nicht mehr funktioniert.
Derartige Lobsinger können oder wollen nicht wahrhaben, dass es sich bei dem Ausbildungsstellenmangel nicht um einen kurzzeitigen bildungspolitischen Kälteeinbruch handelt, sondern um eine bereits längerfristig wahrnehmbare Systemkrise. Seit die Betriebe ihre Rationalisierungsbestrebungen konsequent auf die Beschleunigung aller Abläufe richten, auch auf die des Lernens, ist eine auf Dauer ausgerichtete Berufsausbildung mit ihrer Orientierung an weitgehend stabilen Berufsvorstellungen überfordert. Die Tendenz zu kurzfristigen und hoch flexiblen Managemententscheidungen steht dem Zeitmuster und der Gründlichkeit als Erfolgskriterium der Berufsausbildung diametral entgegen. Weil heute niemand weiß, welche Qualifikationen morgen gefragt sein werden, können Ausbildungsberufe, die drei und mehr Jahre dauern, junge Leute nicht annähernd punktgenau auf ihre berufliche Zukunft vorbereiten.
Auch der beschleunigte Wandel in den Lerninhalten verlangt nach flexibleren Organisationsformen als sie die Berufsausbildung mit ihren Bindungen an Ausbildungsdauer, Berufsbild und Ausbildungsrahmenplan heute ermöglicht. Selbst die rigide duale Aufteilung in Betrieb und Berufsschule sollte nicht länger als Organisationsform unantastbar sein, wenn es um die Verbesserung von Effektivität und Effizienz der Berufsausbildung geht. Was wir schon seit einiger Zeit wissen ist, dass Betrieb und Schule nicht parallel zueinander ausbilden müssen. Was wir hinterfragen müssen, ist darüber hinaus, ob der Anteil von Betrieb und Schule für alle Ausbildungsberufe gleich sein muss.
Die Bundesregierung ist der Ausbildungskrise bisher im Wesentlichen mit Appellen an die Wirtschaft und einzelnen Programmen begegnet und hat im &Uu ml;brigen auf eine Entlastung durch eine bessere Konjunktur sowie den Rückgang der Schülerzahlen gesetzt. Es sieht so aus, als ob sie jetzt bereit wäre, die strukturellen Ursachen der Krise zu erkennen: seine Abhängigkeit von der Konjunktur und den davon wiederum abhängigen Entscheidungen der Wirtschaft.
Nach Rom führen viele Wege, nicht nur das duale System. Um im Bilde zu bleiben: Unsere Politiker und Verbandsfunktionäre reparieren die alte Chaussee, ohne Erfolg, wie die Aussetzung der Ausbildereignung zeigt. Wer immer nur Neueres statt Neues produziert, wird Probleme hervorbringen, statt sie zu beseitigen. Es wird höchste Zeit, nach neuen Wegen zu suchen, die Berufsausbildung zu pluralisieren. Ansätze dazu sind doch bereits vorhanden. Wir brauchen Mut, sie zu entwickeln. Ein Blick in die Planung der Bundesregierung zu einem neuen Berufsbildungsgesetz läßt von diesem Mut jedoch noch wenig erkennen.


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22. April 2004

Nachdenkliches zur Zukunft

von
Adalbert Ruschel

Seit sich auch beim Federvieh der Trend zur
Ein-Küken-Familie
durchsetzt,
haben die Hühner ein Rentenproblem

Dass Ihnen die Broiler nicht knapp werden
- und auch sonst nichts -
wünsche ich Ihnen und allen Ihren Lieben
für 2004 und darüber hinaus


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